Johann Georg von Dillis: Großer Künstler auf Reisen

Vor 265 Jahren wurde Johann Georg Dillis geboren.
49 Jahre später wird er aufgrund seiner Verdienste um die bildende Kunst vom bayerischen König geadelt. Sein künstlerisches Werk ist zeitlos schön, sein kulturpolitisches Erbe bis heute sichtbar und wirkungsvoll.



Johann Georg von Dillis, „Der Tegernsee“, 1825.
Johann Georg von Dillis, „Der Tegernsee“, 1825.Foto: Ermell, gemeinfrei
Von 9. November 2024

Als Johann Georg von Dillis im Dezember 1759 im Forsthaus des oberbayerischen Gmain bei Dorfen geboren wird, deutet nichts auf die erstaunliche Laufbahn des Försterjungen hin.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich sein Vater, der Förster und Jäger Wolfgang Dillis, in seiner Freizeit künstlerisch betätigt. Moderne Medien gibt es nicht. In den Familien wird – wann immer möglich – musiziert, gelesen, gesungen, getanzt, geschnitzt, gemalt und gezeichnet.

Früh zeigt sich bei den Kindern von Wolfgang und Elisabeth Dillis viel Freude am Gestalten. Ganz besonders talentiert ist Johann Georg. Er ist so aufgeweckt und begabt, dass ein illustrer Jäger im väterlichen Forstrevier auf ihn aufmerksam wird. Mit weitreichenden Folgen.

Überraschendes Stipendium und plötzliche Wendungen

Gern geht Kurfürst Max III. Joseph in den Wäldern um Gmain auf die Pirsch und kehrt dabei auch immer wieder im Forsthaus der Familie Dillis ein.

Johann Georg von Dillis, Gemälde von seinem Geburtshaus im oberbayerischen Gmain bei Dorfen. Foto: Johann Georg von Dillis, CC BY-SA 4.0

Er nimmt sich der Ausbildung des Jungen an und macht ihm durch ein kurfürstliches Stipendium den Besuch des berühmten Wilhelmsgymnasiums in der Residenzstadt München möglich. Auch für die Zeit nach dem Schulabschluss gibt es bereits Pläne. Mit kurfürstlicher Unterstützung soll Johann Georg in Rom zum Künstler ausgebildet werden.

Doch dieser Traum zerbricht mit dem frühen Tod von Max III. Joseph im Jahr 1777.
Sein Nachfolger, Kurfürst Karl Theodor, stellt die Unterstützung des Jungen ein und Johann Georg muss andere Wege beschreiten.

Er wendet sich der Philosophie und Theologie zu und wird im Jahr 1782, im Alter von 23 Jahren, zum Priester geweiht. Seine künstlerische Begabung bricht sich jedoch immer stärker Bahn. Dillis lässt sich von seelsorgerischen Pflichten entbinden. Ihn zieht es an die Münchner Zeichenakademie, wo er sein Können weiter vervollkommnet. Bald schon beginnt er selbst als Zeichenlehrer in Adelsfamilien zu unterrichten.

Seine traumwandlerisch sichere Zeichenkunst und die langjährigen Verbindungen zum bayerischen Königshaus und Adel öffnen ihm nun neue Perspektiven.

Reisen zur Kunst und für die Kunst

So begleitet er erstmals 1784 den Sohn des Grafen von Preysing auf einer Bildungsreise in die Schweiz und an den Oberrhein. Reisen zur Kunst und Reisen für die Kunst werden fortan zum Bestandteil seines Künstlerlebens.

Straßburg, Landshut, Prag, Leipzig, Wien und Salzburg sind nur einige der vielen Städte, die Dillis auf diesen frühen Exkursionen besucht – meist als kunstkundiger Begleiter bayerischer Aristokraten, immer bewaffnet mit Zeichenstift, Feder, Aquarellfarben und Papier.

Johann Georg von Dillis, „Blick auf Salzburg“, Bleistift, graue Tusche, graue und braune Wasserfarbe auf bläulichem Papier, 31,8 x 47,4 cm. Foto: gemeinfrei

Unentwegt skizzierend hält er seine Eindrücke von Landschaft, Naturphänomenen, Bauwerken und Menschen fest. 1788 zeichnet er den zweijährigen Pfalzgrafen Ludwig. Jahrzehnte später wird er mit ihm, dem designierten bayerischen Thronfolger, nach Italien reisen.

Auch als der Kronprinz im Jahr 1825 zu Ludwig I. König von Bayern gekrönt wird, bleibt der inzwischen geadelte Dillis sein unverzichtbarer Reiseführer und wichtigster Berater in allen Kunstangelegenheiten.

Unternehmungsfreudig und vielseitig

Bereits 1790 war Kurfürst Karl Theodor auf Dillis, dem er einst die finanzielle Unterstützung entzogen hatte, aufmerksam geworden.

