Bauhaus Dessau untersagt ZDF-Konzert mit „Feine Sahne Fischfilet“ – Linke und Grüne fordern „Kunstfreiheit“
Die Stiftung Bauhaus Dessau hat nach Kritik an einem vom ZDF für den 6. November geplanten Konzert der linken Punkrockband „Feine Sahne Fischfilet“ per Hausrecht dem öffentlich-rechtlichen Sender eine Absage erteilt.
Der diesjährige Vorsitzende des Bauhaus Verbundes, Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), schrieb in einem Brief an die Mitglieder des Museumsverbandes, er widerspreche entschieden den Äußerungen der Stiftung Bauhaus Dessau, das Bauhaus sei ein „bewusst unpolitischer Ort“. Die Kunstschule fordere nach ihren eigenen Erfahrungen in der Nazi-Zeit und der DDR zu einer klaren Haltung gegen alle Einschüchterungsversuche auf.
Das Bauhaus solle nicht zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden, teilte die Stiftung mit Verweis auf ihr Hausrecht mit. Verschiedene Gruppierungen hätten in sozialen Netzwerken gegen das Konzert mobil gemacht. Wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ schreibt, sagte Sachsen-Anhalts Regierungssprecher Matthias Schuppe (63, CDU):
Die Einladung der Band ist schwer bis nicht nachvollziehbar.“
(Landesregierung Sachsen-Anhalt)
Zugleich kritisierte der Regierungssprecher die Politisierung der Reihe „ZDF@Bauhaus“.
Der Stiftungsrat Bauhaus Dessau setzt sich aus drei Vertretern des Landes, zwei Bundes-Vertretern und zwei Vertretern der Stadt Dessau zusammen, u. a. dem Oberbürgermeister der Stadt, Peter Kuras (FDP). Der Vorsitzende des Stiftungsrates ist Rainer Robra (CDU), Minister für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt und Chef der Staatskanzlei.
In einem am Donnerstag verbreiteten Statement des Bauhauses heißt es laut „MZ“:
Das Bauhaus Dessau ist historisch und zeitgenössisch ein Ort für alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Nationalität. Politische extreme Positionen, ob von rechts, links oder andere finden am Bauhaus Dessau keine Plattform, da diese die demokratische Gesellschaft – auf der auch das historische Bauhaus beruht – spalten und damit gefährden.“
(Bauhaus Dessau)
Monika Grütters – Kunstfreiheit habe hohen Verfassungsrang
„Es darf niemals der Eindruck entstehen, dass der Druck der rechtsextremistischen Szene ausreicht, ein Konzert zu verhindern“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) dpa.
Die Kunstfreiheit genieße in Deutschland hohen Verfassungsrang. Dieser Stellenwert sei die Lehre aus der deutschen Geschichte mit dem Angriff auf die Demokratie von rechten und linken Antidemokraten. Die Verantwortung der Künstler zur Verteidigung dieser Freiheit sei unverzichtbar, sagte Grütters.
„Deutschland verrecke“-Texte öffentlich-rechtlich gefördert?
Wie die „Junge Freiheit“ schreibt, sei die Band Teil der „linksextremen Szene in Vorpommern“ und wurde als verfassungsfeindlich eingestuft. Der Landesverfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern beobachtete die Bandmitglieder über mehrere Jahre. Laut dem Blatt soll die Band in ihren Texten u. a. geschimpft haben:
Deutschland verrecke, das wäre wunderbar (…) Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck! Gib mir ein ‚like‘ gegen Deutschland / Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!“
(„Feine Sahne Fischfilet“)
Auch von Seiten der AfD wurde heftige Kritik geäußert. Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige CDU-Stadtrat von Dessau, Andreas Mrosek, sagte:
Es ist ein Skandal, dass ein von Zwangsabgaben finanzierter und zur Ausgewogenheit verpflichteter öffentlich-rechtlicher Sender einer linksextremistischen Band ein solches Forum bietet.“
(Andreas Mrosek, 60, MdB, AfD)
Linke kritisiert politische Einflussnahme
Kritik an der Entscheidung des Stiftungsrates und an der Aussage von Regierungssprecher Schuppe kam indes von der Linken in einer dem Medienartikel der „MZ“ direkt folgenden Pressemitteilung durch die innenpolitische Sprecherin, Henriette Quade, und den medienpolitischen Sprecher, Stefan Gebhardt:
Niemand verlangt, dass der Regierungssprecher die Band mag oder Feine Sahne regelmäßig in der Staatskanzlei gehört wird. Wenn der Regierungssprecher aber heute die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kritisiert, einen konkreten Programmpunkt nicht nachvollziehbar findet und allgemein die Politisierung einer Fernsehsendungsreihe kritisiert, handelt es sich um den Versuch, politisch Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen.“
Die Linksfraktion nannte die Absage des Konzerts der linksextremen Punkband einen „schwerwiegender Eingriff in die Freiheit von Medien und Kunst und in die Programmautonomie des ZDF“. Außerdem drohten Quade und Gebhardt an, dies „im Rahmen einer aktuellen Debatte zur kommenden Landtagssitzung“ zu thematisieren.
