Ein berühmtes Bild der Liebe

Das zeitlos schöne Doppelportrait von Peter Paul Rubens und Isabella Brant ist ein unvergleichliches Bild der Liebe. Es überbrückt Zeit und Raum
Titelbild
„Die Geißblattlaube“, ein barockes Ölgemälde des flämischen Kunstmalers Peter Paul Rubens.Foto: public domain
Von 5. März 2023

In den oft trüben Tagen des ausklingenden Winters sind Blumen tatsächlich eine gute, farbenfrohe Wahl. Eine andere bedenkenswerte Idee wäre jedoch auch der gemeinsame Besuch eines besonderen Kunstwerks, zum Beispiel in der Alten Pinakothek München. Dort wartet ein inniges Gemälde im ersten Obergeschoss des Klenzebaus auf seine Betrachter.

Es ist ein Bild, aus dem die Liebe eines Paares in unsere Gegenwart blickt und so die Jahrhunderte überbrückt.

Das berühmte Doppelporträt schuf Peter Paul Rubens in Antwerpen um das Jahr 1609. Es zeigt den jungen Maler zusammen mit seiner Braut Isabella Brant – von Ranken, Blättern und Blüten umgeben – in annähernder Lebensgröße.

Als Titel des weltberühmten Bildes hat sich die Beschreibung des ungewöhnlichen und lauschigen Hintergrunds durchgesetzt: „Die Geißblattlaube“. Seit inzwischen fast zwei Jahrhunderten ist sie einer der größten Magnete der Kunstsammlung von Weltrang, die König Ludwig I. seiner Hauptstadt schenkte. Nicht nur Verliebte betrachten das junge Paar, das still und in sich ruhend sein Glück zeigt, voller Freude.

Traurige Rückkehr in die Heimat

Kaum ein Betrachter weiß jedoch, dass die Welt des Peter Paul Rubens ein Jahr vor der Entstehung des Bildes radikal anders ausgesehen hatte. In Italien, wo er Meister wie Tizian, Veronese und Mantegna studierte und erste bedeutende Auftragsarbeiten für den italienischen Adel geschaffen hatte, erreichte ihn eine erschütternde Nachricht: Seine verwitwete Mutter war schwer erkrankt.

In der Hoffnung, ihr beistehen zu können, reiste er Hals über Kopf nach Antwerpen zurück. Sein sehnlichster Wunsch erfüllte sich jedoch nicht und er erreichte die Heimatstadt zu spät. Seine Mutter war vor seiner Rückkehr gestorben.

Trost fand er durch den herzlichen Zusammenhalt mit seinen Geschwistern und durch Förderer, die bei ihm, dem weit gereisten, aufstrebenden jungen Künstler, große Auftragsarbeiten bestellten.

„Die Geißblattlaube“ ist seit fast zwei Jahrhunderten einer der größten Magnete in der Alten Pinakothek München, der Kunstsammlung von Weltrang, die König Ludwig I. seiner Hauptstadt schenkte. Foto: public domain

Schicksalhafte Begegnung

Dem Antwerpener Bürgermeister Nicolaas Rockox, dem wichtigsten Mäzen dieser Zeit, gelang darüber hinaus – möglicherweise ganz ohne es zu beabsichtigen –, den 32-jährigen Rubens seiner zukünftigen Frau vorzustellen. Im Haus des Bürgermeisters begegnete der Maler der 18-jährigen Isabella Brant, einem Mädchen aus der Nachbarschaft und Tochter eines Antwerpener Ratsschreibers.

Am 23. September 1609 erfolgte Rubens Ernennung zum Hofmaler der Statthalter der spanischen Niederlande, Albrecht von Habsburg und seiner Gemahlin, der spanischen Infantin Isabella.

