Vater der Nachmittagstalkshow: Hans Meiser mit 77 Jahren gestorben
Aus dem Nachmittagsprogramm der 90er Jahre war er nicht wegzudenken. Wie am Montag bekannt wurde, ist der Journalist und Moderator im Alter von 77 Jahren gestorben. Der von ihm mitgegründete Radiosender Wellenrausch teilte im schleswig-holsteinischen Lübeck mit, dass Meiser unerwartet einem Herzversagen erlegen sei.
Geboren wurde Meiser am 20. August 1946 im niedersächsischen Bad Rothenfelde. Seine Karriere begann, wo sie endete: beim Radio. Zunächst arbeitete er beim Südwestfunk in Baden-Baden. 1971 wechselte Meiser als Nachrichtenredakteur zu Radio Luxemburg, für das er ein Europamagazin entwickelte. Außerdem moderierte er das Unterhaltungsprogramm „Hans im Glück“.
Ab dann ging es für Meiser, dem bald der Ruf eines Workaholics anhaftete, steil bergauf. Bereits 1984 stieg er zu einem der Hauptverantwortlichen für die Programmentwicklung des neuen Senders RTL Plus, dem Vorläufer von RTL, auf. Nach dem Vorbild von US-Nachrichtenformaten moderierte er als Anchorman die RTL-Nachrichten.
Aus dieser Zeit stammt auch sein wohl umstrittenstes Interview. Als das Gladbecker Geiseldrama im August 1988 gerade seinen Anfang nahm, rief Meiser in der Bankfiliale an, in der die beiden Haupttäter zwei Angestellte als Geiseln hielten. „Wer sind Sie denn bitte?“, fragte Meiser höflich, als der Hörer abgehoben wurde. „Na, wer wohl? Der Bankräuber“, erwiderte der Geiselnehmer Dieter Degowski. Für den nur wenige Sekunden langen Anruf erntete Meiser im Nachhinein viel Kritik.
Dennoch gelang ihm wenig später der endgültige Durchbruch. 1992 übernahm er zuerst die Moderation der Rettungssendung „Notruf“ und bekam dann seine eigene Nachmittagstalkshow „Hans Meiser“. Beide Formate entwickelten sich zu Quotenhits. Mit „kleinen Leuten“ sprach Meiser über umso größere Themen.
In seine Sendung kamen bekennende Scientologen, Angehörige von Alkoholabhängigen und Menschen, die glaubten, mit Toten sprechen zu können. Meisers Gäste stammten aus allen Teilen der Gesellschaft. Sie verdienten ihr Geld als Elektroinstallateure, Pfarrer oder Psychotherapeuten.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ attestierte Meiser damals, bei ihm zuweilen mehr über die deutsche Wirklichkeit zu erfahren „als in gutgemeinten Sozialreportagen“. Für die Sendung erhielten Meiser und sein Team unter anderem eine Goldene Kamera und einen Bambi.
Gegen Ende des Jahrtausends musste Meiser herbe Quotenverluste verschmerzen. 1998 verlor er innerhalb eines Jahres rund 660.000 Zuschauer. Der Sender reagierte und zog 2001 die Reißleine. Am 17. Januar 2001 trat Meiser zum letzten Mal live auf. Danach war Schluss – nach 1700 Talks und rund 14.000 Gästen.
Nach einigen weniger erfolgreichen Sendungen in den darauffolgenden Jahren verlängerte RTL seinen Vertrag mit Meiser im Jahr 2010 nicht mehr. Noch neun Jahre später zeigte Meiser sich darüber verärgert. „Ich habe nie ein Danke bekommen – das ist einfach kein Benehmen“, sagte er 2019 dem „Focus“.
Nach 2010 war der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn nur noch gelegentlich im Fernsehen zu sehen. Ab 2015 gab er im „Neo Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann einen Wutbürger. Doch 2017 beendete die Produktionsfirma die Zusammenarbeit mit Meiser, als bekannt wurde, dass er für ein verschwörungsideologisches Portal arbeitete. Meiser wies Verschwörungsvorwürfe zurück.
Danach wurde es ruhiger um ihn. Privat fand er noch einmal ein neues Glück: Wie er 2019 der „Bild“-Zeitung sagte, hatte er kurz zuvor seine dritte Frau Angelika geheiratet und war mit ihr an die Ostsee gezogen. Doch Rentner wollte er nicht sein.
Stattdessen kümmerte er sich „vom ersten Tag an leidenschaftlich um den Aufbau unseres Senders“, wie Radio Wellenrausch mitteilte. „Ich würde liebend gerne wieder Radio machen“, sagte Meiser 2020 dem Portal „t-online“. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Erst vor einer Woche startete der neue Sender offiziell. Nun musste er den Tod dieses „großartigen Manns“ verkünden. (afp)
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