Vom Hausbauen und Waldbaden
Gemeinsam mit seiner Frau lenkt er das innovativste Franchise-System Deutschlands: Mit seiner Massivhausmarke „Town & Country Haus“ fährt Jürgen Dawo seit Jahrzehnten enormen Erfolg. Im Gespräch mit Epoch Times schildert der 62-jährige Bauunternehmer die Sehnsüchte und Ängste der Deutschen rund um das Thema Hausbau und erzählt, wie ausgerechnet ein Burnout ihm dabei half, seine Mitte zu finden und sein Leben mit Achtsamkeit neu auszurichten.
Herr Dawo, Sie sind einer der erfolgreichsten Hausbauunternehmer Deutschlands. Worin liegt der Erfolg Ihres Unternehmens?
Wir haben 1997 das Thema Hausbau aus der Nische geholt: dass Bauen sehr teuer ist, sehr lange dauert und immer individuell mit einem Architekten geplant werden muss. In der Branche haben wir einen Pflock eingeschlagen und die Typisierung zum Standard erhoben. Wir haben gesagt, wenn etwas standardisiert ist, sind von Anfang an Kosten in der Planung, in der Statik, in der Ausschreibung und so weiter. Wir konnten das Häuschen ein wenig kleiner und deswegen auch erheblich günstiger anbieten, als es sonst am Markt üblich war. Und somit konnte sich eine erheblich größere Masse an Menschen das Häuschen leisten.
Wie ist die momentane Tendenz in Politik und Gesellschaft in Deutschland bezüglich des Hausbaus? Gibt es Förderprogramme für den Bau oder den Kauf von Land?
Nein, Förderprogramme gibt es nicht mehr. Die ganzen Energiesparmaßnahmen wurden abgeschafft. Zum Jahresende sollen neue Förderbedingungen kommen, wobei wir davon ausgehen, dass die Förderung des Einfamilienhauses bei der derzeitigen Regierung wohl nicht mehr kommen wird. Insgesamt wird ja versucht, möglichst wenig Einfamilienhäuser in Deutschland genehmigen zu lassen und die Leute stattdessen in Mehrfamilienhäuser zu drängen, damit der Landschaftsverbrauch ein wenig eingedämmt wird. Mit den Grünen an der Regierung ist es nicht gewollt, dass 20 Fußballfelder am Tag zubetoniert werden. Sie möchten das reduzieren. Dass sie mehr Industriebau fördern und weniger das Einfamilienhaus, ist klar, aber sie versuchen, die Erschließung von Baugebieten zu erschweren. Es gibt Baugebiete, wo mindestens 1.000 Quadratmeter für ein Grundstück benötigt werden. All das wird dezimiert. Wenn Einfamilienhäuser gebaut werden, muss das Ganze ein wenig komprimierter passieren, damit der Grünflächenverbrauch nicht so groß ist.
Die Politik versucht, es den Menschen zu erschweren, aber der Wunschtraum der Deutschen ist eben das Einfamilienhaus. Wenn die Regierung wegfällt, kann das ganz schnell wieder in ein anderes Förderprogramm münden. Das Volk lässt sich nicht verbieten, sich das zu holen, was es sich leisten kann und was es möchte. Die Politik kann nicht organisieren, dass alle Menschen in die Städte ziehen.
Viele Menschen träumen vom Eigenheim, denken aber, dass ihr Wunsch kaum zu erreichen ist, da enorme Kosten oder andere Hürden auf sie zukommen. Wie sehen Sie das?
Die letzten Jahre hatten wir ein glückliches Top-Zinsniveau mit unter zwei Prozent – da konnten sich natürlich erheblich mehr Menschen die eigenen vier Wände ermöglichen. Jetzt haben wir wieder ein Zinsniveau zwischen drei und 3,5 Prozent. Das heißt, die Normalverdiener, die sich die letzten Jahre mit 20.000 oder 30.000 Euro Eigenkapital ein Häuschen leisten konnten, fallen jetzt weg. Da der Zins von 1,5 Prozent jetzt auf drei Prozent gestiegen ist, verdoppelt sich die Monatsbelastung. Damit haben wir im Moment das größte Problem. Die größte Kostensteigerung liegt im Zins, wobei das Zinsniveau aktuell immer noch niedrig ist im Vergleich zu den 1990er Jahren. Da lag der Zins bei fünf bis zehn Prozent. Es ist aktuell also immer noch ein niedriger Zins. Ich denke, er liegt durchschnittlich immer bei 2,6 Prozent. Das geht also noch. Die allermeisten können es sich schon noch leisten.