.@HenrietteQuade, @StefGeb: Niemand verlangt, dass der Regierungssprecher die Band @feinesahne mag oder regelmäßig in der Staatskanzlei hört. Aber Eingriffe in Programmautonomie, Kunst- und Medienfreiheit weisen wir entschieden zurück. https://t.co/anWRZjbSGe #ltlsa #ZDF #Bauhaus
— Linksfraktion_LSA (@LinksfraktionSt) 18. Oktober 2018
Kunstfreiheit und Staatsfeindlichkeit
Unter den Twitter-Post der Linken kommentierte ein User: „Staatsfeindlichkeit steht für mich weit höher in der Priorität als Kunstfreiheit.“
In einem weiteren Post wird darauf hingewiesen: „weder Linke, SPD noch Grüne haben sich bei der Veranstaltung wir-sind-mehr von den Äusserungen der MLDP, Antifa und der Intervensionisische Linken distanziert. Linksfaschisten findet Ihr gut und wer sich kritisch äussert nennt Ihr Nazis. So einfach ist euere Welt….“ [Anmerkung d. Die MLDP ist die linksradikale deutsche Kleinpartei „Marxistisch-Leninistische Deutsche Partei“ gemeint ist, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und sich für eine „Diktatur des Proletariats“ in Theorie und Praxis nach Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao einsetzt, den größten Menschenrechtsverbrechern dieser Erde (rund 100 Millionen Todesopfer).]
ZDF „bedauert“ und sucht neuen Veranstaltungsort
Mit Bedauern hat das ZDF auf den Schritt der Stiftung Bauhaus Dessau reagiert, die geplante Aufzeichnung des Konzerts nicht zu unterstützen. Die Stiftung habe dem Sender schriftlich untersagt, die Aufzeichnung in ihren Räumen zu veranstalten, teilte das ZDF am Donnerstag in Mainz mit.
Das ZDF plant weiterhin die Aufzeichnung eines Konzerts zum aktuellen Album der Band, das dem Sendungskonzept entsprechend in Moderationen und Interviews journalistisch eingebettet wird. Nach einem alternativen Veranstaltungsort wird derzeit gesucht.“
(ZDF)
Hartnäckiger Gebühren-Sender ZDF
Nach Angaben der Zeitung „Neues Deutschland“, von 1946 bis 1989 Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland der DDR und nach der Wende bis 2007 im Besitz der SED-Nachfolgepartei PDS befindlich, schrieb noch vor Kurzem: „Das ZDF will derweil an der Einladung festhalten. ZDF@Bauhaus sehe die Band als Teil einer vielfältigen deutschen Musikszene, die das Programm abbilden wolle.“
Ob rechtsextrem, ob linksextrem, der öffentlich-rechtliche Auftrag des ZDF umfasst neben einem Grundversorgungsauftrag und einem gesetzlich definierten Programmauftrag im Wesentlichen auch die Wahrung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit.
Und was sagt die Band?
Die Band selbst kritisierte die Absage in einer Stellungnahme auf Facebook scharf. Das Bauhaus sei vor der rechten Szene eingeknickt, schrieben die Musiker. Das setze „neue Maßstäbe in Sachen Erbärmlichkeit“, hieß es weiter. Zudem kritisierte die Band die Absage als Eingriff in die Programmentscheidung des ZDF.
Feine Sahne Fischfilet kündigte an, auf jeden Fall am 6. November in Dessau-Roßlau aufzutreten. „Wenn wir und viele andere Menschen bei jeder kleinen Einschüchterung sich gleich wegducken und jedes Konzert absagen würden, welches die Nazis zur Weißglut bringt, dann würde hier nahezu gar nix mehr gehen“, schrieben die Musiker auf Facebook.
Die Band habe sich sehr gefreut, „in diesem intimen und einzigartigen Rahmen“ des Dessauer Bauhauses zu spielen.
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