Peter Paul Rubens künstlerischer und materieller Zukunft war der Weg geebnet. Bereits zehn Tage später, am 3. Oktober, heirateten er und Isabella in der prachtvollen Klosterkirche Sankt Michael, über die Albrecht Dürer bereits 1520 in sein Tagebuch bewundernd notierte: „Auch war ich in der reichen Abtei zu St. Michael. Dort haben sie eine Kirche mit köstlichem Steinmaßwerk, wie ich es nie gesehen habe. Auch ein köstliches Chorgestühl. Und zu Antwerpen spart man keine Kosten zu solchen Dingen, denn da ist Geldes genug!“

Prachtvolle Schönheit und stilles Glück

Das Doppelporträt zeigt nun die beiden Liebenden in der Zeit ihres jungen Glückes. Vielleicht porträtiert es sie sogar in ihren Hochzeitsgewändern, denn das Weiß als vorherrschender Ton des Brautkleides war Anfang des 17. Jahrhunderts noch weitestgehend unüblich und die besondere Pracht der Gewänder rückt diese Annahme in den Bereich des Möglichen.

Die Stickereien, Bordüren, Borten, Schmuckstücke und Accessoires sind eine Augenweide; die malerische Umsetzung ihrer Materialität, der Seidenbrokatstoffe, der feinen geklöppelten Spitzen und zart gestärkten Leinenkragen und Halskrausen ist atemberaubend meisterhaft.

Und doch: All diese in gedämpft leuchtenden Farben gemalte Schönheit ist nur ein grandioser Rahmen für das tatsächliche Geschehen, das sich ganz still, schlicht und herzergreifend abspielt.

Feiner Fingerzeig: Wir gehören nun zusammen

Aus den hell aus ihrem Umfeld leuchtenden, fein gezeichneten Gesichtern blicken dem Betrachter zwei Augenpaare offen, ruhig und selbstbewusst entgegen. Sie sprechen von Zuversicht und Vertrauen und ihr leises Lächeln findet Widerhall in den Linien der Lippen der Liebenden.

Die beiden rechten Hände von Frau und Mann berühren einander vertraut und liebevoll. Peter Paul Rubens linke Hand weist, auf dem Knauf eines Degens ruhend, auf diese beiden Hände in ihrer gelassenen, gemeinsamen Geste und macht sie damit zum zentralen Motiv des Bildes. Das schon in der Antike bekannte Ineinanderlegen der rechten Hände, die dextrarum iunctio, als Zeichen der ehelichen Verbindung wird hier zu einer zärtlichen Selbstverständlichkeit.

Und die Verschränkungen setzen sich in weiteren sprechenden Details fort. Die Diagonale des elegant in Orange bestrumpften linken Beins des Malers erfährt ihre Entsprechung in der linken geschmückten Hand Isabellas. Die schwere, gedämpft rot schimmernde Seide des Rocksaums fällt wiederum wie zufällig über den linken Fuß des Bräutigams.

Er überragt seine Braut, sie bildet jedoch den Vordergrund des Bildes. Zwischen den beiden einander zugeneigten Menschen entsteht eine Harmonie, die den liebevollen Gleichklang und die selbstbewusste Ergänzung der Geschlechter in ausgewogener, schöner Balance hält. Im Hintergrund wiederum blüht das Geißblatt, das dank seiner Langlebigkeit als Symbol ehelicher Treue und Beständigkeit gilt.

Ein glücklicher Augenblick

„Die Geißblattlaube“ ist ein Bild des glücklichen Augenblicks und der Hoffnung auf seine Dauer, und diese Hoffnung scheint sich während der gemeinsamen 17 Ehejahre fast gänzlich erfüllt zu haben. Drei Kinder wurden dem Paar geschenkt.

Peter Paul Rubens wurde zum viel beschäftigten Malerfürsten, Leiter einer florierenden Malwerkstatt und Lehrmeister von später berühmten Malern wie Anthonys van Dyck und Cornelis Schut. Isabella war immer wieder Modell ihres Mannes und auch die gemeinsamen Kinder zeichnet Rubens mit großer Freude und Einfühlsamkeit.

Im Jahr 1623 wird die Familie jedoch durch den Tod der geliebten zwölfjährigen Tochter Clara Serena erschüttert. Nur drei Jahre später, im Jahr 1626, stirbt auch ihre Mutter Isabella und Peter Paul Rubens beklagt voller Schmerz den tragischen Verlust in einem Brief: „Ich habe meine gute Frau verloren!“. Er fügt voll trauernder, doch dankbarer Erinnerung hinzu: „Sie hatte keinen der Fehler ihres Geschlechtes, sie war ohne Launen, so gut, so treu.“ In der Geißblattlaube der Alten Pinakothek in München bleiben die Eheleute auf ewig vereint.



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