Mit weniger zufrieden sein
Ich bin immer gerne einkaufen gegangen, sogar sehr gerne. Ganze Samstage lang war ich unterwegs von einem Geschäft ins nächste.Auf der Suche nach dem neuesten Modetrend oder schicken Wohnaccessoires gab ich nicht selten mehr Geld aus, als mein Budget es erlaubte, und sprengte obendrein oft auch meinen Zeitplan. Allein schon das Umtauschen oder die Rückgabe von Fehlkäufen nahm nochmals viel Zeit in Anspruch. Das entstandene Glücksgefühl beim Kauf von Dingen war immer nur von kurzer Dauer, manchmal sogar gefolgt von Bedauern. Je mehr ich kaufte, desto mehr wollte ich haben. Es war wie ein Fass ohne Boden.
Die Gefahr, immer mehr haben zu wollen
„Wir sind am unglücklichsten, wenn wir mit dem, was wir haben, unzufrieden sind und beschließen, dass wir mehr haben wollen“, so der promovierte Psychologe Steve Taylor in „Psychology Today“.
Wenn wir das Gefühl haben, dass wir mehr kaufen, mehr verdienen, ein besseres Auto oder ein größeres Haus haben sollten, oder wenn wir meinen, dass unser Job oder sogar unser Ehepartner nicht gut genug ist, machen wir uns selbst unglücklich, so Taylor.
Mehr zu wollen, schafft Unzufriedenheit mit unserem Leben und führt oft zu Frustration, wenn wir unsere Wünsche nicht befriedigen können.
Der Wunsch nach mehr kann dazu führen, dass wir neidisch, nachtragend, wütend, deprimiert und ängstlich werden. Wir glauben, das Leben sei nicht fair. Es kann zu Gier führen, zu dem Wunsch, andere zu übertreffen, und zum Verlust von Ethik. Der Wunsch nach mehr kann zu impulsivem Handeln führen und andere verletzen, wenn wir für etwas kämpfen, das uns eigentlich nicht zusteht. Daraus entsteht dann eine starke Anhaftung an Besitztümer. Die derzeit vorherrschende Kultur, auf alles einen Anspruch haben zu wollen, wird durch diese Art des Denkens genährt.
Eines der Hauptziele im Buddhismus besteht darin, die Begierde oder das Verlangen abzulegen, weil darin die Wurzel allen menschlichen Leidens zu finden sei. Es wird gesagt, wenn man das verwirklicht hat, erkennt man eine Wahrheit des Universums.
Trotzdem neigen wir dazu, immer mehr haben zu wollen. Einer Umfrage zufolge verbringen Frauen durchschnittlich fast 400 Stunden pro Jahr mit Einkaufen, was etwa achteinhalb Lebensjahren entspricht. Dessen ungeachtet tragen aber die meisten von uns 80 Prozent der Zeit die gleichen 20 Prozent der Kleidung, die man besitzt.
Was ist es nun, das uns dazu bringt, immer mehr haben zu wollen?
Was die Psychologie dazu sagt
Denken Sie mal an Ihre letzte Einkaufserrungenschaft. Erst war es spannend, das Ding zu haben, aber schon nach kurzer Zeit geht für die meisten von uns der Reiz verloren
Psychologen bezeichnen dies als Gewöhnungseffekt. Dann wollen wir das nächste neue Ding, und die Spirale dreht sich munter weiter – abwärts.
Die Befriedigung unserer Wünsche lässt weitere Wünsche aufkommen. Auch wenn wir glauben, dass wir eines Tages zufrieden sein werden, so geschieht das nur selten. Denn wahre Zufriedenheit kann nicht aus dem Mehr-haben-wollen heraus entstehen.
Unsere auf Konsum ausgerichtete Kultur verleitet uns dazu, ständig mehr haben zu wollen. Werbung und Marketing haben sich darauf spezialisiert, diese Kultur zu stärken.
Unsere eigenen mentalen Fallstricke unterstützen diesen Trend zusätzlich.
James Clear, Autor und Gründer der „The Habits Academy“, beschreibt eine dieser Fallen, bekannt als „Diderot-Effekt“.
Denis Diderot war im 17. Jahrhundert ein erfolgloser französischer Philosoph. Durch die Hilfe der russischen Zarin Katharina der Großen aus seiner finanziellen Notlage befreit, nutzte Diderot einen Teil seines neuen Reichtums, um sich eine wunderschöne scharlachrote Robe zu kaufen. Doch sein Glück währte nicht lange. Warf er einen Blick auf seine anderen Sachen, so sahen sie im Vergleich zu der Schönheit des neuen Gewandes armselig aus. Unzufrieden mit dem, was er hatte, verspürte er den Drang, weitere schöne Dinge zu kaufen. Bald stellte er fest, dass sein nicht enden wollendes Verlangen ihm keine Erfüllung brachte.
„Der Diderot-Effekt gründet darin, dass oft eine Konsumspirale in Gang gesetzt wird, sobald man einen neuen Besitz erlangt hat, was dazu führt, noch mehr neue Dinge zu kaufen. Plötzlich kauft man dann Sachen, die man zuvor nicht gebraucht hat, um sich glücklich und erfüllt zu fühlen“, so Clear.
Wir kaufen aus vielen Gründen ein. Es ist wie eine Art „Shopping-Therapie“: in dem Glauben, dass der Kauf Glück oder Sicherheit bringt, aus einem emotionalen Bewältigungs- oder Vermeidungsmechanismus heraus, denn nicht selten wirkt der Erwerb von Dingen fast wie eine Droge. Der Wettbewerb um Status, Ruf und Image verleitet dazu, noch mehr als andere besitzen zu wollen.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Achtung vor dem, was der gegenwärtige Moment bietet, ist ein wichtiger Bestandteil des Glücks.
Der Psychologe Tim Kasser schreibt in seinem Buch „The High Price of Materialism“: „Menschen, deren Werte sich auf die Anhäufung von Reichtum oder materiellem Besitz konzentrieren, haben ein größeres Risiko, unglücklich zu sein. Unabhängig von Alter, Einkommen oder Kultur neigen sie zu mehr Angstzuständen, Depressionen und einem geringeren Selbstwertgefühl. Oft haben sie auch in intimen Beziehungen Probleme.
Ängste und Depressionen beeinträchtigen die psychische Gesundheit, was sich auch auf den Köper auswirkt in Form von Bluthochdruck, Herzkrankheiten und erhöhten Schmerzwerten. Je mehr Dinge wir erwerben und je bequemer wir leben, desto mehr leidet auch unsere Gesundheit. Beispielsweise werden wir durch ständiges Sitzen übergewichtig und geraten außer Form.
In die Praxis umsetzen
Man sagt, dass die Dinge, die man besitzt, von einem Besitz ergreifen.
Nun, wie können wir lernen, weniger haben und kaufen zu wollen?
James Clear hat eine einfach zu befolgende Liste aufgestellt, die wir praktisch umsetzen können, um die Gewohnheit von Mehr-haben-wollen und Dinge anzuhäufen, in den Griff zu bekommen.
Als Erstes: Setzen Sie sich weniger Versuchungen aus. Melden Sie sich von Werbemails und dergleichen ab. Vermeiden Sie Schaufensterbummel und Surfen im Internet nach Dingen, für die Sie leicht anfällig sind.
Machen Sie eine Bestandsaufnahme dessen, was Sie bereits haben. Fragen Sie sich selbst: Brauche ich wirklich noch ein weiteres weißes Hemd? Wird das neue Kissen mein Leben entscheidend verbessern?
Lautet die Antwort Nein – kaufen Sie es nicht. Lautet die Antwort Ja – dann warten Sie mindestens 24 Stunden und stellen sich erneut die Frage. In den meisten Fällen werden Sie feststellen, dass Ihr Wunsch, diesen Gegenstand zu besitzen, nachgelassen hat und die Antwort nun Nein lautet.
Eine weitere gute Idee ist ein Einkaufsurlaub. Nein, kein Urlaub, um einkaufen zu gehen. Beschließen Sie, eine Woche oder einen Monat lang auf Einkäufe zu verzichten. So lösen Sie sich von Ihren Kaufgewohnheiten und stellen vielleicht sogar fest, dass Sie Ihre Zeit lieber für andere Dinge verwenden.
Lernen Sie, mehr Wert auf lebendige Erfahrungen als auf Dinge zu legen. Investieren Sie Zeit und Energie, um etwas für andere zu tun. Erinnern Sie sich daran, was wirklich wichtig ist – Freunde, Familie – und sogar Zeit dafür zu finden, in Ruhe über sich selbst zu reflektieren und etwas zu verbessern.
Als Nächstes sollten Sie für jeden neuen Gegenstand, den Sie kaufen, etwas verschenken. So können Sie auch Ordnung halten und machen gleichzeitig eine Bestandsaufnahme dessen, was Sie bereits besitzen. Das ist auch eine gute Gelegenheit, Dankbarkeit für das zu üben, was man hat.
Ein weiterer Tipp: Vermeiden Sie die Falle, Ihren Besitz-Status mit dem von anderen zu vergleichen. Sieht man die eigene Identität getrennt von den Dingen, die man besitzt, kann man auch die emotionale Bindung an Dinge leichter loslassen.
Wichtig ist hier, sich selbst Grenzen zu setzen. Selbstbeherrschung steht heutzutage nicht so hoch im Kurs – aber es unterstützt einen dabei, weniger besitzen und haben zu wollen.
Denken Sie daran, es wird immer etwas Neueres, Besseres geben, das Sie haben wollen. Mehr anzuhäufen, macht uns aber nicht glücklicher; es setzt nur die Messlatte für den Erwerb von neuen Dingen höher.
Wie Sokrates sagte, liegt der Schlüssel nicht nur darin, weniger haben zu wollen, sondern vielmehr das, was man bereits hat, auch wertzuschätzen. Dies erfordert nicht nur eine äußere Veränderung, sondern auch eine veränderte innere Einstellung.
Wenn Sie weniger Dinge besitzen, werden Sie vielleicht feststellen, dass Sie zum Glücklichsein gar nicht so viel brauchen. Es kann gut sein, dass sich sogar ein Gefühl von Frieden und Freiheit einstellt, wenn Sie sich von dem Wunsch nach Mehr-haben-wollen befreien.
Während ich weiter daran arbeite, das umzusetzen, weiß ich: – Ja, genau so ist es!
Dr. Tatiana Denning ist Ärztin für präventive Familienmedizin und Inhaberin der Firma Simpura Weight Loss and Wellness. Ihr Anliegen ist es, Ihren Patienten das benötigte Wissen und die Fähigkeiten zu vermitteln, um die eigene Gesundheit durch Gewichtsmanagement, gesunde Lebensgewohnheiten und Vorbeugung zu erhalten und zu verbessern.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion