Jenny Elvers schreibt über ihre Ängste und Alkohol

Schauspielerin Jenny Elvers schaut zurück. Sie schildert eindrucksvoll ihren Alkoholabsturz, doch ihre Biografie sei kein Buch über Sucht, sagt sie im Gespräch. Ihr Blick geht auch nach vorn.
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Zurück im Leben: Jenny Elvers hat ihre Autobiographie geschrieben.Foto: Ursula Düren/dpa
Epoch Times11. September 2018

Jenny Elvers hat ihre Autobiografie geschrieben, mit 46. Zunächst geht es um ihren Alkoholabsturz, gnadenlos schildert sie die Folgen der Sucht.

„Ich liege auf dem harten Fliesenboden einer Restauranttoilette – mit dem Gesicht nach unten“, lautet der erste Satz. „Meinen Körper spüre ich nicht. Ich kann mich nicht bewegen.“ Am 17. September 2012 lallt und kichert sie in einer Livesendung des NDR – ihre Sucht wird schlagartig öffentlich.

Sie geht in den Entzug. „Ich kann vor Schmerzen nicht einmal mehr schreien“, schildert sie die ersten Tage in Therapie. „Mein Weg führt durch die Hölle. Einmal komplett durch, ohne Abkürzung.“ Den peinlichen Fernsehauftritt nennt sie heute „meine Erlösung“.

„Das war lebensrettend“, sagt sie im Gespräch. „Ich habe das Buch jetzt geschrieben, weil meine Seele gesund ist“, betont sie. „Es ist ein langer Prozess gesund zu werden.“ In „Wackeljahre: Mein Leben zwischen Glamour und Absturz“ geht es keineswegs nur um Alkohol. „Es ist eine Biografie, die auch erzählt von einer jungen Frau, die aus der Lüneburger Heide loszieht, um die Welt zu erobern“, sagt Elvers.

„Der rote Faden ist der Alkohol, es ist aber kein klassisches Suchtbuch“, sagt sie. „Ich möchte niemanden therapieren, aber ich wollte erzählen, wie man da hinkommt. Und dafür musste ich natürlich ganz vorne anfangen.“ Das Buch sei ein guter Abschluss.

Dazu gehören Stationen als Heidekönigin im Jahre 1990, als Model und beliebtes Motiv auf roten Teppichen – an der Seite berühmter Männer. Vor Instagram und Facebook seien die Boulevardzeitungen die Plattform zur Selbstdarstellung gewesen. „Diese naive Eitelkeit war ein Fehler“, schreibt sie. „Plötzlich galt ich als Vorreiterin eines ganz neuen Berufsstandes: Ich war Deutschlands vermeintlich erstes Luder.“

Die lebenserfahrene und gertenschlanke 46-Jährige beim Interview-Termin in einem gediegenen Lüneburger Hotel hat mit der fröhlich-unbeschwerten und eher üppigen Blondine von damals kaum etwas gemein, so scheint es zunächst. Elvers kann auch über sich lachen, mit viel Selbstdistanz gibt sie Auskunft. „Ich kann jetzt schon mit 46 auf ein bewegtes Leben zurückblicken. So wirklich ruhig war es nie“, sagt sie. „Es hat auch viele lustige Momente – 28 Jahre Showbusiness ist ja auch schon ganz schön.“

Sie beschreibt sich in „Wackeljahre“ als zielstrebige Perfektionistin mit Lächel-Fassade, die immer wieder Aufmerksamkeit sucht und auch an den eigenen Ansprüchen und Unsicherheiten zu zerbrechen droht. „Sei aufgeschlossen, freundlich und unkompliziert – dann sind alle mit dir zufrieden“ – das habe sie früh gelernt. „Immer lustig. Immer nett.“ Die Ängste, auch die, trotz teils begeisterter Kritiken als Mogelpackung auf der Bühne entlarvt zu werden. Ängste, Schlafstörungen, Alkohol – bis der Körper nicht mehr mitmacht.

Ausführlich schildert Elvers ihre erste große Liebe zu einem Rockstar, sie nennt ihn nicht. „Er hält sein Privatleben komplett privat, das sollte man respektieren“, sagt sie dazu. Als sie sich kennenlernen, da ist sie 17. „Auch das hat mich geprägt“, sagt sie heute. „Da bin ich mit Hauruck in eine ganz andere Welt gekommen.“ Später wohnen sie eine Weile in der Heide in einem kleinen Ort, noch kleiner als Amelinghausen. Doch Elvers zieht es hinaus in die große Welt, irgendwann die endgültige Trennung, sie sehen sich nie wieder. Später geht es in dem Buch auch um die schwierige Beziehung mit Heiner Lauterbach und den Liebesspagat mit Hip-Hopper Thomas D. von den Fantastischen Vier („Die da“).

Ihren Durchbruch hat Elvers 1996 mit dem Kinofilm „Männerpension“ von Detlev Buck. Eine Szene verfolgt sie bis heute – kurz lupft sie den Rock, ein Höschen trägt sie darunter nicht. Erste Fernsehrollen folgen. Später wird es durchaus seriös. Sie spielt im Hamburger Schauspielhaus und die Buhlschaft im Berliner „Jedermann“. Für ihre Rolle in Bucks Film „Knallhart“ findet sie 2006 weithin Anerkennung als ernste Darstellerin – „selbst das Feuilleton schrieb sehr wohlwollend über mich“, heißt es dazu. Zu spät. „Bei mir kam diese Ehre nicht an. Ich fiel…tiefer und tiefer.“

Der Vater ihres Sohnes Paul (17) wird nicht genannt, Trennung und Sorgerechtsstreit mit Sänger Alex Jolig werden nicht erwähnt. Am Schluss schlägt das Buch den Bogen zum Ende der Therapie. Die Jahre danach fehlen. Nichts über die Teilnahme an „Promi Big Brother“, am Dschungelcamp oder den zweiten Playboy-Auftritt 2016. Auch die Rückkehr in die Heide fehlt. „So ist es runder. Den Rest braucht es da nicht“, sagt Elvers. „Vielleicht gibt es in einigen Jahren noch ein zweites Buch.“ Alkohol soll nicht darin vorkommen.

Derzeit lebt sie mit Paul in ihrer Geburtsstadt Lüneburg, ihm ist das Buch gewidmet. „Mein Sohn – gut hingekriegt“, sagt sie stolz. „„Mama ist fast nie peinlich“, hat er gesagt.“

Jenny Elvers: Wackeljahre: Mein Leben zwischen Glamour und Absturz, mvg Verlag, München, 176 S., 17,99 Euro, ISBN 978-3868826678 (dpa)



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