Tunesien: „Star Wars“-Kulisse soll vor Verfall geschützt werden – mit deutscher Hilfe
„Hier hat alles angefangen“, sagt Abdou Ameur. „Hier ist das Haus, in dem Luke Skywalker groß geworden ist.“ Ein niedriger Kuppelbau, einem Iglu gleich, steht einsam und verlassen inmitten eines ausgetrockneten Salzsees.
Der Wind peitscht feinen Sand durch das riesige Becken, Salzkristalle knirschen unter den Füßen. Im Film stehen zwei Sonnen über dem Haus, im echten Leben reicht schon eine, um die Temperaturen weit über 40 Grad steigen zu lassen. Abdou Ameur ist der Leiter des kleinen „Star Wars“-Fanclubs in Tunesien. Er ist fasziniert von der Sternensaga, die 1976 unter anderem in Tunesien ihren Anfang genommen hat.
Als damals der junge Regisseur George Lucas auf der Suche nach einem unwirtlichen Wüstenplaneten für sein neues Filmprojekt ist, wird er am Rand der Sahara fündig. Die Gegend ist so heiß und wüst, dass er seinem neuen Planeten kurzerhand den tunesischen Namen der Region verpasst: Tataooine.
An mehreren Orten beginnt er mit den Dreharbeiten: Das Haus von Filmheld Luke Skywalker, der Canyon, in dem dessen Vater Anakin mit seinem futuristischen Flitzer Rennen fuhr, oder der Weltraumbahnhof Mos Espa, in dem es nur so von außerirdischen Banditen wimmelt. An mehr als einem Dutzend Orten wurde „Star Wars“ in Tunesien gedreht.
Heute liegen die Hüttchen aus Pappmaché, Gips und Holzlatten verlassen in der Wüste, nördlich der Oasenstadt Tozeur. Die Filmcrews kamen 1998 zurück nach Tunesien, als sie die neuen Episoden der „Star Wars“-Saga drehten.
Jetzt haben hier ein paar Beduinen ihre Tische in den Sand gestellt und warten auf Touristen. „Ich hab die Filme nie gesehen“, sagt ein junger Beduine. „Aber du kannst gerne mit dem Kamel reiten.“
Nur wenige Touristen verirren sich derzeit nach Südtunesien. Die, die überhaupt ins Land kommen, legen sich im Norden an den Strand. Mehr als 400 Kilometer weiter südlich scheint das Land wie ausgestorben. Perfekt für einen Film, schlecht für die Menschen.
„Wir müssen es schaffen, dass alle Menschen hier in der Gegend von den Kulissen profitieren und sie auch als ihr Erbe ansehen“, sagt Nabil Gasmi. Mit seiner regionalen Tourismusorganisation CDTOS versucht er, die Kulissen vor dem Verfall und dem Vergessen zu retten.
„Es gab Leute, die haben hier Graffiti gesprüht, oder sie verkaufen hier Dinge, die nichts mit „Star Wars“ zu tun haben.“ Auf alten Fotos, die Nabil Gasmi gemacht hat, sind Teile der Kulissen eingestürzt und unter meterhohem Sand begraben.
Vor gut zwei Jahren riefen Gasmi und andere dazu auf, die Drehkulissen zu retten. Eine riesige Wanderdüne hatte sich über das Filmset von Mos Espa gelegt. Mit internationaler Hilfe – unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) – wurden die Kulissen wieder freigelegt und 40.000 Tonnen Sand in sichere Entfernung gebracht. Auch andere Filme wurden in Tunesien gedreht: „Der englische Patient“ etwa oder „Indiana Jones“. Aber so präsent wie „Star Wars“ ist kein anderer Film.
Gasmi träumt davon, die berühmten Drehorte zu einem Touristenmagneten auszubauen: Mit Kiosk, Museum, Filmvorführungen, Festivals. Außerdem sollen die Leute der Region an dem Projekt teilhaben und dort Arbeit finden. Gerade die Jugendarbeitslosigkeit ist am Nordrand der Sahara besonders hoch.
„Das ist gelebte Demokratie in der Region“, sagt Tobias Seiberlich, der das Projekt von deutscher Seite aus unterstützt. „Das sind ja keine Bauwerke gewesen, die für die Ewigkeit gedacht waren.“ Dennoch versuche man jetzt, eine Wirtschaftsdynamik um die Filmdrehorte zu schaffen. Vor allem asiatische Touristen, die bislang noch gar nicht von einem Urlaub in Tunesien angesprochen würden, könnten in die Wüste fliegen, um „Star Wars“ zu huldigen.
Auch wenn die neueren Filme mittlerweile in den Vereinigten Arabischen Emiraten gedreht wurden, ist auch der GIZ-Experte von der Faszination „Star Wars“ in Tunesien gepackt: „Die alten Filme haben einen anderen Charakter“, sagt Seiberlich. „Für Nostalgiker bleibt Tunesien der Ursprungsort.“ (dpa)
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