Der Weg des Pippin: Vom Tollpatsch zum tapferen Helden

Peregrin Tuk, ein unaufmerksamer Hobbit, entwickelt sich in Tolkiens „Der Herr der Ringe“ vom schelmischen Außenseiter zum tapferen Helden. Durch Opfer, Mut und Verantwortung erkennt er seine Rolle im Kampf gegen das Böse und dient dem größeren Wohl.
Titelbild
Die Schauspieler Billy Boyd, Orlando Bloom und Elijah Wood nehmen an der Premiere von New Line Cinema, MGM Pictures und Warner Bros. Pictures' „Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere“ im Dolby Theatre am 9. Dezember 2014 in Hollywood, Kalifornien, teil.Foto: Frazer Harrison/Getty Images
Von 27. Februar 2025

J.R.R. Tolkiens Fantasywerk „Der Herr der Ringe“ wimmelt nur so von inspirierenden Charakteren. Aragorn, der rechtmäßige Erbe Gondors, verkörpert gerechte Führung. Der unersetzliche Frodo Beutlin zeigt, was es bedeutet, selbstlos eine Bürde anzunehmen. Selbst Boromir, Gondors herausragender Krieger, der die menschliche Neigung zur Machtkorruption widerspiegelt, dient den Lesern als Beispiel für Loyalität.

Angesichts dieser herausragenden Figuren ist es leicht, Peregrin Tuk zu übersehen – doch seine Charakterentwicklung im Verlauf der Saga veranschaulicht Tolkiens tiefgründige Einsichten in die Natur von Mut, Tugend und Opferbereitschaft.

Dummkopf von einem Tuk!

Peregrin Tuk, genannt „Pippin“, ist einer der Hobbits im Zentrum von Tolkiens Fantasiewelt. Die ländlichen Hobbits kleiden sich in leuchtenden Farben, leben barfuß und bewohnen gemütliche unterirdische Behausungen. Pippin ist ohne Ende verspielt, hoffnungslos tollpatschig und nicht gerade ein Freund körperlicher Arbeit. Selbst unter Hobbits gilt er als extravagant. Seine Fröhlichkeit hebt oft die Stimmung, bringt aber auch alle in Gefahr.

Um das Böse, das Mittelerde bedroht, zu bekämpfen, bilden die Anführer der Menschen, Elben und Zwerge eine Gemeinschaft. Neun Gefährten müssen ins Feindesland aufbrechen, um den einen Ring zu vernichten, mit dem der dunkle Herrscher Sauron die Welt kontrolliert.

Unter ihnen sind vier Hobbits aus dem Auenland: Frodo, der „Ringträger“, sein treuer Freund Sam, Pippin und Pippins bester Freund und Cousin Merry. Die Reise der Gefährten nimmt viele Wendungen. Sie trennen sich, finden aber immer wieder zusammen. Doch ihre erste große Herausforderung ist eine direkte Folge von Pippins Unachtsamkeit – und sie hätte beinahe allen das Leben gekostet.

Um unwirtliche Pfade zu meiden, nehmen die Gefährten einen Umweg durch eine alte Zwergensiedlung. Kaum betreten sie die unterirdischen Tunnel, spüren sie die Anwesenheit einer feindlichen Macht. Doch der unschuldige und neugierige Pippin verkennt die Gefahr.

Er entdeckt einen Brunnen und ist von dessen scheinbar bodenloser Tiefe fasziniert – so sehr, dass er einen Stein hineinfallen lässt. Das Geräusch des herabstürzenden Steins hallt durch die gewaltigen, düsteren Hallen. Dann beginnen Trommelschläge zu dröhnen. Er hat etwas geweckt, das besser ungestört geblieben wäre.

Eine Horde blutrünstiger Orks nimmt die Gefährten ins Visier. Nach einem erbitterten Kampf gelingt ihnen nur knapp die Flucht.

„Dummkopf von einem Tuk!“, fährt der Zauberer Gandalf den schuldbewussten Hobbit an. Dies ist kein Ort für einen gedankenlosen Tölpel. Unachtsamkeit kann tödlich sein. Doch zum Glück hat Pippin noch viele Gelegenheiten, sich zu beweisen.

Pippins erste Bewährungsprobe

Kurz nach ihrer Flucht wird die Gemeinschaft erneut von einer Ork-Schar überfallen und in drei Gruppen auseinandergerissen. Die Krieger müssen die Hobbits zurücklassen. Während Frodo und Sam ihre Reise allein fortsetzen, werden Pippin und Merry gefangen genommen. Die Orks glauben, Pippin besitze den Ring und wollen ihn Sauron übergeben.

In einem Moment kluger Geistesgegenwart lässt Pippin eine Brosche fallen, die er zu Beginn der Reise erhalten hat. Sie ist an einer Kette aus Elbenmetall befestigt – ein Material, das sich nur lösen lässt, wenn es von Hand geöffnet wird. Pippin weiß, dass die Krieger nach ihm suchen werden, und die zurückgelassene Brosche dient ihnen als Spur.

Der Hobbit beginnt, wie ein echtes Mitglied eines Teams zu denken – einer Gemeinschaft, die durch ein gemeinsames Ziel vereint ist. Er setzt alles ein, was ihm zur Verfügung steht, um sein eigenes Überleben und den Erfolg seiner Gefährten zu sichern.

Pippins Entscheidung erweist sich als wirkungsvoll. Zwar werden er und Merry nicht sofort gerettet, doch gelingt es ihnen so, den Orks zu entkommen. Ihre Freunde wissen nun, dass sie am Leben sind. Mit neuer Hoffnung setzen sie ihre Mission fort – eine Hoffnung, die sie zu einer Reihe maßgebender Entscheidungen inspiriert.

Doch Pippin denkt noch immer vor allem an sein eigenes Überleben. Um ein wahrer Held zu werden, muss er lernen, den Wert mutiger Opfer zu erkennen – selbst wenn es bedeutet, sein eigenes Leben zu riskieren.

Vom Hobbit zum Helden

Als Pippin Gandalf wieder trifft, besitzt der Zauberer bereits eine „glatte Kristallkugel“ – einen Palantír, mit dem Sauron in den Geist dessen blicken kann, der ihn hält. Merry warnt Pippin davor, sich in die Angelegenheiten von Zauberern einzumischen, doch die unbändige Neugier des Hobbits gewinnt erneut die Oberhand.

Während Gandalf schläft, stiehlt Pippin den Palantír und blickt hinein:

„Er hielt seine Augen gefangen, sodass er nun nicht mehr wegsehen konnte. Bald schien alles im Inneren in Flammen zu stehen; die Kugel drehte sich, oder die Lichter in ihr kreisten. Plötzlich erloschen die Lichter. Er keuchte und kämpfte dagegen an; doch er blieb gebückt, die Kugel mit beiden Händen umklammernd. Immer tiefer beugte er sich, bis er erstarrte; seine Lippen bewegten sich lautlos eine Weile. Dann stieß er mit einem erstickten Schrei zurück und blieb reglos liegen.“

Pippin beschreibt seine Vision, die „einen dunklen Himmel und hohe Zinnen“ umfasst, als „grausam. Es war, als würde man von Messern gestochen.“

In „The Hobbit“ and „Philosophy“ stellen Gregory Bassham und Eric Bronson fest, dass Pippins direkte Begegnung mit dem Bösen eine der tiefgreifendsten Wandlungen in Tolkiens Saga auslöst.

Zunächst ist der Hobbit „gedankenlos und unreif“ – eine Figur, die kaum zu den standhaften, entschlossenen Helden der Gemeinschaft passt. Obwohl er ein direkter Nachkomme des Anführers der Hobbits ist, hat er seit seiner Kindheit eher seine schelmische Ader ausgelebt. Seine liebsten Beschäftigungen sind Essen, Bier und Müßiggang. Doch das einfache Leben, nachdem er sich sehnt, passt nicht zu den großen Königshallen.

Das ändert sich schlagartig, als er sich dem furchterregenden „Feuer“ Saurons stellt. Pippins „vollständige ethische Verwandlung“ beginnt. Er wusste bereits, dass die Welt durch das Böse dem Untergang geweiht war. Doch zum ersten Mal in seinem Leben spürt er die erschütternde Realität dieser Bedrohung – daher seine körperliche Starre.

Als er aus seinem Schock erwacht, erkennt Pippin, dass der Kampf gegen das Böse ebenso seiner ist wie der aller anderen. Niemand wird von der Zerstörung verschont bleiben. Es braucht ein mutiges Opfer, um das Böse zu besiegen – und Pippin ist nun bereit, dieses Opfer zu bringen.

Schließlich nimmt Gandalf Pippin mit nach Minas Tirith, die uneinnehmbare Zitadelle der Menschen und das nächste Ziel der Orks. Bei einer Audienz mit dem Truchsess der Stadt bietet Pippin ihm aus Respekt für den gefallenen Boromir, den Sohn des Truchsess sowie einen seiner Gefährten, seine lebenslange Treue an. Boromir war im Kampf gefallen, um ihn und Merry zu verteidigen.

Kurz nach Pippins Treueeid verfällt der Truchsess in Verzweiflung und versucht, sich und seinen anderen überlebenden, aber verwundeten Sohn auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen. Pippin erkennt den Wahnsinn und holt Gandalf. Mit der Hilfe des Hobbits kann der Zauberer den Sohn des Truchsess retten – ein Mann, der später eine entscheidende Rolle im Kampf gegen das Böse spielt.

Pippin meldet sich außerdem freiwillig für die Armee des Westens, die Saurons Truppen ablenken soll, damit der Ring zerstört werden kann. Dabei wird er der erste und einzige Hobbit, der einen Troll tötet. Nach seiner Rückkehr in die Heimat führt er die Hobbits an, um die bösen Kräfte zu vertreiben, die das Auenland infiltriert hatten – und wird dadurch sogar berühmter als Frodo.

Nachdem er sein heldenhaftes Potenzial voll entfaltet hat, findet Pippin schließlich zu seinen Wurzeln zurück. Er wird Anführer der Hobbits und regiert für 50 Jahre das Auenland gerecht. Schließlich stirbt er eines natürlichen Todes und wird neben dem großen König Aragorn beigesetzt.

Diese Reihe von tiefgreifenden Veränderungen begann mit Pippins Blick in das Böse. Mit einem neu gewonnenen Pflichtbewusstsein gegenüber der Welt lernte er, seine Sehnsucht nach Bequemlichkeit beiseitezulegen und mutig zu handeln, wann immer es nötig war.

Dem größeren Wohl dienen

Warum hat Pippins Blick in den Palantír ihn so sehr verändert? Hier zeigte Tolkien wieder einmal seine typische Schärfe in Bezug auf menschliche Psychologie. Er will den Lesern vermitteln, dass einer der bedeutendsten Motivatoren für moralische Entwicklung die Auseinandersetzung mit dem Bösen ist.

Was würde passieren, wenn das Böse die Welt eroberte? Wie würde Gleichgültigkeit dem Bösen helfen, sich auszubreiten? Und was würde aus unseren geliebten Menschen, wenn wir unser Potenzial für das Gute nicht ausschöpfen?

Vor seiner Vision hatte Pippin nie über die Fallstricke der Gleichgültigkeit nachgedacht. Doch seine Auseinandersetzung mit Tod und Zerstörung ließ ihn die wahrscheinlichen Konsequenzen der Gleichgültigkeit spüren. Diese lebendige Erfahrung brachte ihn dazu, sich freiwillig für das größere Wohl zu opfern. Er dient einem Herrn aus Respekt, rettet ein Leben, kämpft tapfer in der Schlacht und befreit seine Heimat als deren rechtmäßiger Erbe.

Tolkiens Darstellung von Pippin bietet den Lesern eine wichtige Lektion: Tugend hängt nicht von natürlichen Begabungen ab. Die wesentlichen Zutaten für eine ethische Reifung sind Hoffnung und Ausdauer. Pippin wurde nicht als Held „geboren“. Er entdeckt sein heldenhaftes Potenzial und lernt, sein Leben für eine größere Sache zu riskieren, ohne jemals die Leichtigkeit und Fröhlichkeit zu verlieren, die ihn auszeichneten.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „A Simple Hobbit’s Journey to Greatness“. (deutsche Bearbeitung kz)



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