Nun beruft er ihn zum Inspektor der bayerischen Kurfürstlichen Galerie.
Nur fünf Jahre später wird der Traum von Johann Georg Dillis endlich wahr.
Er reist erstmals nach Rom, eine Vielzahl von Reisen nach Italien und Frankreich werden folgen.

Johann Georg von Dillis, „Die Hügel Umbriens in der Nähe von Perugia“, 1830–1832, Aquarell und Gouache über Grafithstift auf blau-grünem Papier, 22,6 x 32,9 cm. Foto: gemeinfrei

Ob als Reisegenosse von Adeligen oder in seiner Funktion als Käufer von Artefakten für die bayerischen Sammlungen – vor allem Italien wird das Land seiner Träume bleiben.

„Tag und Nacht reisefertig […], wenn es nach Italien ging“, so beschreibt ihn sein befreundeter Priester Balthasar Speth, Maler und Autor einer dreibändigen Monografie über die Kunst Italiens, zu der Dillis maßgeblich beiträgt.

Tiefe Liebe zur eigenen Heimat

Doch Dillis liebt seine eigene bayerische Heimat nicht minder. Stunden- und tagelang durchwandert er Auen und Wälder in und um München, besucht die Landschaft seiner Kindheit bei Dorfen und fährt an die oberbayerischen Seen.

In seinen vor Ort entstandenen Zeichnungen und Aquarellen verewigt er Natur und Menschen einer Zeit, in der die heimischen Landschaften und ihre bäuerlichen Bewohner im Allgemeinen als kaum bedeutsam, weil selbstverständlich erscheinen.

So hält er fest, was sonst für ewig verloren wäre: Bilder von Menschen, ihrem Alltag, ihren Bräuchen und Trachten, Landschaften vor ihrer Industrialisierung, kurz: das Lebensgefühl einer anderen, entschwundenen Zeit.

Johann Georg von Dillis, „Hirtenidylle bei Niederreuth“, Bleistift und Aquarell auf Bütten, 21,4 x 31,3 cm, 1841. Foto: gemeinfrei

Immer wieder richtet sich sein Blick auch gen Himmel.
Allein über 250 Wolkenstudien entstehen, die er häufig mit weißer Kreide unvergleichlich leicht und schwerelos auf blaugetöntes Papier bringt. Im Bewusstsein ihrer flüchtigen Erscheinung gibt er oft nicht nur das Tagesdatum, sondern auch die Uhrzeit der festgehaltenen Beobachtung an.

Gestalter und Verwalter

Gleichzeitig arbeitet er unermüdlich als oberster Kunstbeamter Bayerns und lehrt darüber hinaus für einige Jahre als Professor für Landschaftsmalerei an der Kunstakademie München.

Kein Wunder, dass ihm kaum mehr Zeit für Gemälde bleibt. Aquarellpinsel, Kreide, Rötelstift und Tuschefeder sind und werden immer mehr die Instrumente seines künstlerischen Ausdrucks.

Johann Georg von Dillis, „Steg über einen Bach in Au“ (Münchner Vorstadt), Pinsel und Feder in Schwarz und Grau sowie Bleistift auf Bütten, 23,3 x 33 cm, um 1806. Foto: gemeinfrei

Durch die so mögliche, unentwegte eigene künstlerische Praxis findet er immer wieder die Energie für kulturpolitische, oft auch trockene und langwierige Arbeiten.

Er ordnet die Kunstsammlungen des bayerischen Staates in Nürnberg, Bamberg, Würzburg und Aschaffenburg neu, verfasst umfangreiche Bestandsverzeichnisse und gliedert die von Napoleon einst geraubten Kunstwerke wieder in die bayerischen Sammlungen ein.

1827 legt er durch seine maßgebliche Rolle beim Ankauf der berühmten Sammlung Boisserée für das Königreich Bayern den Grundstein zur weltberühmten Alten Pinakothek in München.

Kunstschätze im Herzen Münchens

Noch heute sind die 215 Tafelgemälde altdeutscher und altniederländischer Meister im klassizistischen Bau zu sehen, den Leo von Klenze entwarf und dessen Konzeption Johann Georg von Dillis eng begleitete.

Nur etwa zehn Minuten Fußweg entfernt liegen seine eigenen, über 8.200 Zeichnungen und Aquarelle, 40 Skizzenbücher, Briefe und Dokumente verwahrt.

55 Jahre nach dem Tod von Johann Georg von Dillis im Jahr 1841 erwirbt der Kulturhistoriker Karl Trautmann 1896 den Nachlass des Künstlers für den Historischen Verein von Oberbayern – für 200 Mark.

Seit 1996 schlummert dieser wunderbare Schatz nun als Dauerleihgabe des Vereins in der städtischen Galerie im Lenbachhaus. Mitten in der Stadt, in der Johann Georg von Dillis jahrzehntelang lebte, deren damaligen Charme er liebte und die er nachhaltig prägte.



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