Großes Glück! Gute Nachricht!

Von 11. März 2005

Wenn es heute, lieber Leser, nicht Ihr Tag war, weil Ihnen Kollegen, Vorgesetzte und andere Nervtöter wieder mal den Tag gestohlen haben,

Ihnen den Alltagstrott, diese tägliche Zwangsjacke, so richtig vor Augen

geführt gibt es jetzt, obwohl Sie damit eigentlich nicht mehr rechnen konnten, doch noch eine gute Nachricht. Und es wird Ihnen vermutlich ergehen wie mir,

Sie werden großes Glück verspüren.

Denn wenn Sie dieses Buch lesen: „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier, dann wird Ihr Leben schöner werden. Und Sie werden nachdenken über ihr Leben. Es ist beinahe unmöglich nicht schon während des Lesens dies zu tun. Dieser Roman wird Sie in einen Taumel von Freude und Melancholie stürzen. Er wird Sie reifer machen, er wird Sie mit Erkenntnissen reich belohnen.

„Nachtzug nach Lissabon“ nimmt einen mit auf eine Reise, eine Reise, die wir

alle schon immer machen wollten, uns nur nicht getrauen. Pascal Mercier hat mit diesem Buch das beste Buch geschrieben das ein Schriftsteller in seinem Leben schreiben kann. Hier bleibt nur Verneigung vor einem ganz Großen seiner Zunft. Selten hat ein Schriftsteller aus Worten so etwas Unglaubliches gezaubert.

Im Grunde genommen ist es eine einfache Geschichte:Ein Mann, Raimund Gregorius, Lehrer für alte Sprachen an einem Berner Lyzeum,in der Mitte seines Lebens, ändert wegen einer einzigen Bemerkung einer

unbekannten Frau und einem kleinen Buch eines Portugiesen, das ihm zufällig in die Hände fiel, sein ganzes bisheriges Leben und wird dabei glücklich. Weil er den rastlosen Versuch unternimmt, zu verstehen, wie es war, Amadeu de Prado zu sein. Er muss einfach nach Lissabon fahren. Er wird dort Menschen treffen, die ihn kannten, diesen Portugiesen, der Arzt, Poet und Kämpfer gegen die Diktatur Salazars war. Ein Mann, der in seinem kleinen Buch den Versuch unternahm, all die stummen Erfahrungen eines menschlichen Lebens in Worte zu fassen. Erfahrungen von Einsamkeit, Endlichkeit und Tod, von Freundschaft, Liebe und Loyalität.

Und was es bedeutet, ein anderes Leben zu verstehen, was es bedeutet für das Erkennen seiner selbst, wird Gregorius erfahren und Sie auch.

Zum Schluss noch ein Vorschlag: Wenn Sie das Buch zu Hause haben, warten Sie noch bis zum Wochenende. Sagen Sie alle Einladungen ab. Sollte Sie keine haben, umso besser. Ziehen Sie den Stecker aus der Telefonbuchse, schalten Sie Ihr Handy aus. Kaufen Sie Freitagabend noch Rotwein, Käse und Brot, meinetwegen auch Schweizer Schokolade, portugiesischen Espresso oder Assam-Tee. Dann fahren Sie liebevoll über den Buchdeckel, öffnen das Buch ganz langsam und lassen sich mit Gregorius entführen: im Nachtzug nach Lissabon.

Chapeau! Pascal Mercier!

Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon

Roman; Hanser Verlag, 2004; 496 S., 24,90 €



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