Gebildet, selbstbewusst, kunstsinnig – Isabella d‘Este
Der zeitgenössische Dichter Nicolò da Correggio wird sie eines Tages „prima donna del mondo“, „vornehmste Frau der Welt“ nennen.
Am 18. Mai 1474 kommt Isabella d’Este als erstes von sechs Kindern des Herzogs von Ferrara, Ercole I., und seiner Frau Leonora zur Welt. Die außergewöhnlich vielseitige Erziehung, die das Mädchen erfährt, ist das tragfähige Fundament für die Herausforderungen, die ihr Lebensweg bereithält.
Bildung und Kultur als Fundament
Unter der Herrschaft der d’Estes, einem der ältesten Adelsgeschlechter Italiens, hat sich Isabellas Heimatstadt Ferrara schon vor ihrer Geburt zum wichtigen kulturellen Zentrum entwickelt. Prachtvolle Renaissancepaläste, eine einflussreiche Universität, Kunst, Musik und Theater prägen das Erscheinungsbild und das Leben der Stadt. In diesem der Bildung und Schönheit zugewandten Umfeld wachsen Isabella und ihre Geschwister auf.
Latein und Griechisch, Gesang, Flöten- und Lautenspiel, Studium und Lektüre klassischer Literatur und Geschichte gehören zum täglichen Bildungskanon. Auch das Lesen geografischer Karten, Astronomie und Schach machen den Kindern, insbesondere Isabella, allem Anschein nach viel Freude.
Politik und Liebe
Im Alter von sechs Jahren wird sie dem ältesten Sohn der Fürstenfamilie Gonzaga aus Mantua als zukünftige Frau versprochen. Eine in unseren Tagen kaum nachvollziehbare, im späten 15. Jahrhundert jedoch übliche Vorgehensweise, um Adelsdynastien zu vernetzen und deren Einfluss weiter auszubauen. Isabella und der acht Jahre ältere Francesco nehmen die Entscheidung ihrer Familien, wie es scheint, ohne Widerspruch hin.
Schon bald schreiben sich die früh Verlobten Briefe. Zehn Jahre später, im Jahr 1490, heiraten sie und Isabella wird mit 16 Jahren Markgräfin des 100 Kilometer von Ferrara entfernten Mantua.
Ihr 24-jähriger Mann kennt ihre Begeisterung für Kunst und Kultur, aber auch ihr Talent für Diplomatie und Politik genau. Zwischen beiden ist während des Jahrzehnts ihrer Verlobung viel Vertrauen gewachsen.
Auch Francesco verfügt über eine hervorragende humanistische Bildung. Gemeinsam mit Söhnen wohlhabender und mittelloser Familien hat er sie in der sogenannten „Prinzenschule“ von Mantua erworben. Nun aber muss er als Kommandeur eines Militärbündnisses seine Heimatstadt Mantua immer öfter – auch für längere Zeit – verlassen.
Frieden und Krieg
Der Frieden, der Oberitalien eine große Blüte beschert hatte, gehört durch die Kämpfe und Intrigen der „grandi Guerre de Italia“, der „großen Italienkriege“, mit einem Schlag der Vergangenheit an.
Alle Staatsgeschäfte legt Francesco für die Zeit seiner Abwesenheit vertrauensvoll und ohne Zögern in die Hände seiner jungen Frau.
Während er also jahrelang in wechselnden Allianzen Schlacht um Schlacht schlägt und schließlich sogar in Gefangenschaft gerät, verwaltet und gestaltet Isabella die Markgrafschaft Mantua mit großem Geschick.
Trotz zahlloser Wirren und politischer Intrigen kann sich der Kleinstaat unbeschadet zwischen den Fronten behaupten. Und: Obwohl Unsicherheit und Bedrohungen ständig präsent sind, werden Isabella und Francesco Eltern von sieben Kindern.
Mutter, Fürstin, Mäzenin
Wie Isabella d’Este sieben Schwangerschaften und ihre Rolle als Mutter, die täglichen Entscheidungen und Aufgaben einer Fürstin und die Bewältigung permanenter diplomatischer Krisen bewerkstelligt, ist bewundernswert.
