Ferien-Lesetipp – Max Moor schreibt sein erstes Kinderbuch: Flo und der Schnüffel-Büffel
Wie gut, dass Flo festgeschnürte Stiefeletten trägt; dann gibt es einfach keine Hindernisse, die man mit denen nicht gut überwinden könnte. Welches Wetter einem auch entgegenschlägt – mit Stiefeln wird jede Pfütze, jeder staubtrockene Weg und jeder steinige Pfad gemeistert, man kommt überall hin und – überall durch. Und man kommt definitiv nicht so oft ins Stolpern und Straucheln. Stiefel geben einem das Gefühl, fest auf dem Boden zu stehen.
Denn ganz einfach ist Flos Leben nicht. Ihr Autor-Papa Max Moor schickt das tapfere und mutige Mädchen auf seine ganz eigene Heldinnenreise, die mit all ihren Höhen und Tiefen, diversen Abenteuern wahrscheinlich ohne Stiefel nicht zu meistern wären. Denn ihr Leben in der Stadt, auf einer dieser französischen Eliteschulen, mit all den verwöhnten und reichen Kindern, ist nicht so ganz einfach. Vor allen Dingen ist es nicht ihre Welt. Die „Tussen und Schnösel“, wie Flo sie schulterzuckend nennt, haben auch nicht sonderlich viel übrig für sie, die Außenseiterin Flo.
Mit ihrem Strohhut, womit sie tapfer versucht, ihre wilde Lockenpracht zu bändigen, dem praktischen Secondhand-Blumenkleid und dem alten selbst zusammengebastelten Lederschulranzen fällt sie auch auf; oder vielleicht gerade nicht wirklich, das ist ja gerade das Besondere an Außenseitern. Das ganze Getue um Markenklamotten und teure Handys ist einfach nicht Flos Ding.
Die teuer erkaufte und damit erhoffte Individualität formt eine seltsame und unpersönliche Menschenherde, der sich Flo nicht anschließen möchte. Sie wird gehänselt, hat keine Freunde. Auch wenn sie die alle doof findet, so ganz egal ist es ihr nicht. Denn dieses Ausgegrenzt-sein tut weh, macht wütend. Und einsam.
Den Neuen in der Klasse, den nepalesischen Schanti, der wie ein Indianer aussieht, den mag sie, den hätte sie gerne als Freund. Er ist wie sie ein Außenseiter, den finden aber auch all die Tussen „très charmant“. Und noch hat er sie nicht wirklich bemerkt, dieser ganz besondere Schanti.
Aber wie das bei Heldinnen halt so ist, auch Flo muss all diese Hürden irgendwie meistern und versucht, sich mutig zu wehren und zu behaupten. So wendet sie sich an uns, und wir werden als Leserinnen und Leser zu Vertrauten in ihrem Tagebuch und dürfen an all den Geheimnissen und Abenteuern teilnehmen.
Max Moor nutzt den Dialog, damit Flo uns an ihrem Leben teilnehmen lassen kann. Und schon tauchen wir ein in die Welt eines jungen Menschen, durchleben Gefühle eines Kindes, das sich hin- und hergerissen fühlt zwischen dem Eigenständigsein-müssen als kleine Erwachsene und dem Dazugehören-wollen bei Gleichaltrigen.
Max Moor vermag es, tief in die Kinderseele zu blicken, ohne dabei ins Pathos zu fallen. Mal keck, mal traurig, aber immer mit einem Schuss Selbstbewusstsein wischt Flo ihre Tränen und Wut schnell beiseite und blickt neugierig nach vorne. Mit einer frechen und modernen Sprache weiß seine Heldin sich schon zu wehren.
Flo ist nicht auf den Mund gefallen und weiß sehr genau, was sie will. Im Gegensatz zu den anderen Kindern muss sie ihr Leben schon ziemlich alleine meistern. Ihre Mutter blieb bei einer Reise im fernen Indien in einem Ashram hängen, und ihren Vater, den kennt sie nicht. So wächst Flo, die eigentlich Florentine heißt, bei Tante Marie-Claire auf. Und die vergisst Flo permanent. Wie auch jetzt am letzten Schultag vor den großen Sommerferien. Sie wartet sehnsüchtig darauf, abgeholt zu werden, um endlich dorthin zu können, wo sie sich zuhause fühlt. Und willkommen. Und geliebt.
Denn Flo besitzt einen ganz großen Schatz, das ist ihr anderes Leben bei Opaludwig auf dem Lande. Eigentlich ist er nicht wirklich ihr Opa. Ihre Mutter hatte ihn in Indien kennengelernt und ihn gebeten, sich um Flo zu kümmern. Und das macht er. Seit ein paar Jahren. Längst haben sich die beiden gegenseitig „adoptiert“.
Endlich angekommen, beginnen für Flo die wundervollsten Wochen des Jahres, denn hier draußen auf dem Land ist sie in ihrem Element. Sie besitzt eine ganz natürliche Beziehung zur Natur, die sie mit all ihren Sinnen erlebt. Sie wandert über riesige Weiden, stromert mit Opaludwigs Hund Günther durch die Wälder, beobachtet Bussarde und hat sich längst mit all den Wasserbüffeln von Bauer Werner angefreundet.
