Ex-EKD-Chef warnt vor Kommerzialisierung der Transplantationsmedizin
Der langjährige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, warnt vor einer Kommerzialisierung der Transplantationsmedizin. „Die vielen Transplantationszentren in Deutschland sind eine Fehlentwicklung. Damit verbindet sich die Tendenz, Fallzahlen zu erhöhen und Transplantationen zu kommerzialisieren. Das darf jedoch gerade kein Wachstumsmarkt werden“, sagte er im Interview mit dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe).
Es sollten so wenige Organe wie möglich transplantiert werden. Es sei eine Hilfe für den Notfall. Grundsätzlich akzeptiert Huber die Transplantationsmedizin, er hofft aber auf baldige Alternativen. „Ich bejahe Transplantationen und akzeptiere, dass der sorgfältig festgestellte Hirntod als Todeskriterium ausreicht. Aber es ist ein Grenzfall.“ Huber erklärte: „Organe zu transplantieren ist aus meiner Sicht problematisch. Das Organ kommt von einem anderen Menschen, aus einem als belebt erscheinenden Körper. Das Gehirn ist tot, der Körper wirkt aber noch lebendig. Das ist eine ganz schwierige Konstellation. Ist der Hirntod wirklich ein untrügliches Todeszeichen?“ Auch für den Empfänger sei der Weg riskant: „Auf ein Spenderorgan muss er lange warten. Er hat bereits einen langen Leidensweg hinter sich und das Risiko, dass das Organ abgestoßen wird, noch vor sich.“ Bei im Labor entwickelten Ersatzorganen mit körpereigenen Zellen des Patienten gebe es dieses Problem nicht. Die Organtransplantation solle deshalb nur für eine Übergangszeit eingesetzt werden, bis die Medizin über andere Möglichkeiten der Hilfe verfügt. „Es ist doch ein Wunder der Natur, dass wir aus adulten Stammzellen Organteile oder eines Tages vielleicht ganze Organe entwickeln können. Natur und Kultur greifen hier ineinander. Wir sollten dieses Geschenk annehmen.“
(dts Nachrichtenagentur)
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