Liebe geht durch den Magen – Familientradition auch
Meine Mutter wuchs auf den Kanalinseln von Jersey auf, 25 km vor der Normandie. Sie verbrachte ihre Kindheit zwischen Wellen und Sand, baute Sandburgen und lernte, wie man auf engen, von Hecken gesäumten Gassen Fahrrad fährt. Ihre Familie ist seit dem 15. Jahrhundert dort ansässig, und die Traditionen sowie die Esskultur sind tief verankert.
Das Essen meiner Mutter war für mich ein Tor in ihre Kindheit. Während ich groß wurde, lehrte sie mich alles zum Thema Bohneneintopf und ich wusste, an welchem Marktstand auf dem Heimweg von der Schule das frischeste Gemüse verkauft wurde. Ich kannte Sonntagsbraten, Speck am Samstagmorgen und Bratwürste zum Frühstück. Vor allem aber erzählte sie mir von dem Apfelkuchen meiner Urgroßmutter.
Meine Urgroßmutter war eine starke Persönlichkeit. Sie heiratete mehrmals, fuhr einen Mini Cooper und versteckte ihr Geld unter der Matratze, weil sie der Bank nicht traute. Selbst im Alter von knapp 100 Jahren ließ sie sich noch regelmäßig eine Maniküre machen und trank gerne eine gute Tasse Tee. Ihren Apfelkuchen hat sie fast wöchentlich für meine Mutter gebacken, als diese noch ein Kind war.
Während des Studiums beschloss ich, den Apfelkuchen meiner Urgroßmutter nachzubacken. Meine Mutter hatte eine ungefähre Vorstellung davon, wie der Kuchen aussah – dick geschnittene Äpfel, eine süße Teigkruste –, aber alles, was ihre Großmutter ihr jemals erklärt hatte, waren vage Angaben. Eine Prise Zucker, genügend Mehl und genügend Butter, sodass sich eine Kruste aus Teig bildet. Aufgrund der ungenauen Angaben überrascht es nicht, dass meine Kuchen nie so gut schmeckten wie die meiner Urgroßmutter.
Das Bewahren eines Familienrezepts ist wie das Behüten eines historischen Moments. Speisen sind so eindrucksvoll, so sehr mit unseren Erinnerungen und unserem Identitätsgefühl verbunden. Die Aufbewahrung von Rezepten ist daher für viele von uns wichtig und frühere Zeiten werden so wieder lebendig. Ich kann die Kindheit meiner Mutter zwar nicht zurückholen, aber wenn ich das Rezept richtig hinbekomme, kann ich sie vielleicht wieder für ein paar Minuten in die Zeit eintauchen lassen.
Erinnerungen festhalten
Lisa Lotts, Rezeptentwicklerin und Inhaberin der Koch-Website Garlic and Zest, hat sich sehr bemüht, ihre eigenen Familienrezepte zu bewahren. Ihre Familie wanderte von den Westindischen Inseln in die Vereinigten Staaten ein. Die Familienrezepte waren, wie sie sagt, „immer von der Sorte ‚ein bisschen von diesem und jenem‘“, was es schwierig machte, die genauen Mengenangaben für ein Rezept festzulegen.
„Ein beliebtes Rezept waren frittierte Stockfischbällchen, auch bekannt als accras de morue“, sagt Lotts. „Ich habe mehrmals versucht, es zuzubereiten, aber die frittierten Bällchen wurden nie so gut wie nach dem Rezept meines Großvaters, und ich war sehr frustriert.“
Lotts besuchte ihren Großvater und bat ihn, es einmal zusammen zu versuchen.
„Er erzählte mir, dass er einen Teelöffel Backpulver für den Sauerteig verwendet“, sagte sie. „Dann sah ich aber, wie er einen normalen Suppenlöffel – den großen – aus der Küchenschublade nahm und damit das Backpulver in den Teig gab.“
Danach wurde klar, dass das Maß 2½ Esslöffel betrug. Lotts meint, dies sei ein Aha-Erlebnis für sie gewesen.
„Mir wurde klar, dass seine Kochkünste rein intuitiv waren.“
Wertvolle Erbstücke
Wie sich oft herausstellt, ist die schlechteste Tinte besser als das stärkste Gedächtnis. Deshalb betrachten viele Menschen, die Wert auf die Aufbewahrung von Rezepten legen, ihre aufgeschriebenen Back- oder Kochanleitungen als Familienerbstücke.
Das schönste Geschenk, das die dreifache Mutter Susan Glynn aus Zentral-Pennsylvania je bekommen hat, ist eines von ihrer ältesten Tochter. Sie fertigte es nach dem Tod ihrer Mutter für sie an.
