Patrice Chéreaus „Elektra“ Inszenierung in der Staatsoper Berlin
Am Ende schließt sich der Kreis der Gewalt: Elektra bricht zusammen, dort liegen schon erdolcht ihre Mutter Klytämnestra und der Geliebte Aegisth – Richard Strauss‘ Oper „Elektra“ ist ein einziger Rausch aus Wahn und Rachegelüsten.
Drei Jahre nach dem Tod von Patrice Chéreau zeigt die Berliner Staatsoper jetzt seine letzte Inszenierung, ein nachgezogene Verneigung vor dem 2013 gestorbenen französischen Meisterregisseur.
Das Publikum, darunter Kanzlerin Angela Merkel und ihr Mann Joachim Sauer, erlebt aber im Schiller Theater keinen mythischen Opernstoff, sondern ein Familien-Psychodrama, dem sich die Darsteller mit Haut und Haaren verschreiben.
„Zweifellos der beste Regisseur“, hatte Intendant Jürgen Flimm dem Publikum über Chéreau mit auf den Weg gegeben. Der Franzose, Regisseur des Bayreuther „Jahrhundertrings“ von 1976, hatte in Berlin mit den Proben für diese „Elektra“ begonnen. Die nachgezogene Premiere mit Chéreaus Freund Daniel Barenboim am Dirigentenpult ist so etwas wie eine Heimkehr. Wenige Monate nach den Aufführungen beim Festival in Aix-en-Provence war Chéreau mit 68 Jahren an Krebs gestorben. Mittlerweile wurde die Inszenierung in Mailand, New York und Helsinki gezeigt, im Dezember geht sie nach Barcelona.
Nur angedeutet hat Richard Peduzzi, Chéreaus langjähriger Bühnenbildner, den Palast von Mykene. Auf engem Raum nimmt hier die Tragödie ihren Lauf, die Librettist Hugo von Hofmannsthal nach einem Drama des griechischen Dichter Sophokles verfasste. Elektra wartet auf ihren Bruder Orest. Er soll den Tod des Vaters rächen. Denn Agamemnon wurde nach seiner Rückkehr vom Trojanischen Krieg von seiner Frau Klytämnestra und ihrem Geliebten Aegisth erschlagen.
Wie besessen zetert Elektra gegen Klytämnestra, sehnt sich nach ihrem toten Vater, versucht ihre zweifelnde Schwester Chrysothemis zum Muttermord auf ihre Seite zu ziehen – vergeblich. Am Ende wird es der zurückkehrende und totgeglaubte Bruder Orest richten. Auch Elektra wird dem Wahnsinn erliegen – aus der Spirale der Gewalt gibt es kein Entkommen.
Mit Evelyn Herlitzius in der Titelpartie, Adrianne Pieczonka als ihre Schwester Chrysothemis und Waltraud Meier als Klytämnestra treten in Berlin drei Protagonistinnen der Originalbesetzung auf. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch. Herlitzius nimmt im Laufe des zweistündigen Abends Fahrt auf, steigert sich in ihre Rolle hinein, verausgabt sich körperlich, bis sie am Ende zusammenbricht. Diese zunächst um Liebe flehende Elektra, die sich an die Mutter klammert, um dann doch von ihr zurückgewiesen zu werden, ist ein Ereignis.
Michael Volle als Orest tritt als Vollstrecker des Geschwisterwillens mit unerbittlicher Intensität auf. In einer Nebenrolle singt die weltbekannte Sopranistin Cheryl Studer, die 1989 als Chrysothemis bei den Salzburger Festspielen debütiert hatte.
Daniel Barenboim hat das riesige Orchester fest im Griff. Mit viel Feingefühl und Detailliebe, manchmal bis an die Grenze des Hörbaren, führt er die Staatskapelle Berlin, drängt sich nicht vor, lässt den Sängern viel Raum zur Entfaltung. Das Publikum bedankte sich mit Ovationen. (dpa)
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