„Story Telling“ im Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg

Das Fugger und Welser Erlebnismuseum hat jedes Jahr ein Themenjahr, in diesem Jahr ist es die europäische Fuggerstraße. In diesem Museum ist alles etwas anders als gewohnt, es werden interaktiv "Geschichten erzählt" und erlebt.
Titelbild
Das Fugger und Welser Erlebnismuseum in Augsburg.Foto: Rudolf Morbitzer

Seit September 2014 ist die Stadt Augsburg um ein Museum reicher: das „Fugger und Welser Erlebnismuseum“ im ehemaligen Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen 23. Die Museumsleiterin Wiebke Schreier berichtet über die Entstehung des Museums:

Früher fanden Besucher, die nach Augsburg kamen, wunderbare Bauwerke und auch Museen vor, z.B. das Rathaus mit dem Goldenen Saal, das Maximilianmuseum, den Stadtpalast der Fugger und die Fuggerei, die sie sich anschauen konnten. Was jedoch keinen Raum hatte, waren Erzählungen über die Geschichte Augsburgs im früher 16. Jahrhundert. Damals hatte Augsburg durch die vielen Patrizier und Kaufleute einen enorm hohen Stellenwert in Vergleich mit anderen Städten.

Diese Patrizier und Kaufleute erlebten mit ihren Firmen einen ungeheuren Aufschwung und perfektionierten mit Spitzenleuten wie Jakob Fugger, der den Beinamen „der Reiche“ trug, und Bartholomäus V. Welser das Handels- und Wirtschaftssystem, das aus Italien kam. Damals brachte unser Geschäftsführer, Götz Beck, die Idee eines neuen Museumskonzepts ins Spiel, das aus dem amerikanischen Bereich kam und welches das betreibt, was man „Story Telling“, also Geschichten erzählen, nennt.“

Foto vom Exponat eines alten Schiffes Foto: Helene Walterskirchen

Wer sich näher mit dem Konzept des „Erlebnismuseums“ befasst, wird erfahren, dass es vom klassischen Museumskonzept abweicht, in dem das Erlernen nicht mehr ausschließlich über Texttafeln erfolgt, sondern durch Inhaltevermittlung und ganzheitliches Erlebnis. Die Wissensvermittlung geschieht primär durch Interaktivität und Multimedialität, jedoch können dabei auch Exponate und Texttafeln miteingebunden sein. Da das Wieselhaus ein relativ kleines Gebäude ist und nicht über die klimatischen Bedingungen verfügt, historische Exponate auszustellen, konzentriert sich die gesamte Ausstellung auf die Wissensvermittlung über verschiedenste digitale Medien, verbunden mit klassischen Texttafeln.

Südamerikaraum im Fugger und Welser-Museum Foto: Norbert Liesz

Wiebke Schreier, gebürtige Norddeutsche, die seit vielen Jahren in ihrer Wahlheimatstadt Augsburg lebt, berichtet fast schwärmerisch über den Aufbau des „Fugger und Welser Erlebnismuseums“, den sie hautnah miterlebte:

„Es war eine sehr intensive, aber auch schöne Zeit, in der unser Aufbauteam tief in die Fugger- und Welser-Geschichte einstieg und immer wieder neue Ecken entdeckte, die uns die Bedeutung dieser beiden Familienunternehmen in einer Zeit des Umbruchs bewusst machte. Es lag uns am Herzen, diese Zeit von damals zum Leben zu erwecken und in ein vernetztes Miteinander zu bringen, um so Geschichtliches zu den Menschen von heute zu bringen.“

Wiebke Schreier ist nicht nur Leiterin des Fugger und Welser Erlebnismuseums, sondern auch Museumspädagogin. Ihr Steckenpferd ist, wie sie selbst sagt, die Vermittlungsarbeit. „Ich entwickle Workshops oder Führungen mit wechselnden Schwerpunkten, insbesondere für Schulen.

Es macht mir Spaß, die Kinder in den Workshops aus der Reserve zu locken und sie ins Denken und Reflektieren zu bringen über Themen wie: ‚Wie wurden früher Geschäfte gemacht?‘ oder: ‚Was veranlasste Luther zu seiner Kritik an den Kaufleuten?‘ oder: ‚Was bedeutet Gold für uns und wie wird es heute in der Industrie bei der Herstellung von Produkten eingesetzt?“ In diesen Workshops dürfen die Schüler dann auch Rollen von damals übernehmen und so am eigenen Leib erleben, was es heißt „reich“ oder „arm“, „Frau“ oder „Mann“ zu sein, in einer Zeit, in der andere gesellschaftliche Regeln galten als heute.“

Das Fugger und Welser-Erlebnismuseum hat jedes Jahr ein Themenjahr, beispielsweise war es 2017 die Reformation, in diesem Jahr, 2018, ist es der Augsburger Reichstag 1518, und im nächsten Jahr wird es Kaiser Maximilian sein. Es wird dann jeweils die Geschichte der Fugger und Welser damit in Verbindung gesetzt und so ihr Einfluss und Mitwirken aufgezeigt.

