Traditionelle Musik und Töne aus Tibet
Epoch Times: Wie war es für Sie als Tibeter in die westliche Welt zu kommen?
Loten Namling: Am Anfang ein Kulturschock (lacht). Zivilisiert, schnelle Entwicklung in vielen Bereichen, in der Wissenschaft, Technik und so weiter. Bis ich mich daran gewöhnt hatte, das hatte ungefähr zehn Jahre gedauert (lautes Lachen). Ich bin sehr hartnäckig und natürlich auch kulturell geprägt. Ich habe immer versucht, meine Wurzeln zu behalten.
Epoch Times: Fühlen Sie sich als Tibeter oder als Schweizer?
Namling: Ich bin immer noch sehr hartnäckig, ich fühle mich viel wohler als früher. Es gibt viele Menschen, die über Integration sprechen. Für mich ist Integration nicht, Schweizer oder Deutscher zu sein. Sondern geben, was ich von meiner Kultur habe und das Beste im neuen Land zu bekommen. Also, ich versuche einen Austausch zu haben. Für mich heißt Integration geben und nehmen. Aber so bleiben, wie man ist.
Epoch Times: Wie kamen Sie dazu, Musik zu machen?
Namling: Ich war ungefähr acht oder neun Jahre. Ich saß oben bei der Treppe unseres Hauses und sah die wunderschöne Landschaft in Indien. Man sieht dort ganz weit, und plötzlich habe ich gesungen. Ich fühlte mich so wohl und es war so schön. Und am nächsten Morgen, die Nachbarn, zirka 500 Meter weiter vom Haus, haben gemeint, ich hätte so schön und laut gesungen – ich habe gar nicht laut gesungen.
Mit 16 Jahren habe ich angefangen – meine Mutter hatte mir eine Laute gegeben, meine Mutter hat es mir anfangs gezeigt darauf zu spielen, bis ich eine Lehrerin hatte. Seit jetzt 20 Jahren versuche ich, in der Schweiz mit der Musik zu leben, als Profi. Ich dachte meine Kultur zu behalten heißt nicht, auf der Bühne zu sein, sondern es zu leben. Einfach auf Festen mit großer Freude das Spielen beizubehalten. Dann haben die Leute gesagt, du singst so schön, geh doch mal auf die Bühne.
Mein Ziel war nicht, Musiker zu werden. Aber das Singen war für mich schon immer ein wunderschöner Moment. Ich habe ein Projekt, das sich Tibet Blues nennt. Seitdem ich in der Schweiz bin, habe ich immer wieder versucht, mit westlichen Musikern zusammenzuarbeiten. So entstand auch das Projekt Tibet Blues. Kürzlich war ich in Kennedy, wo ich jetzt zum zehnten Mal vor dem Dalai Lama auftrat. Ich habe auch viele Blues-Musiker getroffen. Meine Message ist auch politisch, einfach die Wahrheit und keine Werbung, ich möchte das Leiden der Tibeter aufzeigen. Allerdings bin ich kein Geschäftsmann, bis jetzt habe ich nur zwei CDs gemacht, in 30 Jahren. Tibeter sind eigentlich ein Volk mit viel Musik, wir sind Liebhaber von Musik. Wenn wir Häuser bauen, haben wir Lieder, wenn wir auf dem Feld arbeiten, haben wir auch unsere Lieder. Wenn es irgendein Fest gibt, kommen alle und singen. Das ist eigentlich die tibetische Kultur. Und ich habe Angst, dass die junge Generation dies vergisst.
Die Jungen sind sehr modern, auch in Tibet durch den chinesischen Einfluss. Auch in Indien oder Europa – sie vergessen das. Niemand hat heute auch noch Zeit für solche Dinge. Man arbeitet und geht heim. Ich habe das zum Glück als Kind gesehen und erkannt.
Epoch Times: Wie heißen die Instrumente, die Sie spielen?
Namling: Mit der Gitarre bin ich ein Neuling. Ich wünschte mir immer Gitarre zu spielen, da diese sechs Seiten hat. Und meine Laute hat nur drei Doppelseiten. Das ist eine sehr alte tibetische Laute, sie heißt Dranyen, ein Volksinstrument. Ich liebe sie, weil sie über hundert Jahre nicht weiter entwickelt wurde, sie ist so geblieben wie sie ist. Im Westen gab es die Renaissance und es gab sehr viele Phasen, aber bei uns hat sich die Musik nicht so sehr entwickelt. Wir hatten auch kein Notensystem, es wurde von Mund zu Mund überliefert.
Epoch Times: Sie sprachen darüber, dass die Tradition allmählich verloren geht. Was würden Sie der heutigen Jugend mitgeben, ihr ans Herz legen?
Namling: Natürlich, die Zeit ist anders. Es gibt so viele Dinge, die man sehen kann – so viele Reize. Ich finde das Wichtige für die jungen Menschen heute ist, zu versuchen, die Gelassenheit zu bewahren. Als Buddhist sage ich, es ist wichtig, das Mitgefühl zu kultivieren, zu anderen Menschen und Tieren. Wenn man dieses Mitgefühl wirklich kultiviert und dieses dann vielen anderen Lebewesen geben kann, bekommt man viele schöne Dinge zurück, wie ein Lachen, eine Dankbarkeit.
Ich denke auch, sich Zeit zu nehmen ist wichtig. Den Moment zu leben. Wenn man sich also bewusst ist, über etwas, kann man auch etwas dagegen tun und seine Weisheit nutzen.
Epoch Times: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Caroline Chen
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