Zum 80. Geburtstag des Dalai Lama: Dieses Buch erklärt seine Vision für die Menschheit (Rezension)
Daniel Goleman hat ein wunderschönes Buch zum 80. Geburtstag des XIV. Dalai Lama geschrieben: Die Macht des Guten – Der Dalai Lama und seine Vision für die Menschheit. Erschienen im Verlag O.W. Barth.
Die deutsche Fassung erscheint jetzt bereits vier Wochen früher als die amerikanische Originalausgabe „A Force for Good“, die am 23. Juni 2015 in New York herauskommt.
Der 80. Geburtstag wird in den USA groß gefeiert — vom 5. – 7. Juli in Anaheim, 40 Kilometer süd-östlich von Los Angeles bei einem „Global Compassion Summit“ und vom 9. – 10. Juli in New York bei einer „Long Life Ceremony“.
Daniel Goleman ist ein langjähriger Freund des Dalai Lama und hat u.a. als klinischer Psychologe an der Harvard University gearbeitet. Im Jahr 1995 erschien sein Bestseller „Emotionale Intelligenz“.
Mit vier Jahren auf dem "Löwenthron"
Der heutige 14. Dalai Lama wurde am 6. Juli 1935 in Taktser, einem Dorf in der tibetischen Provinz Amdo, als Bauernsohn Lhamo Dhondrub geboren. Eine Delegation hoher Lamas, welche auf der Suche nach der Reinkarnation des Dalai Lama war, stieß im Jahr 1937 anhand von Prophezeiungen und Hinweisen auf Lhamo Dhondrub und erkannte in ihm die 14. Wiedergeburt des Dalai Lama.
Im Juli 1939 wurde der Knabe auch von der Tibetischen Regierung offiziell als 14. Dalai Lama bestätigt und erhielt den neuen Namen Tenzin Gyatso. Am 22. Februar 1940 bestieg er im Alter von viereinhalb Jahren den Löwenthron Sengtri. Von nun an wurde er von Lehrern in Klöstern erzogen. Erst im Alter von 25 Jahren sollte er seine intensive Ausbildung abgeschlossen haben.
Als im Sommer 1949 die chinesische Volksbefreiungsarmee mit der Eroberung Tibets begann, wurde dem damals erst 15-jährigen Dalai Lama am 17. November 1950 die Herrschaft über Tibet übertragen. Am 9. September 1951 marschierten chinesische Truppen in Lhasa, der Hauptstadt Tibets, ein und besetzten diese.
Der 10. März in Tibet
Am 10. März 1959 rebellierten Zehntausende Tibeter gegen Chinas Gewaltherrschaft. Zuvor hatte der Dalai Lama in Peking mehrmals Mao Tse-tung (1893 – 1976) getroffen, um eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für sein Volk sowie mehr kulturelle und religiöse Freiheit für die Tibeter zu erreichen. Vergeblich. Es gab schon damals tausende politische Gefangene. Und das chinesische Militär setzte tibetische Eltern unter Druck, damit sie ihre Kinder nicht mehr in Klosterschulen, sondern in kommunistisch indoktrinierte chinesische Staatsschulen schicken. Doch die meisten tibetischen Buddhisten wollten ihre Kinder lieber in tibetischer Kultur und Religion unterrichten lassen.
Auf dem Dach der Welt herrschte ein Kulturkampf
In diesen Auseinandersetzungen wurden Männer gefangen genommen, Frauen vergewaltigt, Kinder mussten sich öffentlich von ihren Eltern lossagen und sie denunzieren. Eine internationale Juristenkommission schätzt, dass damals rund 15.000 tibetische Kinder nach China verschleppt wurden und insgesamt 90.000 Menschen ums Leben kamen.
In dieser Situation wagten die Tibeter einen Aufstand gegen die Besatzer. Als das chinesische Militär den Dalai Lama Anfang März 1959 zu einer Theateraufführung einlud, fürchteten die Tibeter um sein Leben. Aus Angst, ihr „Gottkönig“ könnte entführt werden, bildeten Zehntausende Menschen aus Lhasa und Umgebung einen menschlichen Schutzschild um den Palast des damals 23-jährigen Dalai Lama. Dieser entschloss sich am 17. März zur Flucht nach Indien.
Bei Schneestürmen und eisiger Kälte erreichte er nach 32 Tagen indisches Territorium. Seine Familie, seine wichtigsten Mitarbeiter, Mitglieder seiner Regierung und Äbte der großen Klöster begleiteten ihn. Zehntausende Flüchtlinge folgten ihm in den nächsten Monaten. Indiens Ministerpräsident Jawaharlal Nehru (1889 – 1964) gewährte dem Dalai Lama und all den anderen Flüchtlingen Asyl. Seither versucht der vielleicht prominenteste Flüchtling der Welt, das Schicksal seiner Landsleute zu erleichtern. Bisher erfolglos.