Sie lernt die Natur mit all ihren Geheimnissen und Launen kennen und respektieren, ist Teil des Ganzen, die Erde ein Teil von ihr. Die Ferien beginnen angenehm ruhig und fern der Stadt scheint auch nichts diesen himmlischen Naturfrieden zu stören.
Doch plötzlich, nachdem Flo gewissenhaft die Weiden wieder abgesichert hat, da liegt es: ein kleines Bündel Leben. Kleine Hufe ragen aus dem Gestrüpp, das dunkelbraune Fell, ein Schwänzchen mit weißer Spitze. Ein Wasserbüffel-Baby, das kaum noch atmet. Einsam und verlassen liegt es da und droht zu sterben. Jetzt muss Flo reagieren und es beginnt eine abenteuerliche Reise um das Retten eines Wasserbüffelkälbchens.
Flo wird als Wasserbüffelkälbchen-Mama mit einer riesigen Verantwortung konfrontiert. Im Kälber-Spital, bei Opaludwig im Wohnzimmer, wird Schnüffel-Büffel vor einem Ofen, eingehüllt in vielen Decken, literweise mit Milch aufgepäppelt. So werden Flo und Schnüffel-Büffel ein unschlagbares Team. Natürlich kann Flo seine und Schnüffel-Büffel ihre Sprache verstehen. Gemeinsam gehen sie durch dick und dünn.
Er lehrt sie, wie sich das Leben in einer Herde anfühlt, und wieder muss Flo schmerzlich begreifen, dass dieses ihre größte Sehnsucht ist; Teil einer Herde zu sein.
Als der letzte Ferientag anrückt, bleibt ihr nur eine verzweifelt letze Hoffnung und Entscheidung, damit sie nicht wieder allein sein muss. Sie entschließt sich, Schnüffel-Büffel mit in die Stadt und in die Schule zu nehmen. Natürlich heimlich und so stehlen sich die beiden ganz früh morgens mit Sack und Pack zum Bahnhof.
Die Heldinnen-Reise der beiden beginnt mit einer ganz simplen Frage: Was kostet eigentlich eine Fahrkarte für einen kleinen Wasserbüffel? Und in der Stadt stellt Schnüffel-Büffel fest, dass die meisten Menschen ein ganz miserables Herdenverhalten an den Tag legen. Flo kämpft um ihre und seine Anerkennung, und es folgt ein rasanter Showdown, bei dem die Heldin Flo nicht nur sich, sondern viele andere Menschen lehrt, dass es so viel mehr gibt, als Status und materielle Luxusgüter.
Denn jeder von uns ist doch eigentlich gerne Teil einer Gemeinschaft, in der man sich geborgen und geliebt fühlt. Und ganz unerwartet, aber sehr erhofft, steht Shanti an ihrer Seite…Und auch Flo erkennt, dass sie gar nicht so alleine ist…
Dies Buch ist ein großes Geschenk für Klein und Groß. Max Moor gelingt es, wie schon in seinen Büchern zuvor, das Leben auf dem Land und die Schönheiten der Natur dermaßen liebevoll und wertschätzend wiederzugeben, dass man nur hoffen kann, dass die Geschichte von Flo und dem Schnüffel-Büffel viele Eltern ermutigt, ihre Kinder öfter mal Teil der Natur sein zu lassen. Eine Verantwortung dafür zu übernehmen, wie wichtig das Leben und Spielen im Freien für uns alle ist, spüren, dass jeder von uns Teil dieser Natur ist.
Dieses Buch mit den wunderbaren farbigen Bildern von Julia Ginsbach macht das Ganze zu einem bunten und schönen Bilderbucherlebnis, das viel Freude macht und Hoffnung birgt. Julia Ginsbach lebt wie Max Moor in einem Dorf, und die Liebe zu diesem Landleben ist in jedem Bild zu entdecken. Wer nach diesem Buch kein Wasserbüffelkälbchen großziehen will, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen!
Nun darf man sich hoffentlich auf eine weitere Reihe von Flos Leben und Abenteuern freuen. So viel gäbe es sicherlich noch für Flo und ihren Schnüffel-Büffel zu entdecken! Bestimmt gibt es andere Kinder, die in dem Dorf leben, um mit ihnen gemeinsame Abenteuer zu bestehen. Oder, Flo lädt ihre ganze Klasse ein… ein bisschen frische Landluft, das würde den ganzen Tussis und Schnöseln bestimmt guttun. Und Shanti, ja, der könnte mit ziemlicher Sicherheit bald einen festen Platz bei Opaludwig haben…
Dieses Buch erscheint heute, am 23. Juni, es kostet € 9,99, es darf und sollte die kommenden Sommerferien der Kinder bereichern und gerne im August und September in jedem Schulranzen zu finden sein, um Kinder und Eltern zu ermutigen, mal öfter raus aufs Land zu fahren.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion