Maskuline Männer als Vorbilder
In meinen jungen Teenagerjahren nahm mein Großvater mütterlicherseits meinen Bruder und mich mit zum Angeln zum Saltonsee in Kalifornien.
Nach der kurzen Fahrt aus San Diego machten wir unser kleines Motorboot bereit und fuhren hinaus aufs Wasser. Doch schon kurz darauf fing der Motor an zu stottern und fiel aus, sodass wir strandeten.
Als mein Großvater sah, dass wir nicht mehr zurück zum Ufer kommen würden, zog er sich bis auf seine Unterhose aus, sprang ins Wasser und zog das Boot aus eigener Kraft zurück ans Ufer – mein Bruder und ich schauten ihm voller Ungläubigkeit verlegen zu. Als er das Boot die Anlegestelle hinaufzog, lachte er und winkte der kleinen dort versammelten Menschenmenge zu.
Ein Besuch im örtlichen Bootsladen bestätigte, dass der Motor defekt war. Der nächste Laden mit dem benötigten Ersatzteil war über 160 Kilometer entfernt in Yuma, Arizona. Da unser Ausflug nicht so gut lief, fuhren wir zum Hotel zurück und dachten, wir würden am nächsten Morgen nach Hause zurückfahren.
Mein Großvater sagte, er müsse noch ein paar Besorgungen machen. Und als mein Bruder und ich am nächsten Tag aufwachten, hatte er das Boot irgendwie repariert. Erst später fanden wir heraus, dass mein Großvater in der Nacht nach Yuma gefahren war und das Boot selbst repariert hatte.
Dieses Erlebnis hat mich tief berührt. Mein Großvater wollte mit uns angeln gehen. Trotz unserer jugendlichen Ängste über das Ganze und unserer Schwierigkeiten schien er kein einziges Mal beunruhigt gewesen zu sein. Er hatte ein Ziel und daran hielt er ungeachtet der ganzen Herausforderungen fest.
Anstatt sich darüber zu beschweren, dass er sein Boot ans Ufer zurückziehen musste, scherzte er über die Gesichter der Menschen, als sie einen älteren Mann in Unterhose aus dem Wasser steigen sahen. Seine Fahrt nach Yuma erwähnte er kaum und erwartete dafür auch kein Lob. Ebenso wenig beklagte er sich darüber, dass er für die Reparatur des Bootes auf seinen Schlaf verzichten musste. Alles, was ihn antrieb, war ein erfolgreicher Angelausflug mit seinen Enkeln.
Erfahrungen wie diese machen uns zu den Erwachsenen, die wir heute sind: Die kleinen Lektionen, eine einfache Bemerkung, dieses eine Kompliment, das unser Leben verändern kann.
Ich war damit gesegnet, viele männliche Vorbilder in meinem Leben zu haben. Obwohl niemand perfekt ist, hatte jeder von ihnen dazu beigetragen, dass ich zu dem Mann werden konnte, der ich heute bin. Ich denke, genau solche gesammelten Erfahrungen helfen uns dabei, zu erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist und was es bedeutet, ein Erwachsener und ein guter Mensch zu sein.
Schätze das Leben
Mein Großvater väterlicherseits ist pensionierter Marineoffizier und Vietnam-Veteran. Die meisten seiner Tage verbringt er damit, Bücher zu lesen oder auf seiner Veranda zu sitzen. Er ist ein alter Cowboy, sein bester Freund ist ein betagter Seminole-Indianer, der früher auch bei der Marine war.
Ich erinnere mich, dass er, als ich klein war, sehr ruhig und streng war. Vietnam hatte ihm schwer zugesetzt. Nachts hörte ich ihn manchmal schreiend aus seinen Albträumen aufwachen. Als ich älter wurde und mich mehr für Militärgeschichte interessierte, fragte ich ihn eines Tages etwas über den Krieg.
Da ich noch ein Kind war, stellte ich ihm die berüchtigte Frage, die kein Veteran gern hört: „Hast du jemals einen Menschen getötet?“ Mein Großvater sah mich an und antwortete dann mit einer geschätzten Zahl. Ich rief: „Wahnsinn!“ Da wurde er sehr wütend – so wütend, wie ich ihn noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe.
