An meine Mutter – von Annette von Droste-Hülshoff

Aus der Reihe Epoch Times Poesie – Bekannt ist sie, die nur 1,50 Meter große Dichterin des 19. Jahrhunderts. Weniger bekannt sein dürfte, ihr Talent zu komponieren. So sagte der Dichter Christoph Bernhard Schlütter: „Sie hat die seltenste Gabe, Poesie in Musik und Musik in Poesie zu übersetzen“.
Titelbild
Ohne Worte.Foto: iStock

An meine Mutter

So gern hätt‘ ich ein schönes Lied gemacht,
Von deiner Liebe, deiner treuen Weise,
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt‘ ich so gern geweckt zu deinem Preise.

Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten rollten drüber her,
Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.

So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
vom einfach ungeschmückten Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin;
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.

 

Annette von Droste-Hülshoff



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