Denn obwohl Isabella am Hof von Mantua von Ratgebern und Helfern sicherlich unterstützt wird, steht sie doch ständig im Zentrum des turbulenten Geschehens.
Was also macht sie zu dieser Frau, deren Energie uns auch heute noch in Erstaunen versetzt?
Der Kunsthistoriker Jan Lauts gibt in seiner berühmten Biografie der Renaissancefürstin eine Antwort: „Ein von unerschöpflicher Vitalität genährtes, lebhaftes und willenskräftiges Temperament von weltzugewandter, weltfroher Offenheit, eine durch sorgfältige Erziehung entwickelte, reiche geistige Veranlagung und künstlerische Sensibilität befähigen sie dazu“, schreibt er 1952.
Ein Leben in Briefen
Und auch Isabellas Briefe geben für diese Einschätzung beredtes Zeugnis. Bis zum heutigen Tag sind 12.000 Briefe der Markgräfin an Zeitgenossen überliefert. Denn: Im Bewusstsein ihrer eigenen historischen Bedeutung lässt sie jeden ihrer Briefe – bevor er den Palast verlässt – von Schreibern in Folianten kopieren.
Gleichzeitig werden abertausende Briefe, die sie erhält, als Originale im Archiv des Palazzo fein säuberlich archiviert. So überdauert fast ihre gesamte Korrespondenz die Jahrhunderte und schenkt uns bis heute tiefe Einblicke in den Alltag, die Politik, das Denken, Hoffen und Handeln im Zeitalter der Renaissance.
So führt Isabella umfangreiche Briefwechsel mit ihrem Mann, mit Verwandten, Freunden, Musikern, Komponisten, Wissenschaftlern, Literaten und Künstlern.
Leidenschaftliche Sammlerin
Letzteren beschreibt sie in großer Ausführlichkeit ihre Vorstellungen von Werken, die sie in Auftrag zu geben gedenkt. So präzise, dass man in gewisser Weise von einer schöpferischen Mitautorenschaft sprechen kann.
Bis ins kleinste Detail legt sie, so zum Beispiel dem berühmten Maler Perugino, eine figurenreiche Szenerie dar und bittet ihn, ihre „poetische Erfindung“, deren malerische Umsetzung sie sich „innig wünsche“, doch möglichst bald Wirklichkeit werden zu lassen.
Leonardo da Vinci, dem viel beschäftigten Baumeister, Erfinder, Forscher, Zeichner und Maler, widmet sie gleich mehrere Schreiben, um ihn für ein Ölgemälde zu gewinnen.
„Meister Leonardo“ schreibt sie, 30 Jahre alt, 1504: „Ich höre, dass Ihr gerade in Florenz weilt und habe dadurch die Hoffnung, dass ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehen könnte: Etwas von Eurer Hand mein Eigen nennen zu dürfen.“
Leonardo jedoch ist zu beschäftigt. Eine zarte Kohlezeichnung, das wohl berühmteste Porträt Isabellas, entsteht bei einem Aufenthalt am Hof von Mantua. Eines der sehr seltenen Ölgemälde Leonardos wird die kunstbegeisterte Markgräfin jedoch nie besitzen.
Reiches Erbe
1542, drei Jahre nachdem Isabella d‘Este, von der Bevölkerung Mantuas hochverehrt, im Alter von 65 Jahren stirbt, legt ein Notar eine Inventarliste ihrer Sammlung an. 1620 Gegenstände finden in ihr Aufnahme.
Diese befinden sich in Isabellas Studierzimmer, dem „Studiolo“ und der „Grotta“, einem großen Ausstellungsraum, im Palast von Mantua. Viele werden in den folgenden Jahrzehnten verkauft und wandern – verstreut in alle Welt – in Privatsammlungen und Museen.
Was bis heute von Isabellas Erbe in Mantua überdauert, sind die mit reichen Vertäfelungen, Intarsien, Einbaumöbeln und Wandmalereien prachtvoll ausgestatteten Räume der Markgräfin im Palazzo Ducale.
Und: Das große Gemälde einer bewegten und fruchtbaren Epoche, das Isabellas d’Estes Korrespondenz in Tausenden von Facetten und Nuancen für die Nachwelt malt.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion