Leise Party mit lauten Harleys

Die Hamburg Harley Days waren ein voller Erfolg
Titelbild
Alle Fotos: Thilo Gehrke

Wenn die Luft benzingetränkt ist und der Donner schwerer Motorradmotoren das kostbare Porzellan in der Vitrine vibrieren lässt, ist es wieder soweit:

Bereits zum fünften Mal seit der Auftaktveranstaltung anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums im Jahre 2003 der amerikanischen Motorradkultmarke Harley-Davidson fand in Hamburg das größte innerstädtische Bikertreffen weltweit statt. Zum Programm rund um den Motorradkult gehörten dieses Jahr unter anderem Auftritte der Bands „Rose Tattoo“ aus Australien und „Die Happy“ mit der Sängerin Marta Jan Dová sowie Stunt-Shows bis die Reifen qualmten. Zum Abschluss des Events rollten 10.000 Bikes zur Parade durch Hamburg. Etwa 60.000 Gespanne und 600.000 Besucher aus der ganzen Welt ließen es am Wochenende auf der Partymeile in der Glacischaussee und dem angrenzenden Kietz „mächtig krachen“.

Die Zeiten, in denen man in Horden auftretende, schwarz gekleidete Biker mit Rockern und finsteren Underdogs* gleichsetzte, die eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, scheinen vorbei zu sein. Dies war dem Bezirksamt Hamburg Mitte, in dessen Zuständigkeitsbereich das Festival stattfand, anscheinend nicht bekannt: Dort entschied man sich unter anderem aufgrund etwaiger Lärmbelästigung die Veranstaltung zu untersagen.

Ein Event von wirtschaftlicher und touristischer Bedeutung

Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), ein kleiner rundlicher Mann Anfang 60, erkannte, welche wirtschaftliche und touristische Bedeutung dieses Ereignis von Weltrang für Hamburg hat, und hob das Verbot auf.

Wohlhabende Angehörige seiner Generation bilden zunehmend die Käuferschicht für schwere klassische Motorräder. Für sie sind diese Maschinen eher Statussymbol, Weltanschauung und Lifestyle als Freizeit und Transportgerät. In der Stadt mit dem Beinamen „das Tor zur Welt“, waren fast alle Hotels ausgebucht. Im Steigenberger stand die Hotelgarage voller Bikes.

Vom Festival zum juristischen Vorgang

Spätestens seit dem Film „Easy Rider“ setzte man Motorradfahren und Hardrockmusik mit Freiheitsdrang gleich. Einige Häftlinge der angrenzenden Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis hätten gern die Hardrockmusik der auftretenden Bands gehört. Das hatte sich wegen der Klage einer Mutter zweier Kinder aus dem angrenzenden belebten Karoviertel nicht erfüllt. In letztinstanzlicher gerichtlicher Entscheidung wurden die Harley Days zwar nicht verboten, die Bands durften jedoch nur noch annähernd in Zimmerlautstärke spielen. Die Einhaltung wurde erstmals mit drei Lärmschutzmessstellen um das Festivalgelände herum behördlich überwacht. – Die Klägerin war zwar verreist, doch manche andere Anwohner werden es ihr gedankt haben Dabei gibt es in der Bevölkerung höchst unterschiedliche Wahrnehmung und Empfindlichkeiten darüber, was Lärm ist. Für den einen ist klassische Musik oder Kindergeschrei wohlklingender Sound, für den anderen ist es Hardrock und das Brüllen seines Motorrades. Manch einer kam mit seiner Harley sogar aus München, weil die Behörden derartige Motorradveranstaltungen dort gar nicht erst zulassen.

Thilo Gehrke

 

* Ein Underdog ist soziologisch eine Person am unteren Rand der Gesellschaft



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