Der Ichthyosaurus – Von Joseph Victor von Scheffel 

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Da ward es ihm kreidig zu Muth, sein letzter Seufzer verhallte im Qualmen und Zischen der Flut.Foto: iStock

Der Ichthyosaurus

Es rauscht in den Schachtelhalmen,

Verdächtig leuchtet das Meer,
Da schwimmt mit Thränen im Auge
Ein Ichthyosaurus daher.

Ihn jammert der Zeiten Verderbniß,
Denn ein sehr bedenklicher Ton
War neuerlich eingerissen
In der Liasformation.

»Der Plesiosaurus, der Alte,
Er jubelt in Saus und Braus,
Der Pterodactylus selber
Flog neulich betrunken nach Haus.

»Der Iguanodon der Lümmel
Wird frecher zu jeglicher Frist,
Schon hat er am hellen Tage
Die Ichthyosaura geküßt.

»Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
So kann es ja länger nicht geh’n;
Was soll aus dem Lias noch werden,
Wenn solche Dinge gescheh’n?«

So klagte der Ichthyosaurus,
Da ward es ihm kreidig zu Muth,
Sein letzter Seufzer verhallte
Im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
Die ganze Saurierei,
Sie kamen zu tief in die Kreide,
Da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
Dies petrefaktische Lied,
Der fand’s als fossiles Albumblatt
Auf einem Koprolith.

Joseph Victor von Scheffel  (1826 – 1886)



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