Die Normalverdiener, die die letzten drei Jahre mit den 1,5 Prozent Zinsen die Chance hatten und sich ein Eigenheim kaufen konnten, fallen jetzt raus. Sie konnten davor schon nicht bauen. Unsere Kunden haben ja wenig Eigenkapital. Es sind Normalbürger, die 30.000 oder 40.000 Euro zur Verfügung haben. Sie müssten nun 350.000 oder 400.000 Euro finanzieren – das ist vorbei. Es ist aber auch eine gesunde Entwicklung, denn hohe Verschuldungen sind, wenn in zehn Jahren die Zinsen auslaufen, auch wiederum ein Problem.
Gibt es neben dem finanziellen Aspekt noch andere Ängste oder Bedenken, die die Kunden haben?
Klar, Ängste, ob womöglich der Bauträger pleitegeht, oder die Angst davor, schon Geld bezahlt zu haben und die Baustelle nicht fertig wird, oder dass sie einen Bauträger haben und das Haus fertig wird, aber erst in den nächsten fünf Jahren. Sie haben Angst, dass es nicht gewährleistet wird, es keinen Ansprechpartner mehr gibt, keine großen Bürgschaften, Pfusch am Bau während des Baus. Das sind alles Ängste, die die Leute aus dem Fernsehen oder auch aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis kennen. Da gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, wie wir sie haben. Wir sagen, dass vor, während und nach dem Bau Bürgschaften bei R&V bestehen. Wenn tatsächlich eine Pleite anstehen würde, könnten bis zu 20 Prozent Mehrkosten gedeckt werden. Das reicht in der Regel, um das Haus fertigzustellen. Nach der Fertigstellung stehen 75.000 Euro Bürgschaft zur Verfügung für Mängel, falls es den Bauträger nicht mehr geben sollte. Also diese Ängste sind da. In dieser Hinsicht haben wir in den letzten 25 Jahren sehr viel getan: Wir haben dem Kunden die Angst genommen, denn er hat vom größten Kreditversicherer Deutschlands eine Bürgschaft.
Ihnen ist es ein persönliches Anliegen, Normalverdienern diesen Traum vom Eigenheim mit Garten erfüllen zu können. Was ist die tieferliegende Sehnsucht hinter dem Wunsch nach einem eigenen Haus?
Zum einen ist es die Sehnsucht, mehr Platz zu haben: Zimmer für die Kinder, auch einen eigenen Bereich zu haben, vielleicht ein Arbeitszimmer. Zum anderen Eigentum zu besitzen: etwas Eigenes, um das man herumlaufen kann und das bis zur Rente abbezahlt ist, man sich also keine Sorgen um Altersvorsorge machen muss. Ein eigener Garten, in dem man sein Gemüse oder Kräuter anpflanzen kann. Die tieferliegenden Motive sind also nicht „aus der Mietwohnung raus“, sondern sehr emotional: „In der Mietwohnung durften meine Kinder keinen Hund halten, weil unser Vermieter das nicht erlaubte. Jetzt können wir uns einen Hund anschaffen. Wir können Rasenschalter hinstellen. Ich kann meine Tomaten hinter dem Haus anpflanzen und muss nicht erst mit dem Fahrrad in die Kleingartenanlage fahren.“
Was symbolisiert das Haus, das Eigenheim für Sie persönlich?
Für mich ist es das Gefühl von Freiheit und Sicherheit. Es ist eben unsere Mission, möglichst vielen Menschen die Freiheit und Sicherheit der eigenen vier Wände zu ermöglichen. Auch das Gefühl der Geborgenheit. Ein Leben zu haben, wo man weiß: „Das ist unseres, das haben wir geschafft“, und stolz ist auf das, was man erreicht hat.
Sie haben Ihr Unternehmen 1997 gemeinsam mit Ihrer Frau gegründet. Wie schafft man es, gemeinsam als Ehepartner ein so herausforderndes Projekt zu starten? Wie haben Sie beschlossen, wer für was zuständig ist? Wie unterstützen Sie sich gegenseitig?
Das ist relativ einfach: Meine Frau ist mehr der „Zahlen-Daten-Fakten-Mensch“, macht Management und Personalrecht et cetera. Das ist nicht meins. Ich bin mehr der Motivator, der Kreative. Ich mache den Verkäuferaufbau, habe die Expansion nach vorne getrieben. Es war immer so, dass es sich verzahnt hat und wir relativ wenig tagsüber miteinander zu tun haben. Bis heute ist es so, dass jeder seinen Bereich hat, wir nicht den ganzen Tag aufeinanderhocken und dann abends auch noch. Wir sind zwei sehr unterschiedliche Typen, die sich gut ergänzt haben. Deswegen hat es funktioniert. Ich könnte mir nicht vorstellen, den ganzen Tag am gleichen Schreibtisch zu sitzen und dann abends den ganzen Salat noch einmal durchzukauen, weil man sich vielleicht bei einer Sache nicht einig war.
