Maximilian von Welsch – „Einer für Alle(s)“
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Ich gehe durch die Stadt und nehme die Bauwerke doch als selbstverständlich hin. Freilich erfreue ich mich an barocken Schmuckfassaden und frage mich, wie diese ganzen Schnörkel da dran gekommen sind, also rein technisch. Bei einem schönen Gemälde sehe ich nach, wer es erschaffen hat und zu welcher Zeit. Bei Bauwerken nicht. Warum eigentlich? Mein Handy habe ich immer bei mir und kann doch jederzeit sämtliche Informationen abfragen. War es also Zufall, dass genau dieses Buch auf meinem Schreibtisch landete?
Persönliche Verknüpfung
Vor ein paar Jahren lebte ich einige Zeit in Erfurt. Von meiner schnuckeligen Dachwohnung aus hatte ich einen traumhaften Ausblick auf die Zitadelle Petersberg. Besonders beeindruckend ist diese gewaltige ehemalige Stadtbefestigungsanlage in Vollmondnächten, wenn die Wolken über das alte Gemäuer ziehen. Vormittags, am Wochenende übte ich mit Freunden Qigong auf einer Wiese des weitläufigen Geländes um die sternförmigen Gräben und Steinmauern. Auch in der Stadt erfreute sich mein Auge beim Anblick barocker Schmuckfassaden. Dann traf ich endlich auf den richtigen Mann, ein Kronacher, und wir heirateten im Turmzimmer auf der Festung Rosenberg, dem Wahrzeichen der Stadt. Eine unserer vielen Gemeinsamkeiten ist die Vorliebe für Schlösser und Parkanlagen, Festungen und Burgen. So erkundeten wir letztes Jahr das Schloss Weissenstein in Pommersfelden mit seinem idyllischen Park. All diese vertrauten Orte finde ich nun in dem Buch „Maximilian von Welsch – Ingenieur und Architekt des Barock“ wieder. Ich bin verblüfft.
Vielfalt
Die Vielseitigkeit des großen deutschen Baumeisters ist beachtlich. Ob modernste Festungswerke, prächtige Lust- und Residenzschlösser, Orangerien und Parkanlagen oder sakrale Arbeiten, bei den Werken von Maximilian von Welsch findet garantiert jeder etwas zu bestaunen. Er ist eben „Einer für Alle(s)“.
Geboren wurde er 1671 in Kronach und verbrachte seine Kindheit vis-a-vis der Festung Rosenberg. Die Nähe zu dieser imposanten barocken Festungsanlage, die im Dreißigjährigen Krieg nicht eingenommen werden konnte, dürfte den jungen Maximilian ordentlich beeindruckt haben. Er ist zwölf Jahre alt, als die Familie nach Bamberg übersiedelt. Hier besucht er zunächst die Lateinschule und immatrikuliert sich 19-jährig an der Hochschule Academia Ottoniana. Logik, Ontologie, Physik und Mathematik, die auch Baukunst und Festungslehre umfasst, stehen auf dem Stundenplan. Vorlesungen des Festungsbaumeisters Johann Christein lässt sich Welsch ebenfalls nicht entgehen. Nach zwei Studienjahren wechselt er in den Militärdienst.
Nach fünf Jahren Dienst in dem gothaischen Kürassier-Regiment scheint die Entwicklung vom Truppenoffizier zum Militäringenieur abgeschlossen. Paris, London, Stockholm – Welsch besucht die großen Metropolen. Besichtigt werden moderne Festungsarchitektur sowie die moderne französische und englische Zivilarchitektur. Im Jahr 1704 beauftragt ihn der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Lothar Franz von Schönborn. Bauunterhalts- und Erweiterungsplanungen in Mainz, Würzburg, Kronach, Forchheim oder Erfurt sollen umgesetzt werden. Hier bot sich Welsch die Möglichkeit, seinen Erfahrungsschatz von verschiedenen Feldzügen als Militäringenieur und Offizier einfließen zu lassen.
Ein weiterer Beleg seiner Vielseitigkeit beweist der „Raum der Künste“ in seinem Mainzer Wohnhaus. Es ist ein Beleg für die kreativen innenarchitektonischen Arbeiten. Leider wurde dieses Haus zerstört, sodass nur noch wenige Fotos einen kleinen Teil seiner ursprünglichen Pracht wiedergeben. Bei der Planung und Umsetzung des Lustschlosses Favorite war Welsch ebenfalls maßgeblich beteiligt. Doch die komplette barocke Anlage fiel 1793 den Koalitionskriegen zum Opfer, sodass wir auch hier nur Kupferstiche bewundern können. Der außergewöhnliche Marstall von Schloss Weissenstein in Pommersfelden ist glücklicherweise erhalten geblieben und einer Besichtigung steht nichts im Wege. Sakrale Arbeiten an Altären, Chorgestühlen und Grabdenkmälern sind heute an und in verschiedenen Bauten ebenfalls noch zu bestaunen.
Schon zu seinen Lebzeiten war Welsch berühmt für seine Festungsbauten und Gärten und so wurde er 1714 in Wien vom Kaiser mit dem Prädikat Edler von Welsch geadelt.
Michael Imhof Verlag, Alexander Süß (Hrsg), 29.95 Euro
Präsenz in Kronach
In Welschs Geburtsstadt Kronach ist die Jubiläumsausstellung, die anlässlich seines 350. Geburtstages stattfand, am 28.11.2021 erfolgreich abgeschlossen worden. Zurück bleibt dieser Katalog-Bildband. Auf 320 Seiten gewährt das Buch einen Einblick in das persönliche Leben des großen barocken Baumeisters und lädt zu einem Spaziergang durch Festungen, Schlösser, Parkanlagen, Orangerien und Kirchen ein. Erstaunlicherweise sucht man ein Bildnis von Maximilian von Welsch vergeblich. So bleibt es unserer Vorstellungskraft überlassen, aufgrund seiner Werke und Taten auf sein Äußeres zu schließen.
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