Das Milliardengeschäft mit dem „Streben nach Glück“
In dem 2006 erschienen Hollywood Blockbuster „The Pursuit of Happyness- Das Streben nach Glück”, der auf der wahren Geschichte von Christopher Gardner basiert, heißt es:
Lass dir von niemanden je einreden, dass du etwas nicht kannst. Wenn du einen Traum hast, musst du ihn beschützten. […] Wenn du etwas willst, dann mach es. Basta.“
Warum Happyness“ mit „y“ anstelle von „i“ geschrieben wird, erklärt Gardner in dem Film wie folgt: „Das Y ist dazu da, um uns alle daran zu erinnern, dass Sie (,you‘) darüber entscheiden, welches Leben Sie führen. Und, dass es einzig und allein in Ihrer Verantwortung liegt. Niemand wird Ihnen zu Hilfe kommen. Das müssen Sie schon selbst tun.“
Für Gardner, gespielt von Will Smith, geht die Strategie im Laufe des Filmes auf: Trotz vieler Widrigkeiten, erfüllt er sich seinen Traum und steigt zum erfolgreichen Börsenmakler auf. Den Moment in dem Gardner seinen Traumjob schlussendlich bekommt, kommentiert er wie folgt:
Dieser Abschnitt meines Lebens, dieser klitzekleine Abschnitt, heißt Glückseligkeit“.
Mittlerweile gibt Christopher Gardner selbst Motivationsseminare und erklärt Wissbegierigen wie sie ihren eigenen „Moment der Glückseligkeit“ finden können.
Das Streben nach Glück hat seinen Preis
Der berufliche Erfolg hat dem Mann aus ärmlichen Verhältnissen jedoch viele erfolglose Jahre und schwierige Zeiten gekostet. Eine Zeit lang arbeitete Gardner in zwei Jobs und übernachtete aus Geldmangel nach der Trennung seiner Frau mehrmals mit seinem kleinen Sohn in einer öffentlichen Toilette. Er lässt sich dabei nicht unterkriegen und lernt für die Abschlussprüfung zum Börsenmakler.
Während der Film Gardner als aufopfernden Vater eines Fünfjährigen zeigt, ist sein Sohn damals in Wirklichkeit erst zwei Jahre alt. Was nicht im Film vorkommt: Für seinen Traum der erfolgreichen Karriere, zieht Gardner schließlich für zwei Jahre alleine nach New York. Seinen Sohn, ebenso wie die gemeinsame Tochter, lässt er bei seiner Ex-Freundin in Los Angeles zurück. Erst als er zwei Jahre später nach Chicago zieht, holt er die beiden Kinder wieder zu sich.
Einen stolzen Preis von 30.000-50.000 US-Dollar kostet es heute, Christopher Gardner für ein Motivationsseminar zu buchen.
Das Milliardengeschäft dahinter
Nicht nur Gardner verdient unter dem Motto „Streben nach Glück“ Geld, sondern zahlreiche Autoren von Ratgebern und Selbsthilfebüchern, Coaching-Experten sowie Psychologen.
Während es im Jahr 2000 bei dem Online-Anbieter Amazon 300 Werke unter dem Schlagwort „Happiness“ gab, erscheinen heute über 2000 Treffer. Auf Plattformen wie Twitter oder Instagram ist die Trefferzahl weit jenseits der Hunderttausend-Marke. Eine Bewerbung des Glücks ist auch allgegenwärtig in Medien, Schulen, bei der Ernährung, bei der Arbeit, am Sportplatz und im Internet.
Die Idee des eigenmächtigen Strebens nach Glück war nicht neu. Allerdings setzte sich ab dem Jahr 1998 eine neue, mit enormen, amerikanischen Finanzmitteln ausgestattete „Positive Psychologie“und Glücksforschung zur Aufgabe, der Welt zu erklären, warum das Streben nach Glück nicht nur für Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten, in deren Verfassung es ja steht, eine Selbstverständlichkeit sein sollte.“, erklärten Professorin für Soziologie Eva Illouz und Psychologe Edgar Cabans.