Tränen schossen ihm in die Augen. Seine Stimme war ruhig, aber es fühlte sich so an, als wolle er schreien. Niemals werde ich vergessen, was er sagte:
„Es ist nicht gut, jemanden zu töten. Weißt du, wie das ist? Du realisierst, dass das ein Mensch war mit Frau, Kindern und einer Familie, die ihn liebten, und du nimmst ihnen all das einfach weg. Das alles ist weg, weil du ihn getötet hast. Danach ist dir so schlecht, dass du dir die Seele aus dem Leib kotzt. Beim nächsten Mal ist es das Gleiche, du musst wieder erbrechen. Mit der Zeit hörst du auf, auch nur irgendetwas zu fühlen. Und dann wird es sehr schwer, wieder zum Alten zurückzukehren.“
Er erzählte mir: Er glaubte, er hätte in Vietnam sterben sollen. Deshalb war seit dieser Zeit jeder Tag – wie er sagte – „ein Bonustag“.
Danach öffnete sich mein Großvater mir gegenüber und es wurde ein Ritual für mich, ihn am Wochenende zu besuchen, um seine Geschichten anzuhören und alte Filme anzuschauen. Als Kind war er für mich ein Held. Er lehrte mich, jeden Tag gut zu leben und zu erkennen, dass jeder Mensch eine Familie hat, die ihn liebt. Und dass man tapfer sein muss.
Sei unabhängig
In meiner Jugend war mein Vater immer cooler als ich. Er ist ein Surfer-Typ, der auf Hawaii aufwuchs. Er war immer eine Stimmungskanone und konnte überall Freundschaften schließen. Zudem ist er Unternehmer und hatte mehrere Betriebe erfolgreich geführt.
Als ich heranwuchs, sagte er mir immer, ich solle „niemals darin steckenbleiben, für jemand anderen zu arbeiten“. Er meinte, wenn man mal für jemand anderen arbeiten muss, dann sollte man sich eine Firma suchen, in der man eine Fertigkeit erlernen kann, um später damit selbstständig zu werden.
Es lohne sich, Fertigkeiten zu entwickeln und seine eigene Firma zu gründen, auch wenn das bedeutet, erstmal finanzielle Einbußen hinzunehmen. Die wahre Errungenschaft dabei ist die Unabhängigkeit.
Dieser Gedanke beschränkt sich jedoch nicht nur auf Arbeit. Mein Vater brachte mir bei, auch in anderen Bereichen meines Lebens unabhängig zu sein.
Ich erinnere mich noch daran, als ich als Kind hörte, wie andere Kinder oft über diese oder jene Berühmtheiten oder Fernsehsendungen sprachen. Eines Tages sagte ich deshalb zu meinem Vater, wie toll es wäre, eine solche Berühmtheit eines Tages zu treffen. Er aber spottete nur über die Idee.
Seine Worte lauteten ungefähr: „Diese Leute sind auch nicht besser als du oder ich. Viele von ihnen sind nicht einmal besonders klug. Das einzige, wodurch sie hervorstechen, ist, dass andere Leute sie auf der Leinwand sehen. Das ist einfach nur ihr Job. Sie sind wie Clowns, aber die Menschen verehren sie. Folge nicht wahllos anderen Leuten, nur weil alle anderen das tun.“
Diese Worte gingen mir ans Herz. Mein Vater lehrte mich, andere Menschen nicht zu heroisieren, nur weil Fernsehsendungen oder Filme dazu auffordern. Im Leben ist es wichtig, seine eigenen Maßstäbe zu haben und seine eigenen Entscheidungen zu treffen, anstatt die anderen für sich denken zu lassen.
Denke beim Handeln an andere
Nach der weiterführenden Schule in meinen späten Teenagerjahren begab ich mich auf „Seelensuche“ und machte eine Phase durch, in der ich besser verstehen wollte, was es bedeutet, „ein Mann zu sein“. Da ich etwas exzentrisch bin, dachte ich, dass ich das nur tun könne, wenn ich die normale Gesellschaft verlasse und auf altmodische Art und Weise eine Reise ins Mannsein antrete. Dank dieser Reise fand ich einen meiner Lehrmeister: einen Bergmenschen und Wandermönch.
