Trübes Wetter – Von Gottfried Keller
Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber

Natur, halb warm und halb verkühlt, Sie lächelt noch und weint zumalFoto: Michael Reichel/dpa
Trübes Wetter
Es ist ein stiller Regentag,
Wo durch den Dämmer brechen mag
Die Sonne weiß und sonderbar.
Ein wunderliches Zwielicht spielt
Beschaulich über Berg und Tal;
Natur, halb warm und halb verkühlt,
Sie lächelt noch und weint zumal.
Die Hoffnung, das Verlorensein
Sind gleicher Stärke in mir wach;
Die Lebenslust, die Todespein,
Sie ziehn auf meinem Herzen Schach.
Ich aber, mein bewusstes Ich,
Beschau das Spiel in stiller Ruh,
Und meine Seele rüstet sich
Zum Kampfe mit dem Schicksal zu.
Gottfried Keller (1819 – 1890)
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