Experten und Forschern zufolge unterliegen „alle Individuen von Natur aus dem Drang, glücklich sein zu wollen, sodass man dieses Streben nicht nur als natürlich, sondern auch als höchsten Ausdruck menschlicher Erfüllung sehen sollte“. Dieser Ansatz verhalf dem „Streben nach Glück“ erstmals an die Spitze der universitären Prioritätenliste. In weiterer Folge war es auch von der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Tagesordnung vieler Länder nicht mehr wegzudenken.
Unterliegt die Gesellschaft einem „Glücksdiktat“?
Durch den aktuellen Trend der „Positiven Psychologie“, gilt Glück nicht mehr als utopischer oder persönlicher Luxus, sondern als allgemeine Zielsetzung. Unglücklich zu sein gilt hingegen als persönliches Versagen.
Um das allgemein gesetzte Ziel des Glücks zu erreichen und ein „erfolgreiches und optimal funktionierendes Individuum“ zu werden, definierten Vertreter der „Positiven Psychologie“ die notwendigen Voraussetzungen. Beispiele dafür sind soziale Intelligenz, Autonomie, Selbstachtung, Resilienz und Eigenmotivation. Das Ideal des definierten „glücklichen Menschen“ gleicht der Selbstbeschreibung von Christoph Gardner so sehr, dass seine Geschichte heute als Aushängeschild der „Positiven Psychologie“ gilt.
So wurde aus der persönlichen Erfolgsgeschichte langsam eine wissenschaftliche Wahrheit. Eine Entwicklung, die laut dem Psychologen Edgar Cabanas und Soziologin Eva Illouz zu einer milliardenschweren globalen Glücksindustrie beitrug. Diese Industrie will laut dem Buch „Das Glücksdiktat“ die Idee vermarkten, dass jeder Einzelne seine Ziele und sein persönliches Glück erreichen kann, wenn man positiv bleibt und Initiative ergreift.
Glück und Erfolg werden dabei als Resultat des persönlichen Strebens gesehen. So habe letztendlich jeder die eigene Wahl zwischen Erfolg und Scheitern, Glück und Unglück. Da niemand die falsche Wahl treffen will, boomt das Geschäft mit Ratgebern und Glücks-Coaches.
Die traditionelle Sichtweise: Loslassen anstelle von streben
In der Vergangenheit war das Verständnis von Glück ein ganz anderes.Viele Kulturen vertraten die Überzeugung, dass Glück vom Schicksal, göttlicher Fügung und dem Ausmaß der eigenen Tugend abhängig sei.
In den östlichen Kulturen gibt es seit Jahrtausenden den Begriff des Karmas. Dabei wird impliziert, dass jede Tat eine Folge hat, wobei Gutes mit Gutem und Böses mit Bösem vergolten wird. Somit war in der traditionellen Kultur Glück nicht etwas, das mit Ehrgeiz erstrebt werden konnte. Laut einem Zitat von Buddha Shakyamuni liegt das Geheimnis im Loslassen und nicht im Streben:
Du kannst dir inneren Frieden und Glückseligkeit nicht herstellen. Sie sind deine wahre Natur. Sie bleiben übrig, wenn du all das loslässt, was dich leiden lässt.“
Aktuelle Studien scheinen die traditionelle Sichtweise trotz wachsender Glücksindustrie zu bestätigen. Sie zeigen, dass Streben nach Glück zum Unglücklich sein führt. Eine Studie aus dem Jahr 2014, die sich mit diesem sogenannten „Paradoxon“ beschäftigt, kam zu dem Schluss, dass bei nach Glück strebenden Personen, signifikant öfter depressive Zustände und Enttäuschungen auftreten, als bei der Kontrollgruppe, die dem Streben, keine große Bedeutung zuwies.
Was in der heutigen Glücksforschung als „Paradoxon“ definiert wird, hätte in der traditionellen Kultur wohl niemanden allzu sehr überrascht.
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