Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? – Von Johann Wolfgang von Goethe

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht, kennst du es wohl? Dahin! Dahin möcht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.Foto: iStock

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?

Kennst du das Land? wo die Citronen blühn,

Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht‘ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht‘ ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg, und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)

1. Lied der Mignon aus „Wilhelm Meisters Lehrjahre“



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