Wilhelm Conrad Röntgen – selbstlos, bescheiden und genial

Vor 180 Jahren wurde der Physiker und Nobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen geboren. Seine größte Entdeckung stellte er selbstlos der ganzen Menschheit zur Verfügung.


Titelbild
Die Röntgen-Gedächtnisstätte in Würzburg – dort, wo Wilhelm Conrad Röntgen die Röntgenstrahlen entdeckte.Foto: Aisano – Self-photographed, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47404932
Von 26. März 2025

Das schmucke, kleine, mit Schindeln verkleidete Haus, in dem Wilhelm Conrad Röntgen am 27. März 1845 das Licht der Welt erblickte, steht noch heute. Das Gebäude im historischen Zentrum von Lennep, inzwischen einem Stadtteil Remscheids, beherbergt heute eine Abteilung des benachbarten Deutschen Röntgen-Museums.

Drei Jahre nach der Geburt des einzigen Sohnes zieht es die kleine Familie des Tuchfabrikanten Friedrich Conrad Röntgen in die Niederlande, die Heimat seiner Frau Charlotte.

Aus der Schule geworfen

Dort beginnt die Schullaufbahn Wilhelm Conrads, der von seinen Lehrern als begabt, aber nur mäßig fleißig beschrieben wird.

1863 nimmt die ansonsten eher unauffällige Schulkarriere des inzwischen 18-Jährigen jedoch ein jähes Ende. Röntgen wird beschuldigt, der Verfasser einer scherzhaften Karikatur seines Klassenlehrers zu sein. Aus Ehrgefühl und Loyalität verteidigt sich der junge Mann nicht und verrät auch nicht die Identität des wahren Urhebers der „Missetat“. Ohne Abschluss wird er der Schule verwiesen.

Ohne offizielles Zeugnis kann er deshalb die Utrechter Universität nur als Gasthörer besuchen. Allein der Weg in die Schweiz macht es dem inzwischen 20-Jährigen möglich, ein reguläres Studium zu beginnen. Am Polytechnikum der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, kurz ETH, besteht Röntgen die Aufnahmeprüfung, die ihm endgültig die Türen zur naturwissenschaftlich akademischen Ausbildung öffnet.

Große Karriere mit Hindernissen

Bereits drei Jahre später ist er diplomierter Maschinenbauingenieur. Sein Studium der Physik schließt sich nahtlos an.
 Er schreibt sich in Zürich beim deutschen Physiker August Kundt ein, der
 das Talent des gerade einmal sechs Jahre jüngeren Röntgen erkennt und ihn bereits zwei Jahre später zu seinem Assistenten macht.

Als August Kundt 1870 dem Ruf an die Universität Würzburg folgt, geht der inzwischen promovierte Röntgen mit ihm nach Bayern. Doch wieder holt den jungen Wissenschaftler das unglückliche Ende seiner Schullaufbahn ein. Aufgrund des fehlenden Abiturzeugnisses wird es dem Doktor der Physik in Würzburg verwehrt, sich durch eine Habilitation für eine eigene Professorenlaufbahn zu qualifizieren.

Doch Röntgen gibt nicht auf. 1874 wechselt er an die Universität Straßburg, habilitiert dort und kehrt nach weiteren erfolgreichen Stationen in Hohenheim und Gießen 1888 nach Würzburg zurück.

Inzwischen als Koryphäe in seinem Fach anerkannt, wird er an die Physikalische Fakultät berufen und vom bayrischen Prinzregenten Luitpold zum Professor ernannt. Auch andere deutsche Universitäten werden auf ihn aufmerksam, doch keine schafft es, ihn aus Würzburg abzuwerben. Denn das dortige physikalische Institut bietet beste Forschungsbedingungen. Seit Röntgens Assistentenzeit hat es in modernste Laborgeräte investiert. Der experimentierfreudige neue Physikprofessor baut das Laboratorium weiter aus und arbeitet dort oft bis tief in die Nacht.

Fotoporträt von Wilhelm Conrad Röntgen um 1890, gemeinfrei

Zu seiner intensiven Lehrtätigkeit kommt die Ernennung zum Rektor der Fakultät. Tage und Abende sind also mit Arbeit, Lehre und Forschung randvoll gefüllt – ein Umstand, den manche Ehefrau kritisch gesehen hätte. Anders jedoch Anna Bertha, die ihren Mann vorbehaltlos in seinem Engagement für die Wissenschaft unterstützte.

Kennengelernt hat sich das Ehepaar noch in Röntgens Züricher Zeit. Seit ihrer Hochzeit im Jahr 1872 führten sie eine überaus partnerschaftliche und glückliche Ehe.

Epochale Entdeckung

Beide ahnen nicht, was der 8. November 1895 für ihr Leben und das Leben unzähliger Menschen an Veränderungen bringen wird. Wie oft bei bahnbrechenden Entdeckungen ist auch die, die an diesem Tag gemacht wird, ein Resultat aus vielen Faktoren: Der Forschergeist des inzwischen 50-Jährigen, seine Beharrlichkeit, sein Wissen und seine langjährige Erfahrung, aber auch der Zufall spielen zusammen.

Am 8. November 1895 untersuchte Röntgen in seinem Labor bis spät in die Nacht die Eigenschaften von Gasentladungen. Für seine Experimente nutzt er gläserne Kathodenstrahlröhren. Bereits bekannt ist, dass bei Versuchen dieser Art das Innere der transparenten Glasröhren zu leuchten beginnt. Ein Phänomen, das Röntgen in seiner Forschung durch den Einsatz unterschiedlicher Röhren, Materialien und Spannungen weiter ergründen möchte.

