Desserttrends: Von Macarons bis Pavlova — der Wandel süßer Köstlichkeiten

Typische Nachspeisen waren einst Milchreis oder Pudding. Heute sind anspruchsvollere Desserts angesagt. Kinder sprechen etwa über ihre Lieblingsmacarons oder -pavlova. Zeit für eine „Nasch“-Recherche.
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Selbst figurbewusste Genießer sind der Meinung, dass man sich beim Dessert ruhig etwas gönnen darf.Foto: Viktoriia Bielik/iStock
Epoch Times20. August 2024

Macaron mit Frankreichs Präsident Macron zu verwechseln, passiert auch immer weniger Deutschen. Denn: Macarons sind als Trendsüßigkeit inzwischen sehr populär. Selbst Discounter haben die krustig-cremigen Mandelbaisers im Angebot. Die im Mund zergehenden Minikunstwerke sind Teil eines Dessert- und Nasch-Wandels.

Desserttrends-Boomer (60plus) denken bei „Nachtisch“ oft an Apfelmus, Kompott und Milchreis, mittelalte Deutsche an Schokopudding oder Götterspeise. Heutige Kinder und Jugendliche (Generation Alpha) erzählen beim Thema Dessert gern etwas von ihren Lieblingsmacarons oder wie lecker sie Pavlova finden.

Liebe auf den ersten Biss. Foto: mirina/iStock

In manchen Systemgastronomiebetrieben gibt es heute – oft angelehnt an Amerika – ein riesiges Angebot auf Speisekarten, das überfordern kann: Cakes, Cremes, Crêpes, Eis, Shakes, (Bubble-)Waffeln – alles auf einmal. Doch oft ist auch weniger mehr.

„Es hat sich gewaltig viel geändert beim Dessert“, sagt der Kulturwissenschaftler Peter Peter („Kulturgeschichte der deutschen Küche“). Früher habe Deutschland eine Sparküche gepflegt, Nachtisch sei oft eine Art Resteverwertung gewesen, etwa von älterem Brot wie beim Armen Ritter, der heute seltener serviert wird – und wenn, dann schicker unter neuem Namen. „In Amerika heißt in Fett gebackenes Brot „French Toast“. Das sagen jetzt viele auch hierzulande, weil es sich hipper anhört – so wie Kimchi cooler klingt als Sauerkraut.“

Vom schnöden Nachtisch zur edlen Dessert-Kunst

In den vergangenen Jahren habe sich das Dessert in Deutschland mehr und mehr in Richtung Luxus-Patisserie bewegt. Es gebe einen Trend zu kleinen süßen Kunstwerken, weg von großen Portionen eines Puddings oder Pfirsichkompotts, sagt der Münchner Autor und Gastrosoph Peter Peter, dessen neues Buch „Blutorangen – Eine Reise zu den Zitrusfrüchten Italiens“ heißt.

„Nachtisch ist edler, auch mediterraner, geworden. Apfelmus schmeckt ja ganz gut, aber das war eher so eine Art Pflichtveranstaltung.“ Italiens Küche habe mit Klassikern wie Pannacotta und Tiramisu viel beeinflusst. „Anspruchsvollere Desserts kommen zudem aus der französischen Tradition: Crème brûlée, Mousse au Chocolat, Eclairs, Macarons“, sagt Peter.

Feine Variation einer Mousse au Chocolat. Foto: TorriPhoto/iStock

Aus dem deutschsprachigen Raum gelten von den altmodischeren Nachtischen heute noch Eis mit heißen Himbeeren und die norddeutsche Rote Grütze, außerdem böhmische und österreichische Mehlspeisen wie Apfelstrudel, Palatschinken und Kaiserschmarrn.

In der gehobenen Gastronomie wurde laut Peter in den vergangenen Jahren das Dessert (vom französischen „desservir“ für „Tisch abräumen“ – also das, was nach dem abservierten Hauptgang kommt) den anderen Menü-Gängen fast gleichgestellt.

Bei Desserts wird das Exotische statt Regionale zelebriert

So wie in einer gewissen Liga von Restaurants Sommeliers üblicher wurden, so seien das auch Patissiers geworden. Solchen Dessertexperten geht es bei Kreationen um verschiedene Texturen: kalt, warm, hart, weich. Und sie fertigen meist Tellergemälde an.

