„Geschlossene Gesellschaft“: Bestseller über Freud und Leid der Superreichen

Titelbild
Dennis Gastmann in "Geschlossene Gesellschaft": "Viel spannender als Statussymbole fand ich aber die Frage, wie sich Reichtum auf die Seele auswirkt. Ich wollte eine Psychologie des Geldes erstellen. Was ist Luxus, wenn man alles besitzt?"Foto: Ausschnitt Cover Rowohlt Verlag
Von 15. Oktober 2014

Welche Rolle spielt Geld, wenn Geld keine Rolle spielt? In seinem Buch „Geschlossene Gesellschaft“ hat der für seine Reportagen mehrfach ausgezeichnete Journalist und Erfolgsautor Dennis Gastmann eine existierende Parallelwelt erkundet: das tiefenpsychologische Mysterium einer in sich geschlossenen High Society.

Sein im Spätsommer 2014 erschienener „Reichtumsbericht“ ist innerhalb weniger Wochen in vierter Auflage in die Buchläden gekommen. Eine spannende Expedition zu „Märchenkönigen“ an traumhaften Plätzen, quer durch den Jet-Set-Kalender. Von St. Moritz nach Monte Carlo, von Cannes nach Marbella, von den Oligarchenpalästen in Kiew bis nach Katar, ins reichste Land der Erde.

„Die Superreichen sind wie Schneetiger oder Lederschildkröten. Scheue, seltene und edle Geschöpfe. Abgesehen von den üblichen Paradiesvögeln traf ich eine Menge höflicher, charmanter und inspirierender Persönlichkeiten, die alle ein kleines bisschen verrückt waren. Ich glaube, dass viele erfolgreiche Menschen von einem Trauma getrieben werden. Jochen Schweizer, der Erlebnisverkäufer, musste erst in den Abgrund blicken und fast insolvent gehen, bevor er den großen Durchbruch schaffte.

Manchmal nimmt der Reichtum die Träume. Wenn sich jeder Wunsch erfüllt hat, beginnt die Langeweile. Besuchen Sie mal eine Charity-Gala und warten Sie ab, bis die Presse verschwunden und die zweitausend Euro teure Leguan-Handtasche aus der Tombola verlost ist. Vielleicht sind arme Menschen manchmal glücklicher, weil sie noch Hoffnungen haben. Man könnte auch sagen: Sie erleben noch Wunder.“

Rudolf Sachs, der Sohn von Gunther Sachs, lebt in London und St. Moritz. Existenzsorgen kennt er nicht. Die Mutter stirbt, als er zwei Jahre alt ist. Sein Vater ist überfordert und lädt ihn bei der autoritären Großmutter ab. Der Großvater Willi Sachs (Großindustrieller, SS-Obersturmbannführer im Dritten Reich) erschießt sich 1958 im Alter von 62 Jahren, ebenso sein Vater im Jahr 2011 im Alter von 78 Jahren. Auf der Gedenkfeier für den weltbekannten Playboy beendet Rolf Sachs seine Ansprache mit den Worten: „Er verließ diese Welt, seine Familie und seine Freunde unendlich bereichert durch sein Leben. Dear father, Chapeau!“

Dennis Gastmann besucht den Schraubenmilliardär Reinhold Würth auf seinem Schloss Hermersberg bei Niedernhall in Baden-Württemberg. Er war 19 Jahre jung, als sein Vater starb. Der bienenfleißige und sparsame Unternehmer beschäftigt 65.000 Mitarbeiter; er hat eine 100-Millionen-Dollar Yacht mit eigenem Beach-Club und 14 Gästezimmern. Er hat 16.000 Kunstwerke gesammelt und 14 Museen auf der ganzen Welt gegründet.

Der milliardenschwere Patriarch begleitet zuweilen einen der 3000 Außendienstmitarbeiter, die nur zwei Ziele haben: Verkaufen und Wegbeißen. Den Würth-Vertretern ist es untersagt, bei ihren Kunden einen Laptop zu benutzen. Sie sollten den Schlossern, Dachdeckern und Maurern gefälligst  in die Augen sehen und nicht in ihr „Rechenkäschtle“ starren. Die von der Firma zur Verfügung gestellten Autos sind vor oder nach Dienstschluss zu betanken. Der jetzt 79-Jährige, neu-apostolischen Glaubens, möchte, wenn es an der Zeit ist, nach einer Linsenmahlzeit mit Spätzle und Saitenwurscht sowie einem guten Glas Wein nie wieder aufwachen.

Zu den illustren Personen in dem Buch zählt auch der Schönheitschirurg  Werner Mang, der „König von Lindau“. Ihn kennt mittlerweile die ganze Welt. Ein Workaholic, der ein Millionen-Imperium am Bodensee aufgebaut hat. Ein Liebhaber von sehr teuren Oldtimern und edlen Pferden. Immer wieder ist er in die Negativ-Schlagzeilen geraten, aber sein Ego hält das offenbar gut aus. Zwei Großwände sind mit den eintausend Fotos der Prominenten tapeziert, mit denen Professor Dr. Dr.med.habil. Werner Mang bekannt oder befreundet ist, sogar mit dem Ex-Papst Benedikt XVI.. Schönheit aus dem Katalog – künstlich und unnatürlich. Welch eine Welt!

[–Wie sich Reichtum auf die Seele auswirkt–]

"Ich hatte alle Kontinente bereist, aber die Welt der Reichen erschien mir so fremd, exotisch und weit entfernt wie kein anderer Ort. Natürlich steckte ich bis zu den Ohren in Klischees, und natürlich trieb mich auch mein Voyeurismus – manche Badezimmer auf meiner Reise glänzten wie der Schatz des Priamos.

Viel spannender als Statussymbole fand ich aber die Frage, wie sich Reichtum auf die Seele auswirkt. Ich wollte eine Psychologie des Geldes erstellen. Was ist Luxus, wenn man alles besitzt? Ich schrieb Hunderte Presseanfragen, dekorierte meine Worte mit Sahne und Kirschen und wartete. Neunzig Prozent meiner E-Mails und Briefe warten bis heute auf eine Antwort.

Der Rest scheiterte an den drei Haupttechniken des Anti-Presse-Kung-Fu. Erstens: Schnelles Überwältigen mit einer fadenscheinigen Absage. Zweitens: Kontern und nach weiteren Details fragen, bis der Reporter die Lust verliert. Drittens: Vertrösten, vertrösten, vertrösten. Immer wenn ich mich bei der Presseassistentin des Virgin-Chefs Richard Branson meldete, teilte sie mir mit, ich solle mich gedulden. Meine Anfrage sei „in consideration“. So ging es über viele Monate.“

Das 300-seitige Buch ist mehr als lesenswert und hebt vom niederen Niveau der Gala-Presse ab. Auch Reiche brauchen Liebe; das erfahren wir bereits im 1. Kapitel „Wunderland“. Ein kränkelnder Baron wird ein Brieffreund des Autors, bei dem er seinen Kummer loswerden möchte. Leider nur gratis. Dennis Gastmann bekommt genaue Mitteilungen über Laborwerte, Namen und Titel der behandelnden Ärzte, die Medikamente und ihre Dosen, die Privatklinik, die Station und die Nummer des Zimmers, in der die Ehefrau des Barons liegt. „Auch Reiche sind Menschen. Zumindest einige von ihnen.“

Foto: Cover Rowohlt Verlag

Dennis Gastmann

Geschlossene Gesellschaft

Verlag: Rowohlt

304 Seiten

ISBN-10: 3871347736

19,95 Euro



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion