Wiederbelebung klassischer Musik
Als Beethoven mit dem Hammerklavier das klassische Repertoire erweiterte, schrieb er, dass dies die Pianisten für die nächsten 50 Jahre beschäftigen könnte. Dabei unterschätzte er den Tatendrang der Komponisten der kommenden Jahrhunderte. Dennoch hat nur eine geringe Anzahl an Komponisten den Kanon der großen klassischen Klavierliteratur erweitert. Der 6. Internationale Klavierwettbewerb von NTD, dem Schwestermedium von Epoch Times, unternimmt nun diesen Versuch mit einem besonderen Auftragswerk.
„The Sacred Journey“ (Deutsch etwa: die Heilige Reise), das Herzstück des Wettbewerbs, ist eine Komposition von D. F., dem künstlerischen Leiter von Shen Yun Performing Arts. Für dieses Stück wurde eine Klavierbearbeitung in Auftrag gegeben. Das Arrangement stammt von Qin Yuan. Sie ist Komponistin und Klavierbegleiterin der weltbekannten Musik- und Tanzkompanie, die bei der Wiederbelebung der traditionellen chinesischen Kultur durch die Künste führend ist. Zudem ist das Ensemble dafür bekannt, die Musiktraditionen von Ost und West auf einzigartige Weise miteinander zu verbinden.
Klassische Musik mit chinesischem Einschlag kommt bei Wettbewerben selten vor. Zumindest nicht annähernd so häufig wie französische, russische, polnische, deutsche oder österreichische Musik, die so fest im Repertoire verankert ist, dass ein Zuhörer ihre Herkunft nach wenigen Takten erkennen kann. Doch wie nähern sich Pianisten einem Stück aus einem möglicherweise fremden Kulturkreis? Mitglieder der Jury empfehlen, die Musik von Shen Yun zu studieren. Denn da bei Shen Yun Melodien und Rhythmen der alten chinesischen Musik mit der Sprache der klassischen westlichen Musik ausgedrückt werden, gibt es für die Interpreten auch Bekanntes.
„The Sacred Journey“ ist raumgreifend, virtuos und spielerisch. Wie andere Auftragswerke von NTD seit 2016 dient es dazu, die reine Authentizität, Güte und Schönheit der traditionellen Künste zu fördern. Sie werden von Zuhörern und Pianisten gleichermaßen gelobt. Während der Halbfinalrunde sind sowohl die einen als auch die anderen häufig zu Tränen gerührt. Vielleicht ist es einfach bewegend, neue, anspruchsvolle Noten für Klavier zu hören. „Es gibt ein gängiges Sprichwort, das besagt, dass das Klavier selbst ein kleines Orchester ist. Mit seinem großen Tonumfang, seiner Ausdruckskraft und Dynamik ist es ein sehr passendes Instrument für dieses Vorhaben“, so Qin.
Qins Rat an die Interpreten lautet wie folgt: „Sie müssen auf die Details achten, sie sorgfältig studieren und auch mutig sein.“ Mehr könne sie nicht verraten, „damit wir nicht die Fantasie und Freiheit der Pianisten einschränken, die sich diesem Werk zum ersten Mal nähern.“
Universale (Musik-)Botschaft
Als sie zu komponieren begann, stand für sie im Vordergrund, ein internationales Publikum anzusprechen. Denn in der Vergangenheit hat der Wettbewerb Teilnehmer aus verschiedenen Ländern der Welt angezogen. Darüber hinaus wollte Qin eine Botschaft von universeller Bedeutung vermitteln. Bei einem Werk, mit dem sich die Künstler viele Stunden lang beschäftigen würden, wollte sie, dass es dieses tiefe Nachdenken auch wert ist.
Es ist ein alter chinesischer Glaube, dass Geist und Materie eins sind. Das bedeutet, dass jeder Gedanke des Künstlers sich in seinem Werk widerspiegelt. Bei historischen Landschaftsgemälden sei das besonders eindrücklich zu erkennen, sagt Qin: Die Landschaften seien keine Darstellungen einer Ansicht, die der Künstler gesehen habe. Vielmehr erlebe man beim Betrachten eines solchen Gemäldes den Geisteszustand des Künstlers.
Bevor sie eine einzige Note schrieb, versuchte Qin zunächst einen ruhigen Geisteszustand zu erreichen, indem sie sich von abschweifenden Gedanken befreite und sicher war, mit reinsten Absichten zu handeln. Am Ende drehten sich ihre Gedanken um die drei wesentlichen Fragen des Lebens. „Woher kommen wir? Was ist der Sinn des Lebens? Wohin gehen wir nach dem Tod?“
„Über die Seele nachzudenken, ist sinnvoll. Als Mensch leben wir ein paar Jahrzehnte, und dann gehen wir. Was werden wir für andere zurücklassen? Ich fand es auch wichtig, darüber nachzudenken.“
Die Mission von Shen Yun ist die Wiederbelebung der 5.000 Jahre alten chinesischen Zivilisation, einer Kultur, von der man glaubt, dass sie göttlich inspiriert ist, erklärt Qin. Die Gesamtheit dieser traditionellen Kultur sei vom Göttlichen überliefert worden, „und, was Gott den Menschen stets gegeben hat, ist Hoffnung“.
In den traditionellen Kulturen sowohl des Ostens als auch des Westens sind Glaube und Hoffnung eng miteinander verbunden. Die Hoffnung ist, wie Thomas von Aquin in seiner Summa Theologica eingehend untersucht hat, nur dann tugendhaft, wenn man zuerst den Glauben hat.
Es ist Qins Wunsch, mit ihrem Stück Pianisten und Zuhörern gleichermaßen ein wenig Hoffnung zu vermitteln. „Wir Menschen sollten uns die Freundlichkeit und Güte in unseren Herzen bewahren, egal wie die äußeren Umstände sind. Ob eine Pandemie oder ein Krieg – welches Chaos auch immer in der Welt um uns herum herrscht, das Einzige, was wir bewahren können, ist das, was in unseren Herzen ist, unsere Güte und Würde“, betont sie.
„Es gibt wahrscheinlich viele verschiedene Möglichkeiten, meine Musik zu interpretieren, aber ich habe versucht, ganz klare Anweisungen zu geben“, sagt Qin. Sie hat die Partitur zusammen mit dem Verleger immer wieder durchgesehen und dabei sogar auf den Abstand zwischen zwei gedruckten Noten geachtet. „So hat der Interpret viel Freiheit, kann aber trotzdem seinen Weg finden.“
Die Halbfinale und Finale finden am 31. Oktober und 1. November statt und werden live bei NTD übertragen: competitions.ntdtv.com/piano/competition/
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „‘The Sacred Journey’: A Monumental Challenge Awaits Pianists of the NTD International Piano Competition“ (redaktionelle Bearbeitung mk)
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 63, vom 24. September 2022.
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