Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim gewinnt Sprachpreis
Wissenschaftler sind nach den Worten von Mai Thi Nguyen-Kim keine Genies. „Wissenschaft ist nichts, was nur ganz wenige schlaue Menschen überhaupt erst verstehen können“, sagte die promovierte Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin am Samstag in Baden-Baden anlässlich der Verleihung des Kulturpreises Deutsche Sprache.
„In Wirklichkeit beschäftigen sich Naturwissenschaftler vielleicht einfach nur zu viel mit Zahlen und Graphen und zu wenig mit Sprache – und können deshalb vieles nicht so gut vermitteln.“ Die 36-Jährige betonte: „Wissenschaft geht uns alle etwas an!“
Die Eberhard-Schöck-Stiftung und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verliehen ihr den mit 30.000 Euro dotierten Hauptpreis, den Jacob-Grimm-Preis. Die Jury würdigte Nguyen-Kim damit für ihre klare, verständliche und moderne Sprache, mit der sie einem breiten Publikum komplexe wissenschaftliche Inhalte sehr gut vermittele. Nguyen-Kim ist unter anderem durch ihren Youtube-Kanal „maiLab“ bekannt, schreibt populärwissenschaftliche Bücher und ist etwa bei der ZDF-Reihe „Terra X: MaiBrain – Reise ins Gehirn“ zu sehen.
Ihr Lieblingsfach in der Schule in Hemsbach im Norden Baden-Württembergs sei gar nicht Chemie gewesen, sondern Deutsch, sagte die 36-Jährige in ihrer Dankesrede im Kurhaus Baden-Baden. „Ja, Mathe und Naturwissenschaften waren auch ganz klasse, aber der Deutschunterricht hat mir tatsächlich am meisten Spaß gemacht.“
Private Einblicke
Sprache habe in ihrem Leben immer eine große Rolle gespielt, sagte Nguyen-Kim – nicht nur, weil sie mit Vietnamesisch und Deutsch zweisprachig aufgewachsen sei. „Meine Liebe zur Sprache fing übrigens schon früh an“, erzählte sie. „In der Grundschule war es mein Traum, Schriftstellerin zu werden.“ Ihr Chemiestudium sei eine Art Umweg gewesen, um am Ende doch Bücher zu schreiben.
Nguyen-Kim gab auch private Einblicke: Es sei ihre erste offizielle Veranstaltung nach der Geburt des zweiten Babys. Nach fünf Monaten Schlafentzug und „Babytalk“ sei sie nicht mehr so eloquent, räumte sie ein. Das Phänomen, dass Menschen mit Babys komisch reden, sei sprach- und kulturübergreifend. Bei Eltern führe es jedoch dazu, dass die eigenen Sprachfähigkeiten abnehmen. „Umso geehrter bin ich, dass ich heute den Kulturpreis Deutsche Sprache entgegennehmen darf.“
Seit 2001 verleiht die Eberhard-Schöck-Stiftung den Kulturpreis – nun erstmals mit der Akademie für Sprache und Dichtung – an Personen, Institutionen und Initiativen, „die sich in besonderem Maße um die deutsche Sprache verdient gemacht haben“. Den Jacob-Grimm-Preis erhielten unter anderem Sänger Udo Lindenberg, Autorin Cornelia Funke, Schauspieler Ulrich Tukur und die Band Fantastische Vier.
Der mit 5000 Euro dotierte Initiativpreis ging an das Deutsche Gymnasium in Estlands Hauptstadt Tallinn für zahlreiche Initiativen und Ideen, mit denen die Schule die deutsche Sprache fördere. Mit dem undotierten Institutionenpreis würdigte die Jury das Wörterbuch der Deutschen Gebärdensprache an der Universität Hamburg. (dpa)
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