 

„Kostspielige Desserts bestehen aus Obst, meist Beerenobst, ein bisschen Teig, was mit Creme oder Fruchtemulsion, und es muss Eis dran sein“, so Peter. Foto: photographer/iStock

Auffällig findet Peter, dass im Gegensatz zum Rest der Küche, etwa bei Fleisch und Gemüse, die Regionalwelle beim Dessert überhaupt nicht angekommen sei. „Das Dessert hat noch was von Kolonialwarenpräsentation, ist gern noch exotisch. Ich habe in einem teureren Lokal noch nie ein Stachelbeereis angeboten bekommen oder einen Preiselbeerpudding.“

Und so klein die einzelnen Sachen auf modernen Desserttellern sein mögen, es sei am Ende dann doch oft sehr viel, meint Peter. Er habe aber das Gefühl, dass sich viele – Frauen gefühlt mehr als Männer – richtig auf solch kunstvoll gestaltete Dessertteller freuten.

Die Rede vom Dessertmagen drückt aus, dass nach einem Essen gefühlt immer noch Platz für etwas Süßes ist. Selbst Figurbewusste vertreten den Standpunkt, dass man beim Dessert über die Stränge schlagen dürfe.

Vor diesem Hintergrund erscheinen jüngere Naschtrends wie Cupcakes, Mochis, Baklavavarianten wie grüne Pistazienrollen und eben Macarons in einem anderen Licht. „Macarons vermitteln mit der Größe einer 2-Euro-Münze, dass sie erst recht okay sind. Und das Meringue-Dessert Pavlova wirkt besonders leicht.“

Macarons

Macarons stehen für Pariser Eleganz. Popkulturell wurden sie vor fast 20 Jahren berühmt, als die amerikanische Regisseurin Sofia Coppola im Film „Marie Antoinette“ die später guillotinierte Königin (Kirsten Dunst) zu der runden Spezialität in prallen Farben greifen ließ.

Bunt, bunter, Macarons: Blick auf eine Auswahl des Trend-Gebäcks in Brüssel. (Archivbild von 2014)

Bunt, bunter, Macarons: Blick auf eine Auswahl des Trendgebäcks in Brüssel. Foto: picture alliance/dpa

Katharina von Medici soll als angeheiratete Königin das Baisergebäck aus Mandelmehl schon im 16. Jahrhundert von Italien nach Frankreich gebracht haben.

Die heute bekannten Miniburger – Doppeldecker mit Füllung – wurden aber erst 1930 von Pierre Desfontaines, einem Cousin der Familie Ladurée, erfunden. Die Marke Ladurée ist bis heute berühmt. Als Erneuerer des Macarons gilt der Patissier Pierre Hermé, der ab Ende der 90er in Paris neue Rezepte und Geschmacksrichtungen auf den Markt brachte – bunt und aromatisch. In der Schweiz heißen Macarons, etwa bei Sprüngli in Zürich, Luxemburgerli.

Pavlova

Pavlova – eine mit Sahne und Früchten gefüllte Torte aus Baisermasse – gilt als Down-Under-Dessert. Es wurde nach der russischen Ballerina Anna Pawlowa (1881–1931, auf Englisch: Pavlova) benannt. Sie tourte in den 1920er-Jahren in der Weihnachtszeit durch das sommerlich heiße Australien und Neuseeland.

Pavlova-Baiserkuchen mit frischen Himbeeren und Kirschen dekoriert. Foto: KateSmirnova/iStock

Ein Küchenchef erschuf das weiße Dessert zu ihren Ehren. Die Sahne, heißt es, sollte Pawlowa an den Schnee in ihrer Heimat erinnern. Ob das Schaumgebäck mit Schlagsahne zuerst in Australien oder Neuseeland auf den Tisch kam, ist unklar.

In den vergangenen Jahren wurde Pavlova in Europa bekannter. Eine darauf spezialisierte Kette aus Estland eröffnet etwa diesen Sommer am Kurfürstendamm in Berlin ein Pavlova-Café. (dpa/red)



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