Laboreinrichtung Röntgens in der Röntgen-Gedächtnisstätte Würzburg. Foto: Daderot, CC0 1.0

Vor dem Fenster des Laborraums ist es schon seit geraumer Zeit dunkel geworden. Auch das Labor selbst ist kaum beleuchtet, was das Fluoreszieren des Glasröhren-Inneren nur noch stärker hervortreten lässt.
 Röntgen erhöht kontinuierlich die Spannung, als er zu seiner Überraschung ein weiteres Leuchten im Labor bemerkt.

Das Schimmern eines entfernt stehenden Fluoreszenzschirms ist aber nicht durch Reflexion zu erklären. Dazu befindet er sich in zu großer Distanz zur ursprünglichen Lichtquelle. Röntgen beginnt nun, die leuchtende Kathodenröhre mit schwarzem Karton abzudecken. Der Fluoreszenzschirm schimmert jedoch weiter, als sei nichts geschehen.

Ein Phänomen, das Röntgen zum Schluss führt, dass dieses Schimmern nur durch eine unbekannte, unsichtbare Strahlung ausgelöst werden kann. Beim weiteren Experimentieren gerät schließlich seine Hand zwischen Kathodenröhre und Leuchtschirm. Zu seiner übergroßen Überraschung erkennt Röntgen, dass sich die schattenhaften Umrisse seiner Handknochen zeigen.

Erstes Röntgenbild der Geschichte

Die Tragweite dieser Entdeckung ist ihm sofort bewusst, doch er bewahrt strenges Stillschweigen. Selbst seiner Frau berichtet er zuerst nur vage vom faszinierenden Fund.

Erführen die Leute, was er da mache, deutet er ihr gegenüber an, würden sie sicher sagen: „Der Röntgen ist wohl verrückt geworden.“

Seine Forschung intensiviert er weiter. Mehrere Wochen lang zieht er sich fast völlig in sein Labor zurück und untersucht die Eigenschaften der geheimnisvollen Strahlung. Verschiedenste Materialien, Papier, Holz, Gummimatten, Leder, stellt er zwischen die unter Spannung gesetzte Gasentladungsröhre und den Fluoreszenzschirm.

Schließlich bittet er am 22. Dezember 1895 seine Frau, ihre Hand unbewegt vor dem Fluoreszenzschirm zu halten. Etwa zwanzig Minuten lang harrt sie aus. Ihr Mann fotografiert das sichtbar werdende Ergebnis. Das erste dokumentierte und datierte Röntgenbild der Geschichte ist entstanden.


„Hand mit Ringen“, linke Hand von Anna Bertha Röntgen, erste dokumentierte Fotografie eines Röntgenbildes vom 22. Dezember 1895, Foto: Wilhelm Conrad Röntgen, gemeinfrei

Bewusste Entscheidung gegen Patentierung

Wenige Tage später beendet Röntgen endgültig seine Zurückhaltung und bricht sein Schweigen. Er ist sich seiner Sache nun völlig sicher.

Am 28. Dezember 1895 überreicht er dem Sekretär der Würzburger Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft das berühmte Manuskript mit dem Titel „Über eine neue Art von Strahlen“.

Mit der Veröffentlichung kann es ihm nun nicht schnell genug gehen. Schon in den ersten Wochen des Jahres 1896 wird Röntgens Artikel gedruckt und von ihm selbst, zusammen mit neun Fotos als Sonderdruck an prominente Wissenschaftler gesandt.

Ganz bewusst und aus tiefster Überzeugung entscheidet er sich jedoch gegen die Patentierung der X-Strahlen, wie er sie selbst nennt.

„Erfindungen und Entdeckungen gehören der Allgemeinheit und dürfen nicht durch Patente, Lizenzverträge und dergleichen einzelnen Unternehmungen vorbehalten bleiben“, sagt Röntgen und handelt entsprechend.

Und tatsächlich verbreitet sich die Kunde der bahnbrechenden Entdeckung weltweit wie ein Lauffeuer.
Nicht zuletzt tragen die spektakulären Fotografien vom Inneren des menschlichen Körpers dazu bei, dass die geheimnisvollen Strahlen berühmt werden und schnell in der medizinischen Diagnostik zum Einsatz kommen.

Deutscher Notgeldschein aus Lennep, mit einer Darstellung des Wilhelm Conrad Röntgen und seines Geburtshauses, im Wert von 75 Pfennig, aus dem Jahr 1921, Privatarchiv. Foto: 5snake5/Wikipedia.

Schon Ende Januar 1896 wird von faszinierten Zuhörern Röntgens bei einem Vortrag über die X-Strahlen, deren Umbenennung in Röntgenstrahlen angeregt.

Erster Physik-Nobelpreis der Geschichte

1901 schließlich erhält Wilhelm Conrad Röntgen für seine Entdeckung den ersten Physik-Nobelpreis der Geschichte. Das Preisgeld von 50.000 Kronen stiftet der bedachte, bescheidene und in sich gekehrte Forscher der Universität Würzburg.

Sein eigenes Vermögen verliert er während der deutschen Hyperinflation in den Jahren 1914 bis 1923, kann sich und seine Frau jedoch durch seine Pension als Emeritus versorgen.
Vier Jahre nach seiner Frau stirbt der bescheidene wie geniale Wissenschaftler nach einem erfüllten Forscherleben im Alter von 77 Jahren am 10. Februar 1923 in München.

 



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