Die Flamingos – von Rainer Maria Rilke
Aus der Reihe Epoch Times Poesie – Gedichte und Poesie für Liebhaber
Die Flamingos
Im Jardin des Plantes, Paris
In Spiegelbildern wie von Fragonard
ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte
nicht mehr gegeben, als dir einer böte,
wenn er von seiner Freundin sagt: sie war
noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne
und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht,
beisammen, blühend, wie in einem Beet,
verführen sie verführender als Phryne
sich selber; bis sie ihres Auges Bleiche
hinhalsend bergen in der eignen Weiche,
in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt.
Auf einmal kreischt ein Neid durch die Voliere;
sie aber haben sich erstaunt gestreckt
und schreiten einzeln ins Imaginäre.
Rainer Maria Rilke (1875-1926)
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