Die Anziehungskraft des Weißen Goldes
In keinem anderen Land der Welt erreichte die Keramikkunst einen derartigen Kultstatus wie in China. So waren es auch die Töpfer aus dem Fernen Osten, die das in Europa so beliebte „Weiße Gold“ schufen. Als Geburtsstadt gilt häufig die Stadt Jingdezhen (景德鎮) im Osten Chinas, welche zur Zeit der Ming-Dynastie zur kaiserlichen Produktionsstätte aufstieg. Doch nicht nur die chinesischen Kaiser liebten das Weiße Gold, sodass Porzellangefäße bald zu einem Verkaufsschlager wurden.
Ganze Schiffsladungen dieser teuren Ware transportierten zunächst die Spanier und Portugiesen, später die Niederländer und Briten nach Europa. Die Gefäße konnten entweder mit klassisch asiatischen Motiven oder nach Wunsch der europäischen Käufer verziert sein. Spezielle undekorierte Porzellane wie jene aus Dehua (Provinz Fujian) konnten später durch europäische Handwerker nachträglich verziert werden.
Schon früh strebten europäische Werkstätten die Herstellung eigener Porzellane an, jedoch gelang es ihnen bis zum 19. Jahrhundert nicht, die sehr gute chinesische Qualität zu erreichen. Wie der aktuelle Vasenraub aus Köln zeigt, ist die Anziehungskraft des Weißen Goldes bis heute ungebrochen.
Männliches Porzellan der Ming-Dynastie
Hierzulande besonders beliebt und bekannt sind die sogenannten „Ming-Vasen“. Diese weißen Porzellangefäße sind mit blauem Blumen- und Tierdekor geschmückt und stehen sinnbildlich für chinesische Porzellankunst. Entstanden sind diese Vasen zwar lange vorher, erfreuten sich allerdings erst in der Ming-Dynastie (1368–1644) großer Beliebtheit.
Begünstigt wurde dies vermutlich durch den Dynastienwechsel um 1368 und dem aus der Mode gekommenen einfarbigen Porzellan der früheren Song-Dynastie (960–1279). Der keramische Wandel brachte neben neuen Farben auch neue Formen, Fertigkeiten und Ideen zutage. Spezielle Formen wie die extrem dünnwandige Eierschalenware oder die sogenannten Hühnerbecher sind heute äußerst selten und wertvoll.
Die schiere Masse an produziertem Porzellan und die Einführung neuer Verzierungen führten gleichzeitig dazu, dass Unregelmäßigkeiten in der Herstellung nur selten ausgeglichen wurden. Auch die Glasur wies häufig kleinere Mängel auf und Gefäße konnten in ihrer Form manchmal leicht schief sein. Derartige Abweichungen vom Ideal sahen die Töpfer jedoch nicht als wichtig an – vielmehr wurden gelegentliche Verzerrungen sogar als interessant und schön angesehen.
Aufgrund ihrer robusten Erscheinung und den optischen „Makeln“ wird das Porzellan aus der Ming-Dynastie häufig auch „männlich“ genannt. Das Gegenstück bildet Porzellan aus der späteren Qing-Dynastie, welches präziser gearbeitet ist und daher als „weibliche Keramik“ bezeichnet wird.
Weibliches Porzellan der Qing-Dynastie
Zeitgleich zur Qing-Dynastie (1644–1911) begann in Europa die große Begeisterung für Porzellan, die ihren Höhepunkt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fand. Im Gegensatz zur vorherigen Dynastie hatten die Töpfer nun vollends ihr Handwerk unter Kontrolle, mussten sich jedoch nach den strikten Vorgaben des Kaisers richten. Dieser gab vor, welche Farben und Motive auf Porzellan verwendet werden durften.
Allgemein ist das weibliche Porzellan und seine Verzierung in dieser Zeit präzise und sauber verarbeitet. Mit der Einführung von Überglasuren dominierten nun Gefäße mit grüner Verzierung und wenig Rot („famille verte“), mit rosa und purpurner Zier („famille rose“) und mit gelbem („famille jaune“) oder schwarzem Untergrund („famille noire“).
Dass ein Porzellangefäß nicht von einem einzigen Arbeiter gefertigt wurde, zeigen die Briefe eines christlichen Missionars von 1712 und 1722. So arbeiteten an der Verzierung eines Qing-Stücks bis zu 70 Männer, sodass jeder von ihnen einen kleinen Teil zur Gesamtleistung beitrug. Für viele Kunsthistoriker geben deshalb viele Qing-Waren nicht die Frische und Spontaneität der Ming-Verzierungen wider.
Motive mit besonderer Bedeutung
Die chinesische Dekoration ist in der Regel symbolisch und macht sich den ähnlichen Klang bestimmter Wörter zunutze. So steht die Fledermaus (蝙蝠, „bian fu“) symbolisch für Glück (福, „fu“). Fünf Fledermäuse stehen demnach für die Fünf Segnungen: Langlebigkeit, Reichtum, Gelassenheit, Tugend und ein leichter Tod.
Langlebigkeit (壽, „shou“) wird durch Wesen wie Kiefer, Schildkröte, Lingzhi-Pilze oder Bambus dargestellt, denen ein langes Leben nachgesagt wird. Der Pfirsich ist dagegen ein Zeichen für Fruchtbarkeit, die Zitrusfrucht („Buddhas Hand“) ein Symbol für Segen, der Granatapfel ein Zeichen für Fruchtbarkeit und die Lotusblume steht für Reinheit.
Ebenfalls beliebt und ein typisches chinesisches Motiv ist der Drache – allgemein als mildes und wohltätiges Geschöpf dargestellt. Dieser steht stellvertretend für den Kaiser, während der barmherzige unsterbliche Vogel „Feng Huang“, auch chinesischer Phönix genannt, die Kaiserin symbolisiert. Die Kombination aus beidem steht für eheliches Glück und Harmonie. Der Besitz von Porzellanen mit gelben Glasuren und fünfklauigen Drachen waren jedoch stets dem kaiserlich-chinesischen Hof vorbehalten.
Viele der chinesischen Symbole, ausgenommen Drache, Feng Huang und Blumen, sind in der Regel nicht auf Porzellangefäßen aus der Zeit vor der Ming-Dynastie zu sehen.
Ebenfalls findet sich auf jedem echten chinesischen Porzellan eine sogenannte Marke in Form von Schriftzeichen. Diese gibt häufig an, in welcher Dynastie und unter welchem Kaiser das Gefäß hergestellt wurde. Da einige Töpfer diese Stempel aber nicht konsequent verwendeten, dienen sie in den Augen der Fachleute eher zur groben zeitlichen Orientierung.
Asiatische Kunst in Köln
Welchen Wert ein chinesisches Original dieser Zeit heute noch hat, hängt von seinem Erhaltungszustand und seinem Alter ab. So kann eine Ming-Vase zwischen 8.000 Euro und mehrere Millionen Euro kosten. Nicht weniger wertvoll sind auch die aus dem Museum für Ostasiatische Kunst in Köln gestohlenen Porzellane – dem ältesten Museum für ostasiatische Kunst in ganz Europa.
Das Ehepaar Adolf und (1856-1914) und Frieda Fischer (1874-1945) eröffnete das Kölner Museum 1909, um einen umfassenden Überblick über die Vielfalt der Formen und Epochen ostasiatischer Kunst zu vermitteln. Die Liebe der beiden Sammler kam nicht von ungefähr: So führte eine Weltreise den damals 36 Jahre alten Adolf Fischer nach Japan, wo er tief beeindruckt die Kunst des Porzellans kennenlernte.
Mit großer Leidenschaft kaufte er jahrelang auf seinen Reisen durch Asien unzählige Töpfereien und baute sich so eine eigene Sammlung auf. Irgendwann hegte das Ehepaar schließlich den Wunsch eines eigenen Museums.
Alle Gedanken konzentrieren sich auf das Eine, unsere Museumsidee. Noch scheint es eine Kühnheit, die ostasiatische Kunst als gleichberechtigt neben die europäische zu stellen, noch gibt es in Europa kein Museum eigens für jene Kunst. Unbetretene Pfade sind es, die wir gehen wollen. […] Wir kennen die Museen und Privatsammlungen in London, Paris, wir studierten solche in Frankfurt, München, Leipzig, Dresden, Wien und Berlin […]. Nirgends aber hat man versucht, ein einheitliches Bild der gesamten ostasiatischen Kunst zu geben, sie in ihren Entwicklungsphasen darzustellen. Das aber ist unser Bestreben.“ – schrieb Frieda Fischer in ihrem Tagebuch.
Die Fischers waren schließlich so bekannt, dass Händler sie in ihrem Hotel aufsuchten, um ihre Ware anzubieten. Um die Echtheit der Gefäße zu prüfen, suchte das Ehepaar in den japanischen Nationalmuseen in Kyoto und Nara nach Vergleichsstücken. Außerdem baten sie regelmäßig um Rat bei befreundeten Museumsleitern und dem japanischen Bildhauer und Restaurator Tanaka Monya, die die möglichen Kaufobjekte mit kritischem Blick unter die Lupe nahmen.
Woher jedoch die Händler ihre Waren hatten, war selten bekannt. Im Gegensatz zu vielen anderen Kunstsammlern im 19. und 20. Jahrhundert kaufte das Ehepaar Fischer stets ihre Porzellane und raubte sie nicht bei illegalen Ausgrabungen.
Heute ist das Museum in Köln eines von wenigen in Deutschland, das chinesische Töpferkunst ausstellt. So gibt es weitere große Sammlungen im Berliner Museum für Asiatische Kunst oder die Porzellansammlung im Dresdner Zwinger. Weltweit besitzen weitere namhafte Museen wie das British Museum in London, das Palastmuseum in Peking oder das Musée Guimet in Paris weitere Stücke.
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