„Sie nahm sechs meiner Lieblingsrezepte aus der Kindheit – darunter den Zitronenbiskuitkuchen meiner Mutter, ihr Beef Bourguignon und ihren Schokoladenkuchen – und rahmte diese geschmackvoll ein. Jeden Morgen, wenn ich an der Küchenarbeitsplatte stehe, sehe ich die Handschrift meiner Mutter auf diesen Rezeptkarten. Sie bringen einige meiner schönsten Erinnerungen an meine Mutter zurück.“
Es gibt viele kreative Möglichkeiten, Familienrezepte zu bewahren, wenn man das Glück hat, sie aufgeschrieben zu haben. Jayna Grassel aus Toronto hat das Rezept ihrer Großmutter für Halupki, ein ukrainisches gefülltes Kohlgericht, auf ein Schneidebrett geätzt. Andrea Zimmerman aus Charlottesville, Virginia, hat für Familienmitglieder einige Rezepte ihrer Großmutter in deren Handschrift auf Geschirrtücher übertragen.
Wertschätzung der eigenen Geschichte
Wenn wir ein geliebtes Gericht so erhalten und nachkochen, wie wir es in Erinnerung haben, bewahren wir ein Stück unserer Vergangenheit und ein Erbe für unsere Kinder. Da wir ständig kochen und essen, ist das Sammeln von Rezepten eine Möglichkeit, unsere Familiengeschichte zu dokumentieren.
„Ich finde es toll, dass ich mit meinen Kindern beim gemeinsamen Backen über die Frauen sprechen kann, die hinter den Rezepten stehen,“ erläutert Courtney Joy Hooley aus Grove City, Pennsylvania, die noch heute die Familienrezepte nutzt, die ihre Mutter in einem selbst gemachten Kochbuch zusammenstellte.
Ich habe den Apfelkuchen meiner Urgroßmutter nie ganz hinbekommen, obwohl ich es so oft versucht habe, dass ich schließlich mein eigenes Rezept entwickelte, das meinen Kindern schmeckt. Ich backe ihn jeden Herbst für sie, und ich hoffe, dass er sie, wenn sie groß sind, an ihre Heimat erinnert.
REZEPT
Rosinen-Apfelkuchen
Meine Schwiegermutter hat mir immer gesagt, ich solle eine Kuchenkruste voll mit Äpfeln füllen. Die Äpfel zerfallen beim Backen, also sollte man genug davon für einen herzhaften Kuchen verwenden. Die Rosinen und die Gewürznelken in diesem Rezept verleihen dem Kuchen einen süßen, winterlichen Geschmack.
Es ergibt einen Kuchen mit 23 cm Durchmesser und doppelter Kruste (Boden und Decke).
Für Boden und Decke
- 2½ Tassen Mehl
- 1 Esslöffel Kristallzucker
- ½ Teelöffel Salz
- 220 g kalte Butter, in kleine Würfel geschnitten
- ½ Tasse eiskaltes Wasser
Für die Füllung
- 8 bis 9 große Äpfel (Boscop, Jonagold und Golden Delicious eignen sich alle gut), entkernt, geschält und in Scheiben geschnitten
- ½ Tasse brauner Zucker
- 2 Esslöffel Mehl
- 1 Teelöffel Zimt
- ½ Teelöffel Muskatnuss
- ½ Teelöffel Nelken
- Saft von 1 Zitrone
- 1 Tasse Rosinen
Und so gelingt es: 4 Esslöffel kalte, in dünne Scheiben geschnittene Butter, Mehl, Zucker und Salz in einer Küchenmaschine oder einem Standmixer mit Rührbesen vermischen. Die Butter nach und nachhinzufügen und so lange mixen, bis die Mischung feinen Krümeln ähnelt. Langsam das kalte Wasser hinzugeben, bis der Teig zusammenhält. Den Teig in zwei gleich große Scheiben formen und mindestens 30 Minuten und maximal bis zu 2 Tage in den Kühlschrank legen.
Den Backofen auf 200 Grad vorheizen.
In einer großen Rührschüssel die Zutaten für die Füllung vermischen. Diese vermengen und ruhen lassen, während Sie den Teig ausrollen.
Auf einer leicht bemehlten Fläche jede Teigscheibe 33 Zentimeter rund ausrollen. Legen Sie die erste Teigscheibe in eine 23-cm-Kuchenform und drücken Sie den überstehenden Teig an den Rand der Form.
Die Zutaten für die Füllung in die Kuchenform geben und die restlichen Butterstücke darauf verteilen.
Legen Sie die zweite Teigplatte über den Kuchen und kräuseln Sie die Ränder, indem Sie den Teig falten und zusammendrücken. Schneiden Sie einige Dampföffnungen in die obere Teigplatte. Wahlweise können Sie dieses Rund auch in Streifen schneiden, um eine Gitterkruste zu erhalten.
Den Kuchen 15 Minuten lang bei 200 °C backen. Dann oben mit Alufolie abdecken, die Ofentemperatur auf 175 °C reduzieren und 1 Stunde lang backen, bis die Kruste goldbraun ist und die Füllung Blasen wirft.
Mit Eis oder Sahne servieren.
Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Why—and How—You Should Preserve Your Family Recipes, Starting Now“.
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