Der Vater der tschechischen Musik: Bedřich Smetana
Smetanas Status als Begründer der tschechischen Musik ist ein Titel, der ihm – wie bei so vielen Künstlern – erst nach seinem Tod verliehen wurde. Laut dem Musikwissenschaftler Brian Large wurde er „nur wenige Jahre vor seinem Tod verschmäht, als ‚Wagnerianer‘ abgestempelt und beschuldigt, den Fortschritt der Musik zu behindern“.
Noch bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein wurde die tschechische Musik von der italienischen Oper und dem Einfluss Mozarts dominiert. Doch als die feudale Ordnung zusammenbrach und eine neue, industriell geprägte Mittelschicht versuchte, ihren kultivierten deutschen Nachbarn nachzueifern, entstand der Wunsch, eine einzigartige einheimische Musiktradition zu etablieren.
Es gab einige frühe Vorläufer und Zeitgenossen von Smetana, die das gleiche Ziel verfolgten. Pavel Křížkovský (1820–1885) etwa integrierte tschechische Volksmusik in seine Kompositionen. Die meisten Versuche in dieser Richtung waren jedoch eher dürftig, und es ist Smetana, dem zu Recht die Schaffung einer eigenen tschechischen Musiksprache zugeschrieben wird. Doch wie gelang ihm das?
Genius ohne Gehör
Smetana wurde in Litomyšl, Böhmen, geboren, einer Region, die heute zur unabhängigen Tschechischen Republik gehört, damals jedoch Teil des österreichischen Kaiserreichs war. Sein Vater František war Braumeister und Smetana verbrachte seine frühen Jahre in der städtischen Brauerei.
František und seine Frau Barbora waren begeisterte Tänzer. Es wird erzählt, dass Smetanas Mutter in der Nacht vor seiner Geburt bis in die frühen Morgenstunden tanzte, kurz bevor sie ihn zur Welt brachte.
Ob Smetana während der langen Tanznächte im Mutterleib ein Gefühl für Rhythmus entwickelte, lässt sich nicht sagen, doch schon in jüngsten Jahren zeigte sich seine musikalische Begabung. In einem Tagebuch, das er als Teenager führte, schrieb Smetana, dass sein Vater ihm im Alter von drei Jahren das musikalische Taktgefühl, das Notenlesen und den Umgang mit der Geige beigebracht habe.
Mit sechs Jahren gab er sein erstes öffentliches Konzert. Nachdem er an seiner Schule ein Klavierstück zum Namenstag des Kaisers vorgetragen hatte, ließ man ihn hochleben und feierte ihn als Wunderkind.
Als Erwachsener zog Smetana für eine Weile nach Schweden, um dort als Lehrer und Dirigent zu arbeiten. Als er in den 1860er-Jahren nach Prag zurückkehrte, hatte er Erfolg als Opernkomponist. Die bekannteste dieser Opern ist heute „Die verkaufte Braut“.
Mit Ende 40 stellen sich jedoch Hörprobleme ein. Genau wie Beethoven leidet Smetana sehr unter dieser Krankheit. 1874 ist er arbeitsunfähig, gibt seinen Beruf als Dirigent auf und verarmt.
Nachdem er jedoch die Oper „Libuse“ vollendet hat, in der er die tschechische Identität und Folklore feiert, reicht er sie bei einem Wettbewerb ein und gewinnt, verbunden mit einem hohen Geldpreis.
Der unerwartete Erfolg belebt seine Lebensgeister und spornt ihn an, sich an die Arbeit seines wohl größten Werkes zu machen.
„Mein Vaterland“
Smetanas berühmtestes Werk ist „Mein Vaterland“ („Má Vlast“), ein Zyklus von sechs symphonischen Gedichten, die zwischen 1874 und 1879 komponiert wurden. Er schrieb sie, als er bereits vollständig taub war.
Zwei der Sätze handeln von einem tschechischen Mythos, zwei sind der tschechischen Geschichte gewidmet und zwei behandeln die Kraft und Schönheit der Natur. Der bekannteste davon ist der zweite Satz „Vltava“, der üblicherweise mit „Die Moldau“ übersetzt wird und sich auf den Fluss Vltava, den längsten Wasserweg des Landes, bezieht.
Smetanas Werk beschreibt meisterhaft die Bewegung des Flusses durch die tschechische Landschaft. Es beginnt sanft, mit „warmen“ Flöten und „kalten“ Klarinetten. Die Noten sprudeln und plätschern dahin und imitieren dabei die zwei Quellen, aus denen der Fluss entspringt.
Bald darauf beginnen die Flöten, schnell zu kaskadieren, und sie erinnern an die sanfte Bewegung des Wassers. Etwas mehr als eine Minute nach Beginn des Stücks greifen die Streicher das Hauptthema auf und spielen eine einprägsame, wellenartige Melodie.
Während der Fluss durch die Landschaft fließt, spielen sich verschiedene Szenen ab. Blechbläser und Schlagzeug stellen eine königliche Jagd dar. Streicher und Holzbläser spielen eine lebhafte Melodie, die an eine Bauernhochzeit erinnert, und werden dann leiser in einer geheimnisvolleren Passage, in der, wie Smetana es selbst wörtlich ausdrückte, „Wassernymphen“ „im silbernen Mondlicht“ tanzen.
Dann sind erneut Blechbläser und Schlagzeug zu hören, um „das Wasser tosend und wirbelnd über die Stromschnellen von Svatého Jana (St. Johann)“ fließen zu lassen. Das Hauptthema kehrt in majestätischer Kraft zurück, während „der Fluss in Richtung Prag fließt, vorbei an der hohen Zitadelle“, bevor es mit einem sanften Diminuendo verklingt, indem die Moldau in die Elbe mündet.
In den Herzen vieler Tschechen ist „Die Moldau“ stark mit dem Stolz auf ihr Land verbunden. Nicht wenige werden beim Hören dieses Stückes sehr emotional.
Ein Volksheld
Smetana ist zwar in Übersee nicht unbedingt ein bekannter Name, doch genießt er unter den Komponisten weltweit hohes Ansehen. Dieser Status wurde ihm jedoch ausschließlich posthum zuteil.
Nach Prag reisende Komponisten wie Berlioz, Liszt und Wagner waren beim Publikum beliebt. Smetana nahm diese Einflüsse auf und schuf erfolgreich einen eigenen, tschechischen Stil. Doch manche Gruppierungen, die ausländische Komponisten als Bedrohung für die nationale Identität betrachteten, kritisierten dies.
Smetanas Ansehen litt darunter, und nach der Vollendung von „Má Vlast“ verschlechterte sich auch sein geistiger Zustand zunehmend. Anfang 1884 wurde er in eine Nervenheilanstalt eingeliefert, in der er im Mai desselben Jahres verstarb.
Nach seinem Tod wurden seine Leistungen weit über die seiner Zeitgenossen hinaus anerkannt, und heute gilt er als Held in der Tschechischen Republik. Das ganze Jahr über fanden und finden immer noch im Rahmen des 200. Geburtstages landesweit Feierlichkeiten statt, und seine Werke werden nach wie vor aufgeführt.
Die Smetana-Halle in Prag, die sich im Gemeindehaus der Stadt befindet, wurde nach ihm benannt, um seine lebenslangen Bemühungen, die Hauptstadt als nationales Zentrum der Oper zu etablieren, zu würdigen.
In seiner Heimatstadt Litomyšl, etwa 160 Kilometer von Prag entfernt, steht auf dem nach ihm benannten Smetana-Platz eine große Statue des berühmtesten Bürgers der Stadt. Neben den besonderen Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag veranstaltet Litomyšl jeden Sommer das Smetana-Opernfestival und jeden Herbst ein Smetana-Jugendmusikfestival.
Durch seine lebendigen Kompositionen und seine Verbundenheit zu seiner Heimat prägte Smetana nicht nur den Klang der tschechischen Musik, sondern stellte auch sicher, dass ihr Geist weit über die Ufer der Moldau hinausgetragen wurde.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „The Father of Czech Music: Bedrich Smetana“. (redaktionelle Bearbeitung so)
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