Mehr als nur ein Dichter
Wäre er noch am Leben, so wäre er am 28. August 258 Jahre alt geworden. Ein Meister der Dichtung, ein Maler und Staatsmann: Johann Wolfgang von Goethe.
„Am 28. August 1749, mittags mit dem Glockenschlage zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt“, so Goethe in seiner Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“. Es sollte kein leichter Start ins Leben sein; die Hebamme hielt ihn für tot geboren. Eine gute Seite hatte dies, wie Goethe selbst schrieb, denn dieses Missgeschick der Hebamme käme den nach ihm Geborenen wohl zugute, da sein Großvater Hebammenunterricht einführte.
Goethe war eigentlich kein Wunderkind. Er war wie die meisten Kinder neugierig, aufgeweckt und lebendig. Schon früh interessierte er sich für Literatur, die er aus den Bibliotheksregalen seines Vaters geradezu aufsaugen konnte.
Bereits in seinen frühen Jahren wusste Goethe, dass er etwas Außergewöhnliches schaffen wollte: „Was mich betrifft, so hatte ich auch wohl im Sinne, etwas Außerordentliches hervorzubringen; worin es aber bestehen könne, wollte mir nicht deutlich werden… So leugne ich nicht, dass, wenn ich an ein wünschenswertes Glück dachte, dieses mir am reizendsten in der Gestalt des Lorbeerkranzes erschien, der den Dichter zu zieren geflochten ist.“
Jurist, Maler und Dichter
Auf Wunsch seines Vaters studierte er Jura in Leipzig, doch dieser Beruf sollte ihn nicht glücklich machen. Sein juristisches Pflichtstudium langweilte ihn. So besuchte Johann Wolfgang von Goethe sehr interessiert die Poetik-Vorlesungen von Christian Fürchtegott Gellert. Viel Annerkennung bekam er von seinem Professor jedoch nicht. Daraufhin zog es ihn zu Adam Friedrich Oeser, dem Maler, der Goethe drei Jahre lang Zeichenunterricht gab. Das Studium in Leipzig belastete ihn so sehr, dass er in eine schwere psychische und gesundheitliche Krise verfiel, die ihn dazu zwang, zur Genesung in sein Elternhaus nach Frankfurt zurückzukehren.
Seine ersten Gedichte, die veröffentlicht wurden, schrieb Goethe bereits mit 16 Jahren. Sie galten der drei Jahre älteren Wirtstochter Anna Katharina Schönkopf, die er „Käthchen“ nannte. Dies war seine erste große Liebe, die jedoch schon nach zwei Jahren verblasste. Sein Roman „Die Leiden des jungen Werther“ machten den erst 23-jährigen Autor berühmt. In der Handlung gibt es diverse autobiographische Züge. In diesem Roman beschreibt der Dichter eine unerreichbare Liebe, die für Werther zum Verhängnis wird. Obwohl die Geschichte mit Goethes Leben nicht identisch ist, weist sie doch viele Parallelen auf. So spricht Goethe in diesem Roman von Lotte, die in Wirklichkeit Charlotte heißt. Charlotte Buff, in welche er sich verliebte, war bereits verheiratet und somit unerreichbar. Laut seinem Zeitgenossen Gotthold Ephraim Lessing fehlte diesem ersten Roman von Goethe, welchen Goethe in wenigen Wochen schrieb, ein zynischer Schluss. „Die Leiden des jungen Werther“ wurden nach der Erstveröffentlichung in wenigen Jahren in viele europäische Sprachen übersetzt. Die Erstausgabe des Romans erschien im Herbst 1774 zur Leipziger Buchmesse und wurde zum Bestseller.
Ein ganzheitlicher Denker
Goethe beschäftigte sich nicht nur mit der Literatur und der Malerei, sondern auch mit Naturwissenschaften, insbesondere mit der Farbenlehre. Sein Buch „Zur Farbenlehre“ erschien im Jahre 1810. Im Gegensatz zur herkömmlichen Theorie der Spektralfarben von Newton geht Goethe davon aus, dass das Licht nicht zusammengesetzt ist. Bei seiner Landschaftsmalerei in Italien erkannte er für sich, dass, „man den Farben, als physischen Erscheinungen, erst von der Seite der Natur beikommen müsse, wenn man in der Absicht auf die Kunst etwas über sie gewinnen wolle.“ Obwohl seine detaillierte Farbenlehre auf nicht sehr große Resonanz stieß und die zeitgenössische Fachwelt heftig über die beiden Theorien debattierte, hielt er an seiner Richtigkeit und damit an einem Fehler Newtons fest.
Die Liebe zu Italien
Goethes Vater wollte schon sehr früh, dass sein Sohn „nach Wetzlar und Regensburg, ebenso nach Wien und von da nach Italien gehen“ sollte. Wiederholt hätte er aber behauptet, man müsse Paris vorher sehen, weil man aus Italien kommend sich an nichts mehr entzücke. Und für den älteren Goethe war es wirklich so. Zu seinem engen Vertrauten Eckermann sagte er einst, dass er nur in Rom empfunden hätte, was eigentlich ein Mensch sei, und er nach diesem Aufenthalt nie wieder froh geworden wäre. Er suchte dort vor allem Ruhe, um seine Arbeiten, insbesondere „Faust“, eines der bedeutendsten deutschen Werke, vollenden zu können. Heute steht in Rom das Goethe-Haus, das der Dichter mit anderen Künstlern und Schriftstellern während seiner Italienaufenthalte bewohnte. Damals war er einfach nur als „Maler Möller“ eingetragen, mit dieser Betitelung wollte er den gesellschaftlichen Pflichten entgehen.
Leben in Weimar
Auf Einladung des Herzogs Carl-August von Sachsen-Weimar reiste Goethe 1775 nach Weimar und übernahm Regierungsarbeiten in verschiedenen Ämtern. Hier begegnete er später seiner zukünftigen Ehefrau, Christiane Vulpius. 1789 kam sein Sohn August auf die Welt, das einzige überlebende der insgesamt fünf Kinder. Goethe lebte, heirate und starb in Weimar. Letzteres am 22. März 1832 an den Folgen einer Lungenentzündung.
Viele Jahre sind inzwischen vergangen, seit Goethe das Leben seiner Zeitgenossen mit seinem Wirken bereichert hat. Obwohl sich inzwischen vieles im menschlichen Denken, der Lebensweise und der Ausdruckform geändert hat, können seine Hinterlassenschaften uns auch heute noch deutlich machen, dass es etwas gibt, das uns alle verbindet: Die Suche nach der Wahrheit.
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