Wir sind jetzt 27 Jahre verheiratet. Ich denke, das sagt auch etwas aus. Natürlich kommt es manchmal zu Reibereien. Wenn tagsüber Dinge vorgefallen sind, bei denen wir mal nicht einer Meinung waren, wird es abends vielleicht zur Verstimmung kommen. Wir haben da aber einen guten Weg gefunden, indem wir gesagt haben: „Achtung, wenn du mit mir heute Abend zu Hause noch ein Thema besprechen möchtest, dann lass uns das lieber in der Firma tun, ob morgen früh oder noch heute Abend, lass uns das in der Firma abschließen, damit wir nachher heimfahren können.“ Diesen Weg haben wir für uns gefunden, damit wir verhindern, immer alles 24 Stunden mit uns herumzutragen.
Auch Ihr Sohn arbeitet im Familienunternehmen mit. Wie gelingt es Ihnen, das Lebenswerk, das man selbst geschaffen hat, an die nächste Generation weiterzugeben, sodass sie das Unternehmen ebenso wertschätzt?
Mein Sohn wollte eigentlich vor zwölf Jahren nicht ins Unternehmen, er hat Maschinenbauwirtschaftsingenieur studiert. Als jedoch 2008 die Finanzkrise im Maschinenbau war, gab es keine Einstellungen mehr. Wir haben dann ein Projekt aufgesetzt mit Partnergewinnungen für unser Franchise-System. Mein Sohn hat schnell gemerkt, dass es ihm Spaß macht. Er ist ein sehr offener Mensch, geht gerne auf Leute zu und hat gerne mit Kunden zu tun. So hat es sich relativ schnell abgezeichnet, dass er da gerne mehr machen würde und sich auch vorstellen kann, die Firma zu übernehmen, was wir auch Ende März geschafft haben: Die Firma haben wir an den neuen Geschäftsführer und meinen Sohn übergeben. Meine Frau und ich werden noch drei bis vier Jahre mitwirken, sofern sie unsere Hilfe brauchen.
Er hat also einfach die Freude an dem Wir-Gefühl, das es im Franchise-System gibt, entdeckt. Ein Franchise-Unternehmen ist doch eine andere Art von Unternehmen: Man arbeitet mit Selbstständigen zusammen. Es gibt eine Zentrale mit Mitarbeitern, aber du baust draußen deine echten direkten Kunden. Unsere Franchise-Partner sind bauende und verkaufende Franchise-Partner. Man hat immer motivierte Leute draußen. Sie arbeiten ja letztlich für ihr eigenes Geld. Mein Sohn hat schnell gemerkt, dass das eine anspruchsvolle Aufgabe ist, dass es aber auch ein Arbeiten mit Gleichgesinnten ist und alle an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung.
Sie haben auch Häuser für ein Burnout-Präventionscenter gebaut. Hier geben Sie Kurse für Manager und Führungskräfte und bieten Waldbaden an. Wie kam es dazu?
Ich bin selber in ein Burnout abgerutscht und hatte dann das Glück, die richtige Ärztin zu kennen, eine Freundin. Sie meinte zunächst: „Wir können es ambulant probieren, aber so, wie du drauf bist und wenn wir Donnerstag eine Therapiesitzung haben und du Freitag dann vor 500 Mann stehst und einen Vortrag hältst, so wird das nichts. Wir nehmen dich raus.“ Daraufhin bin ich für sechseinhalb Wochen in die Klinik gegangen. Ich dachte zu Beginn, es würden nur drei Wochen werden – so hatte sie mir das suggeriert. Als ich danach heimkam, dachte ich, dass ich wieder durchstarten könnte. Konnte ich nicht. Ich war noch einmal sechs Wochen zu Hause, dann noch einmal für ein Vierteljahr in Teilzeit, bis ich wieder einsatzfähig war. Ich habe mich dann gefragt, wie auch den Arzt in der Klinik damals, wie man hätte verhindern können, dass ein Unternehmer, der Menschen motiviert, Menschen in die Selbstständigkeit führt und tagaus, tagein gut gelaunt ist, so einen Abriss bekommt und einen Absturz hinlegt.
Wir hatten dann die Idee, Kurse anzubieten in der Natur, mit der Natur, wo Menschen zur Ruhe kommen können und wieder merken, dass es mehr gibt als nur Arbeit. Es hilft ungemein, sich wieder mit der Natur zu verbinden. In unseren Kursen bieten wir alles an: von Morgenmeditation bis hin zu Psychotherapeuten. Bei uns heißen diese Wochenseminare „Coaching“ und nicht „Burnout-Prophylaxe“, weil, sobald das Wort „Burnout“ fällt, alles vorbei ist. Dann kommt keiner, weil er denkt: „Ein Burnout gibt es bei mir nicht“ oder „Wenn ich ein Burnout habe, wird mich mein Chef nicht mehr befördern“. Ich versuche immer wieder, Unternehmern klarzumachen, dass sie in der Firma vorsichtig sein müssen und die ersten Symptome bei ihren Mitarbeitern ernst nehmen sollten.
Was sind die ersten Symptome?
In dem Moment, wo die Krankheitstage zunehmen, zum Beispiel. Wenn jemand plötzlich diffus zwei, drei Wochen krank ist, ausfällt und sich am Ende herausstellt, dass es kein Beinbruch war, keine Rückenprobleme, sondern psychischer Natur. Man muss dann wirklich selbst aktiv werden und am Arbeitsplatz etwas ändern, vielleicht Stunden reduzieren. Als Führungskraft sollte man merken, dass man den Mitarbeiter verlieren könnte, wenn man nicht auf ihn zugeht und ihm diese Möglichkeit gibt oder vielleicht auch therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Chefs müssen erst verstehen, dass es bei Burnout in der Regel nicht um die Arbeit geht. Es sind meist viel tieferliegende Dinge, die aus der Kindheit oder Jugend stammen, oder auch Probleme aus dem Privatleben. In der Arbeit können diese Dinge durch ein wenig Stress plötzlich an die Oberfläche kommen. Chefs denken sich dann, dass ihr Unternehmen Burnout fördert oder dass sie ihre Mitarbeiter nicht anständig behandeln und sie dadurch unglaublichen Stress haben und krank werden. Es gibt noch unglaublich viel Bedarf, bei den Personalabteilungen und Chefs durchzudringen und ihnen zu erklären, dass es günstiger kommt, dem Mitarbeiter eine Woche Leadership-Auszeit zu gönnen. Dort bekommt er dann Werkzeuge in die Hand wie Atem- und Meditationstechniken. Sobald er Stress aufsteigen spürt, kann er für zehn Minuten in den Nebenraum gehen oder in der Mittagspause ein paar Übungen machen. Er lernt, wie er besser damit umgehen kann und somit Krankheitstage verhindert werden können. Manche Leute kündigen auch, weil sie denken, sie schaffen es nicht mehr, denken, es läge an der Arbeit.
Ich merke, wenn ich ganz offen mit diesem Thema umgehe, kommen die Menschen auf mich zu, wenn sie in Not sind, und bitten mich um einen Termin, damit wir reden. Ich sehe dann, inwieweit sie gehen möchten, ob sie sich helfen lassen würden. Manchmal hilft auch schon das Gespräch. Zu einem „Leadership-Coaching“ schickt der Chef schon mal jemanden, aber zu einer „Auszeit“ sagt er dann plötzlich: „Deinen Urlaub bezahlst du selber.“ Es ist nicht einfach, Chefs auf „Auszeiten“ für Mitarbeiter anzusprechen, auch wenn sie nur drei bis fünf Tage dauern und wo sie Stressbewältigungsmaßnahmen lernen, weil Chefs sagen: „Bei uns gibt es keinen Stress. Wir gehen gut mit unseren Mitarbeitern um.“
Manchmal reichen drei Stunden aus, um etwas aufzudecken, das 40 Jahre zurückliegt. Nach diesen drei Stunden mit dem Profi ist das Problem gelöst und man hat es vorher das ganze Leben lang mit sich herumgetragen. Es müssen ja nicht einmal ganz schlimme Dinge sein, die monatelange oder jahrelange Therapie erfordern. Ganz oft sind es nur Kleinigkeiten wie Trauer, die man nicht verarbeitet hat, oder das Gefühl der Einsamkeit, weil die Mutter damals im Krankenhaus war und man sie als Kind nicht besuchen durfte. Es gibt so viele Kleinigkeiten, die dann mit dem Therapeuten relativ schnell behoben werden können. Wenn man zum praktischen Arzt geht, bekommt man bunte Pillen verschrieben und irgendwann ist man tablettenabhängig und das Theater geht erst richtig los. Deswegen ist es wichtig, dass man offen darüber spricht, dass man den Leuten die Angst nimmt, sich wirklich Hilfe zu holen, dass ein Psychotherapeut oder Psychiater auch nur ein Arzt ist wie ein Chirurg und die Heilung dann eben auf einer anderen Ebene stattfindet. Es braucht noch ein paar mehr Unternehmer, die offen darüber reden. Ich halte sehr viele Vorträge über das Thema, bin jetzt wieder beim Franchise-System in München eingeladen, wo ich meine Geschichte erzählen werde. Danach kommen meist ganz viele Männer auf mich zu und fragen, ob sie mich anrufen könnten. Sie trauen sich nicht, in der Öffentlichkeit danach zu fragen oder zu sagen, wie es ihnen geht. Das ist schade.
