Jules Verne, „Tim und Struppi“ oder die Mondbewohner von Johannes Kepler
Hat Neil Armstrong sein legendäres Mond-Zitat etwa von „Tim und Struppi“ stibitzt? Schon 15 Jahre vor der Apollo-11-Mission waren die belgischen Comic-Helden auf dem Himmelskörper unterwegs.
Die berühmte Nasa-Landung von 1969 nimmt Zeichner Hergé beinahe visionär vorweg. Vor karger Kraterlandschaft lässt er seinen Tim sagen: „Zum ersten Mal macht ein Mensch von der Erde Schritte auf dem Mond!“. Ganz schön nah dran an Armstrongs „ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“
Doch schon lange bevor Tim und sein Hund 1954 im Band „Schritte auf dem Mond“ Fuß und Pfote in den Staub setzen, gehört die Reise ins All zu einem der wichtigsten Stoffe in der Literatur. Über Jahrhunderte schicken Autoren ihre Figuren auf den Erd-Nachbarn. Ideenreich malen sie aus, wie es dort aussehen mag – und wer da eigentlich wohnt.
Mit einem Segelschiff zum Mond
Den Anfang macht ein antiker Spötter: der Satiriker Lukian. Manch einer sieht in ihm den Urvater der Science-Fiction. In seinen „Wahren Geschichten“ aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus – eine Burleske voller Lügen – weht es ein Segelschiff bis zum Mond. Die Crew gerät in einen wahren Krieg der Sterne. In Lukians All bekämpfen sich die Armeen von Mondkönig und Sonnenherrscher, um den tristen Morgenstern zu kolonialisieren.
In der bizarren Schlacht wimmelt es von grotesken Wesen: berittene Geier, Riesenameisen und Flöhe so groß wie zwölf Elefanten. Lukians Parodie ist ein heftiger Seitenhieb auf die römischen Geschichtsschreiber seiner Zeit und ihre Pseudo-Erlebnisberichte von angeblich absonderlichen Völkern.
Vom Mittelalter an muss der Mond dann vorzugsweise als Schauplatz für eine Alternative zur vermeintlich verrohten Erd-Gesellschaft herhalten. Der italienische Renaissance-Dichter Ariost etwa macht den Planeten – Anfang des 16. Jahrhunderts gilt der Mond noch als solcher – zu einer optimalen Welt: Dort wird all das aufbewahrt, was auf der Erde bereits verloren ging. Darunter: der kluge Verstand.
Auch Johannes Kepler erfand Mondbewohner
Der deutsche Astronom Johannes Kepler wiederum gibt in seiner 1634 erschienen Erzählung „Somnium“ („Traum“) das über Jahrhunderte gefestigte geozentrische Weltbild mit der Erde im Zentrum des Universums der Lächerlichkeit preis: Seine Mondbewohner betrachten ihrerseits die eigene Heimat als das Zentrum des Weltalls – um den sich die Erde dreht. Alles auf den Kopf gestellt.
Ganz ähnlich macht es „Robinson Crusoe“-Schöpfer Daniel Defoe: In seinem eher unbekannten, aber für seine technischen Finessen gelobten Fantasieroman „Der Consolidator“ von 1705 nimmt er seine britische Heimat aufs Korn und spinnt dabei die Idee von der einsamen Insel weiter – er verlegt sie einfach hinauf ins All.
Und dann noch Jules Verne
Nicht zu vergessen: Jules Verne. Der französische Abenteuer-Klassiker schickt seine Forscher in „Von der Erde zum Mond“ (1865) und dem Nachfolger „Reise um den Mond“ (1870) ins All. In diesem wird die Reisegesellschaft samt sechs Hühnern und zwei Hunden in einer riesigen Kanonenkugel, die im Inneren einem ausstaffierten Eisenbahnwaggon gleicht, gen Mond geschossen. Allerdings verfehlt die Reisegruppe ihr Ziel und kehrt nach einer elliptischen Runde retour zur Erde – wo sie frenetisch empfangen wird.
Mindestens genauso begeistert wurden 1969 die Apollo-Astronauten bei ihrer Rückkehr auf der Erde willkommen geheißen, auch wenn sie zunächst in Quarantäne mussten. Armstrongs „kleiner Schritt“ machte den Mond für die Erdbewohner endgültig erfahrbar – und holte ihn aus dem Fantasiereich der Literatur endgültig in die Realität. (dpa)
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