Eine seiner vielen Lektionen war eine über den gesunden Menschenverstand. Wir halfen einem Freund, seinen Fußboden neu zu verlegen, und hatten eine große Bandschleifmaschine ausgeliehen. Als wir diese zum Baumarkt zurückbrachten, stellte ich sie mitten auf dem Gang ab. Er drehte sich um und fragte, warum ich so etwas genau dort abstellte, wo Menschen entlanggehen würden.
Als er bemerkte, dass ich über seine Worte nachdachte, erklärte er mir ein interessantes Konzept:
„Gesunder Menschenverstand heißt, darüber nachzudenken, wie sich deine Handlungen auf andere Menschen auswirken.“
Wenn man etwas tut, so sei es wichtig, darüber nachzudenken, wie sich das auf andere Menschen auswirken werde. Genau das sei gesunder Menschenverstand, erklärte er.
Ein guter Mann sollte ein gewisses Maß an räumlichem und sozialem Bewusstsein haben und das Prinzip von Ursache und Wirkung verstehen. Es ist schwer, es jedem recht zu machen – besonders heutzutage. Ein guter Mann sollte sich jedoch nicht davon lähmen lassen, sondern mit dem allgemeinen Wunsch, ein lebensbejahendes Bild zu vermitteln, durchs Leben schreiten.
Beschütze deine Liebsten
Einer meiner besten Freunde in meiner Kindheit war mein Onkel väterlicherseits. Er ist ein ehemaliges Bandenmitglied und hatte aus verschiedenen Gründen immer Problem damit, eine Arbeit zu finden. Aber trotzdem war und ist er einer der besten Männer, die ich kenne.
Einmal an Halloween ging er zusammen mit meiner Tante, meinem Bruder und mir auf eine „Süßes-oder-Saures-Tour“. Zufällig hörte er, wie zwei viel ältere Teenager über ihren Plan sprachen, meinen Bruder und mich zu überfallen und unsere Masken zu stehlen. Das veranlasste meinen Onkel, ihnen strenge Drohungen auszusprechen, an die sie sich vermutlich bis heute noch erinnern. Er half mir in vielen ähnlichen Situationen aus der Patsche.
Er war sehr unverblümt, wenn es darum ging, unsere Familie zu beschützen. Dabei schien es, dass er nie auch nur einen Hauch von Angst hatte.
Als Kind hatte ich nie das Gefühl, dass ich mich um die Drohungen anderer Kinder oder um Schläger Sorgen machen musste, vor allem, weil ich mir sicher war, dass mich mein Onkel beschützen würde. Das gab mir viel Geborgenheit. Ich wusste auch, dass ich mich darum bemühen sollte, keinen Ärger zu machen, um den armen Kerl vor dem Gefängnis zu bewahren. Meine Tante sagte einmal, sie mache sich nie Sorgen, wenn er in der Nähe ist.
Neben dieser großartigen Fähigkeit, seinen Liebsten ein Gefühl der Geborgenheit zu geben, brachte er mir auch bei, wie wichtig es sei, Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen. Bei Geborgenheit geht es schließlich nicht nur um körperliche Sicherheit.
Das machte er mir vor: Wenn ich zu Hause mal Schwierigkeiten hatte, ließ er bei einem einzigen Anruf alles stehen und liegen und fuhr eine Stunde oder auch länger, um mich abzuholen. Oft verbrachten wir die Sommernächte gemeinsam beim Angeln am Strand und blieben bis in die frühen Morgenstunden. Mit ihm zu scherzen und einander Geschichten zu erzählen, sind einige der besten Erinnerungen aus meiner Kindheit.
Es sind Erfahrungen wie diese – die kleinen Dinge –, die im Leben wirklich zählen.
Joshua Philipp ist leitender investigativer Journalist der Epoch Times USA.
Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: What the Men in My Life Taught Me (deutsche Bearbeitung von em und as)
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