Bei Männern ist die Überwindung wohl eine viel größere …
Frauen holen sich schneller Hilfe. Sie merken früher, dass es nicht mehr geht.
Wie hat sich das Burnout bei Ihnen angebahnt?
Es war 2014. Ich ging von der Bühne runter und in den Urlaub. Zwei Wochen konnte ich nicht mehr schlafen, ich meine nicht nur schlecht schlafen, sondern ich konnte tatsächlich gar nicht mehr schlafen, habe nur gezittert, bin aggressiv geworden. Der Postler musste nur „Guten Tag“ zu mir sagen, schon wurde ich aggressiv. Es war wie ein Angriff. Ich konnte nicht mehr auseinanderhalten, wer es gut mit mir meint und wer nicht. Alle waren Feinde. Im Nachgang wusste ich dann, dass sich dieser Zustand bei mir schon 2012/2013 angekündigt hatte – mit nicht einschlafen können, nicht durchschlafen können, das Aggressionspotenzial, das gestiegen ist. Projekte, die ich im Kopf hatte, wurden plötzlich von den anderen torpediert. Sie meinten, ich bräuchte Hilfe, sollte nicht in die falsche Richtung gehen. Das blendete ich aber alles aus. In dem Moment, in dem man in ein Burnout abrutscht, befindet man sich wie in einem Tunnel. Man möchte seinen Job noch machen, will überleben. Links und rechts ist man aber für jegliche Ansprache, für jegliche Kritik oder Hilfeleistung nicht mehr offen.
Bei vielen kommen dann noch Schmerzen hinzu: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Tinnitus. Ich kann mittlerweile sagen, dass ich froh bin, den Burnout gehabt zu haben, weil ich nun viel bewusster und achtsamer in meinem Leben bin. Es hätte auch ein Hirnschlag oder Herzinfarkt sein können. Mittlerweile gebe ich Seminare, gehe anschließend mit den Leuten drei Stunden in den Wald und lasse ihnen dort die Burnout-Prophylaxe angedeihen, ohne dass ich es vorher als solche ankündige.
Was kann man sich darunter vorstellen, wenn Sie mit den Teilnehmern in den Wald gehen? Was passiert da genau?
Ich bin inzwischen auch „Guide für Naturerleben und Waldbaden“ (mit der IHK), bilde da Menschen aus und habe die „Hainich Shinrin-Yoku-Methode“ entwickelt: eine Methode, wo ich nicht nur Waldbaden gestalte, sondern auch den Menschen wieder die Liebe zur Natur nahebringe. Wenn wir in den naturnahen Weide-Nationalpark Hainich gehen, erleben die Menschen wieder mit allen Sinnen die Natur. Sie sehen die unterschiedlichen Bäume, fühlen die unterschiedlichen Rinden, schmecken eine Brennnessel, die sie vorher pflücken, ohne sich zu verbrennen. Damit können sie zur Ruhe kommen. Die Menschen haben verlernt, wie gut ihnen die Natur tut.
Gestern war ich im Rahmen eines Assistententrainings mit einer Gruppe von neuen Leuten von Town & Country im Wald. Ich habe sie gefragt: „Wann wart ihr das letzte Mal bei einem Baum oder in Ruhe und habt an nichts gedacht, nur auf die Natur gehört?“ Niemand konnte sich daran erinnern, wann es das letzte Mal war. Das sind die Dinge, die ich den Leuten dann zusätzlich zu dem Input, das Town & Country schult, beibringe: das Bewusstsein, dass die Natur heilt und „Dr. Wald“ keine Rechnung schreibt. Sie gehen nach drei Tagen Schulung heim, nicht nur mit Knowhow-Transfer aus der Firma, sondern auch mit Dingen, die ihrem Leben guttun. Nach drei Monaten bekomme ich E-Mails von Menschen, die sagen, dass sich ihr Leben verändert habe. Einer meinte einmal, er habe einen Wald gefunden, der 800 Meter von seinem Haus entfernt sei, wo er seit 30 Jahren wohne und den er vorher nie beachtet habe. Er gehe dort jetzt jeden Abend spazieren.
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