Ozean der Weisheit
Vor seiner Flucht hatte der Dalai Lama mit dem Gedanken gespielt, sich von der Politik gänzlich zurückzuziehen: „Wie gerne hätte ich mich von der Politik, die ich zu verabscheuen begann, zurückgezogen. Aber da war meine Pflicht, die ich meinem Volk gegenüber zu erfüllen hatte.“ Bis heute ist er froh, wenn er zu spirituellen und nicht zu politischen Themen befragt wird. Doch im Denken und in der Philosophie der Tibeter hängt beides eng zusammen.
Heute hält der Dalai Lama weltweit Vorträge über das Glück und sagt: „Der Sinn unseres Hierseins auf dieser Erde ist, dass wir glücklich werden.“ Er persönlich verabscheut Personenkult, aber Tibets Buddhisten sehen in ihm den wiedergeborenen „Buddha des Mitgefühls“. Für Millionen Menschen ist er der „Ozean der Weisheit“ – dabei stets bescheiden, liberal, humorvoll und erstaunlich selbstkritisch. Wer den Dalai Lama nach dem Sinn des Lebens fragt, erhält dies zur Antwort: „Be happy – sei glücklich! Zuerst kommt die eigene innere Abrüstung, die persönliche Friedfertigkeit. Erst danach bekommen wir auch die äußere, die militärische Abrüstung. Das ist die realistische Reihenfolge.“
Für seinen unermüdlichen Einsatz mit gewaltlosen Mitteln und durch Dialog eine Lösung für das Tibetproblem zu finden, erhielt der Dalai Lama am 10. Dezember 1989 den Friedensnobelpreis, die höchste vieler von ihm erlangter Auszeichnungen. Der 10. März ist seit 1959 der Nationalfeiertag der Tibeter.
Ein Wandel setzt erst dann ein …
Aus dem Vorwort des Dalai Lama zu dem Buch von Daniel Goleman, datiert vom 8. Februar 2015:
„Die 56 Jahre seit meiner Flucht aus Tibet ins indische Exil waren für uns Tibeter schwierige Jahre. Wäre ich in Tibet geblieben, hätte ich wahrscheinlich nicht viel Kontakt mit der Außenwelt gehabt, und die Auseinandersetzung mit gänzlich anderen Betrachtungsweisen hätte sich gar nicht erst gestellt. So aber war es mir vergönnt, andere Länder zu bereisen und sehr viele Menschen kennenzulernen, um von deren Erfahrung zu profitieren und meine eigene einzubringen. Mir ist völlig klar, dass mein Wohlergehen als Mensch von vielen anderen abhängig ist, und so sehe ich es als eine Verpflichtung, die ich sehr ernst nehme, auch für andere da zu sein.
Es ist unrealistisch zu meinen, die Zukunft der Menschheit ließe sich mit Gebeten und guten Wünschen gestalten – wir müssen vielmehr aktiv werden und Hand anlegen. Die Botschaft der Liebe und des Mitgefühls ist allen Religionen gemeinsam. Mein alter Freund Daniel Goleman ist ein erfahrener Autor, der mit lebhaftem Interesse an der Wissenschaft unserer Innen- und Außenwelt eine große Hilfe für mich ist und wie kaum ein anderer berufen ist, über diese Dinge zu schreiben.
Eine friedlichere Welt, in der wir als glückliche Menschen zusammenleben und uns gegenseitig unterstützen – für mich ist das ein erreichbares Ziel. Es soll aus diesem Buch, das ist mein großer Wunsch, für alle Leser klar hervorgehen, dass der Wandel nicht von Regierungsentscheidungen oder von den Vereinten Nationen ausgehen wird. Ein Wandel setzt dann ein, wenn sich die Menschen die Werte zu eigen machen, die der Kernbestand jeder Ethik sind, die aber auch dem wissenschaftlichen Kenntnisstand und dem gesunden Menschenverstand entsprechen…“
Daniel Goleman hat in beeindruckend geordneten Buchkapiteln die Erfahrungswelt des 80-jährigen Tibeters präsentiert:
· Die Zukunft neu erfinden
· Emotionale Hygiene
· Eine Revolution der Güte
· Wissenschaft als Partner
· Ein kraftvolles Mitgefühl
· Eine Wirtschaft mit menschlichem Maß
· Für die Bedürftigen sorgen
· Die Erde heilen
· Ein Jahrhundert des Dialogs
· Herzensbildung
· Auf lange Sicht
· Jetzt handeln
LESEN SIE AUCH: Der Dalai Lama im Exklusiv-Interview: Liebe ist, was alle trennenden Mauern überbrückt
Daniel Goleman
Die Macht des Guten: Der Dalai Lama
und seine Vision für die Menschheit
Gebundene Ausgabe 304 Seiten
Verlag: O.W. Barth
ISBN-10: 3426292378
€ 19,99
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion