Aprilscherz oder TV-Coup des Jahres? Stefan Raab steht vor Comeback bei der Fußball-EM
Nur ein Aprilscherz mit Ansage oder der Ausdruck einer 2000er-Nostalgie, die nun auch vor dem TV nicht haltmacht? Ein Video auf dem Instagram-Kanal von Stefan Raab weckt Spekulationen über ein mögliches Comeback eines der erfolgreichsten Entertainers des deutschen Fernsehens.
Ruder-Video als erstes Lebenszeichen auf Instagram nach sechs Jahren
Raab, der 2015 offiziell seine Fernsehkarriere beendet hatte und danach nur noch selten öffentlich aufgetreten war, hatte auf seinem Instagram-Account bis dahin nur einen Eintrag. Dieser stammte aus dem Jahr 2018.
Am Karfreitag, 29. März, postete Raab sein zweites Video. In diesem ist er selbst nur kurz von hinten zu sehen. Es zeigt seinen langjährigen Show-„Praktikanten“ Alexander Duszat, besser bekannt unter seinem Künstlernamen „Elton“. Dieser begibt sich mittels eines Ruderboots zu Raab auf eine Insel. Dort fordert er ihn dazu auf, „wieder einmal etwas zu machen“.
Raab, der anhand seiner Stimme eindeutig zu erkennen ist, kündigt daraufhin an, er träume davon, „Influencer zu werden“. Und er verspricht Elton, er würde für ein neues Projekt zurückkehren, sollte es diesem gelingen, binnen dreier Tage neun Millionen Follower für ihn zu lukrieren. Zum Zeitpunkt der Einstellung des Videos waren es noch knapp 250.000.
Im Hintergrund war Stefan Raab auch nach 2015 präsent
Die vergangenen drei Tage hatten zwar eine massive Mobilisierung bewirkt, vorerst hat es jedoch „nur“ für 2,8 Millionen Follower gereicht. „Der Westen“ geht dennoch davon aus, dass es sich bei der PR-Aktion und dem darin angedeuteten Comeback nicht nur um einen Aprilscherz handele.
Auch nach seinem Abschied als Entertainer sei Raab hinter den Kulissen mit seinem Projekt „Raab TV“ unter dem Banner des Unternehmens „Brainpool“ tätig gewesen. Ende 2023 soll er sich davon getrennt und zusammen mit Ex-ProSieben-Chef Daniel Rosemann „Raab Entertainment“ gegründet haben. Es soll bereits ein Büro in Köln geben.
Das Unternehmen soll für die Fußball-EURO 2024 für RTL ein „EM-Studio“ produzieren. Jan Köppen soll dieses zusammen mit Elton präsentieren. Ob Stefan Raab selbst dabei vor der Kamera zu sehen sein wird, ist bislang unklar.
Innovationen für das TV – Samples für die Musik-Charts
Stefan Raab ist fünffacher Träger des Deutschen Comedypreises, viermal erhielt er den Deutschen Fernsehpreis, zweimal den ECHO. Dazu kommen Auszeichnungen wie die Goldene Henne und der Deutsch-Türkische Freundschaftspreis.
Nach seinem Wechsel von VIVA zu ProSieben im Jahr 1999 moderierte er die Late-Night-Show „TV Total“. Zudem zeichnete er sich durch eigene Innovationen aus und schuf Formate wie „Schlag den Raab“, die „Wok-Weltmeisterschaft“, ein Promi-Turmspringen oder die Autoball-Weltmeisterschaft.
Raab riss in mehreren Jahren auch die Entscheidung darüber an sich, wer für Deutschland zum Grand Prix d’Eurovision fahren würde. Neben Guildo Horn und Lena Meyer-Landrut war darunter im Jahr 2000 auch er selbst, der den Titel „Wadde hadde dudde da?“ performte. Jeder von Raab gestellte Starter erreichte einen Platz unter den Top 10 – Lena Meyer-Landrut 2010 sogar den ersten Platz.
Als Moderator und Musiker arbeitete Raab häufig mit Samples. Ein Nachbarschaftsstreit über einen Maschendrahtzaun wurde zur Inspiration für einen seiner Musiktitel. Dazu kamen Aussprüche von Politikern wie Gerhard Schröder („Hol‘ mir mal ’ne Flasche Bier“) oder Hans-Christian Ströbele („Gebt das Hanf frei“), die es auf diese Weise ebenso in die Charts schafften.
Aus dem Deutschland des Stefan Raab ist jenes des Jan Böhmermann geworden
Für viele Beobachter steht Stefan Raab sinnbildlich für das Deutschland der Schröder-Ära und der „Sommermärchen“-Zeit. Die 2000er-Jahre verbinden viele heute mit einer Zeit der Kreativität, einer unpolitischen Alltagskultur mit entsprechender Fernsehunterhaltung, sowie eines friedlichen Zusammenlebens im Inneren und nach außen.
Eine solche Normalität scheinen viele Menschen im Land heute zu vermissen – und die bevorstehende Fußball-EM trägt dazu bei, dass die Unterschiede in der Grundstimmung gegenüber dem WM-Jahr 2006 augenfällig werden.
Eine davon ist der gewachsene Einfluss einer weit verbreiteten moralischen Verbissenheit und Cancel Culture, wie sie erst jüngst Kabarettistin Monika Gruber als Begründung für ihren bevorstehenden Rückzug aus der Öffentlichkeit nannte. Es ist dementsprechend nicht davon auszugehen, dass einige Grenzüberschreitungen, wie sie einst Raabs Shows gekennzeichnet hatten, heute noch toleriert würden.
Schon im Jahr von Raabs TV-Abschied äußerte Comedian Serdar Somuncu in einem Gespräch mit Mely Kiyak bei der Körber-Stiftung, dessen Sendungen seien die einzigen gewesen, die ihm gegenüber keine Zensur geübt hätten.
Ein Jahr zuvor hatte bereits Harald Schmidt das Ende seiner Show verkündet. Mittlerweile ist Jan Böhmermann zum führenden Late-Night-Comedian des Landes avanciert. Für viele zeigt auch das sinnbildlich den Mentalitätswandel, den Deutschland seit den 2000er-Jahren erfahren hat.
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