Im Keller wird ein Bergwerk simuliert, da die Fugger und Welser auch im Bergbau sehr aktiv waren. Foto: Helene Walterskirchen

Wiebke Schreier: „Unser Team ist stets bemüht, sich Gedanken darüber zu machen, welche Themen wir in Bewegung setzen wollen – auch über die Ausstellung hinaus. Aus der Geschichte kann man vieles erkennen und auch lernen. Geschichte bedeutet Verbindung mit unseren Wurzeln und sollte uns dazu anregen, darüber zu reflektieren. Ohne Geschichte sind wir heimatlos und nicht angekommen.“

Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen der Europäischen Fuggerstraße: Um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, werden sich über das Jahr hinweg alle Partnerstädte – darunter Schwaz in Tirol und Sterzin in Südtirol – im Fugger-und-Welser-Erlebnismuseum mit Vorträgen präsentieren. Neben den Überblicksführungen „Von Handel, Geld und Macht“ sowie „Die Frauen der Fugger und Welser“ werden einmal im Monat wechselnde Themenführungen zu den Fuggern und Welsern in ihrer Zeit angeboten.

Man spürt, dass es Wiebke Schreier und ihrer engagierten Stellvertreterin, Katharina Dehner, nicht nur darum geht, den Besuchern des Museums die Fugger- und Welser-Kulturgeschichte zu vermitteln, sondern ihnen auch bewusst zu machen, welchen Stellenwert die Stadt Augsburg zur damaligen Zeit hatte.

Gerade die heutigen Bewohner der Stadt Augsburg und des Landkreises dürfen ihrer Ansicht nach darauf stolz sein, in einer einst so herausragenden Kultur-Metropole zu leben. Mit der Museumsarbeit will das Erlebnismuseum das Selbstbewusstsein von Stadt und Bewohnern stärken und freut sich darüber, dass bis jetzt ca. 75.000 Besucher gekommen sind – eine Zahl, die zeigt, dass das neue Konzept gut bei den Menschen ankommt.

Museumsleiterin Wiebke Schreier. Foto: Helene Walterskirchen

Auf meine Frage, wie die Besucher auf die Erfolgsgeschichten von Bartholomäus V. Welser und Jakob Fugger reagieren, antwortet Wiebke Schreier:

„Da gibt es meist viel Bewunderung und auch Begeisterung, z.B. darüber, mit welch einfachen Methoden damals gesegelt wurde oder wie Menschen mit schweren Zeiten umgegangen sind und doch viel bewegt haben. Auch der enorme Reichtum, über den beide Familien verfügten, beeindruckt, insbesondere im Verhältnis gesehen, dass beispielsweise das Jahreseinkommen einer Magd einen oder maximal zwei Gulden, also Goldstücke, betrug, während die Welser und Fugger 850.000 Gulden als Kredit für die Kaiserwahl zur Verfügung stellten, damit die Kurfürsten den ‚richtigen‘ Kaiser wählten.“

Museen im Wandel der Zeit – vom Verwahrungsmuseum zur Rettung eines historischen Gutes hin zum virtuellen Museum, in dem Geschichte lebendig gestaltet wird, um darüber zu reflektieren oder daraus zu lernen, spielerisch versteht sich. Ideal, so Wiebke Schreier, wäre eine Kombination von beidem.

Auch Museen müssen sich der Zeit anpassen und so sitzen sie und ihr Team immer wieder zusammen, um neue, ansprechende Ideen zu finden und diese umzusetzen. Dabei dreht sich alles um die Zeit der Fugger und Welser, um Bartholomäus V. Welser und um Jakob Fugger, die heute in Form einer Multi-Media-Show als Hologramm im Fugger und Welser Erlebnismuseum über ihren Tod hinaus weiterleben.

Fugger und Welser Erlebnismuseum
Äußeres Pfaffengässchen 23
86152 Augsburg
Tel: 0821-45097821
www.fugger-und-welser-museum.de
[email protected]

Zuerst erschienen im KULTUR MAGAZIN Schloss Rudolfshausen



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