Christoph Daum oder „Et kütt wie et kütt“

Er kommt, er kommt nicht, er kommt, er kommt nicht – nun kommt er doch zurück in die Bundesliga.
Titelbild
Christoph Daum an seiner neuen Wirkungsstätte im Stadion des 1. FC Köln (Foto: Nadine Rupp/Bongarts/Getty Images)
Von 27. November 2006
Christoph Daum an seiner neuen Wirkungsstätte im Stadion des 1. FC Köln (Christoph Daum an seiner neuen Wirkungsstätte im Stadion des 1. FC Köln (Foto: Nadine Rupp/Bongarts/Getty Images)

Nach vielen Spekulationen, nach vielem Hin und Her ist es jetzt amtlich, dass Christoph Daum wieder eine deutsche Fußballmannschaft trainiert. Köln heißt die neue Wirkungsstätte und Köln hieß auch seine erste Wirkungsstätte als Trainer.

„Dat krijje ich nit in de Kopp“

Herr Daum wäre aber nicht Herr Daum, wenn er dem 1. FC Köln vor seiner Zusage nicht noch eine Absage erteilt hätte. In einer hübsch inszenierten Pressekonferenz aus dem kleinen Foyer im St. Elisabeth-Krankenhaus in Köln-Hohenlind, wo er sich wegen einer Mandeloperation aufhielt, bedauerte Christoph Daum, eine knappe Woche vor seiner Zusage dem „FC“ eine Absage erteilen zu müssen. In dieser „Hospitalpressekonferenz“ sprach er davon, demnächst lieber bei einem Club mit internationalen Perspektiven zu arbeiten und davon, dass er im Moment sowieso nicht arbeitsfähig sei. Zuvor hatten Kölns Vereinspräsident Wolfgang Overath und Manager Michael Meier über mehrere Tage hinweg in mehrstündigen Verhandlungen versucht, Daum zu überzeugen, doch zum „FC“ zurückzukehren. Sogar Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma hatte sich eingeschaltet, um den Coach zu überreden, den ersten Bundesliga-Champion wieder zu übernehmen.

„Ich möch ze Fooß noh Kölle jon“

Dann, ein paar Tage nach seiner Absage, rief Herr Daum in der Chefetage des „FC“ an und teilte Herrn Meier mit, dass er mit dieser Entscheidung nun doch nicht leben könnte. Eine „Herzensangelegenheit“ sei diese Kehrtwende, sagte Christoph Daum und Manager Meier verkündete, dass sie sich nun doch auf eine Zusammenarbeit bis zum 30. Juni 2010 geeinigt hätten. Der Wunschtrainer soll sein Amt nach seiner Genesung ab dem 1.12. bei dem Club antreten, bei dem er von 1986 bis 1990 zum Trainerstar aufstieg und mit dem er zwei Mal deutscher Vizemeister wurde. Der 53-Jährige, den die meisten Kölner Fußballfans wie einen Messias verehren, betonte stets, dass auch die Perspektive stimmen müsse und dass der Verein bald wieder in die Spitzenposition gebracht werden müsse, die er vor 16 Jahren hatte, als er damals bei der „Geißbock-Elf“ geschasst wurde.

„Dat jitt et nit för ene Appel un e Ei“

Das Jahressalär des Trainers soll 2,5 Mio. Euro betragen und auch die Verpflichtung von drei neuen Spielern zur Winterpause soll ihm die Vereinsführung zugesagt haben. Auch dafür sind fünf Millionen Euro eingeplant. Damit geht der dreimalige Deutsche Meister mit dem Daum-Coup auch an seine wirtschaftlichen Grenzen und nimmt dadurch ein hohes Risiko auf sich. Trotzdem: zu keinem anderen Verein passt er besser und man fragt sich in Kölle, mit wem sonst sich der Erfolg denn endlich einstellen sollte, wenn nicht mit dem verlorenen Sohn Christoph Daum. Es kann also nur ein Ziel geben: Wiederaufstieg! Aber das wird für den „Wundertrainer“ ein hartes Stück Arbeit sein.

„Wä mich nit kennt, dä kennt Kölle nit“

Christoph Daum ist der Sohn eines aus dem Erzgebirge ins Ruhrgebiet ausgewanderten Bergarbeiters und wurde am 24. Oktober 1953 in Oelsnitz geboren. Als aktiver Fußballer spielte er für die Vereine „Hamborn 07“ und „Eintracht Duisburg“, bevor er 1975 zum 1. FC Köln kam, wo er bei den Amateuren spielte. Ab 1981 arbeitete er dort zunächst als Amateurtrainer, anschließend als Co-Trainer, 1986 wurde er schließlich Cheftrainer und mit dem „FC“ 1989 und 1990 deutscher Vizemeister. Trotzdem wurde er 1990 vom damaligen Präsidenten Dietmar Artzinger-Bolten entlassen. Im November 1990 heuerte er beim VfB Stuttgart an, mit dem er 1992 seinen ersten und einzigen Meistertitel in Deutschland errang. In der Folgesaison unterlief Trainer Daum jedoch in der ersten Runde des Europacups gegen Leeds United ein folgenschwerer Fehler: Er wechselte (was damals nicht gestattet war) einen vierten Ausländer ein, was zur Folge hatte, dass das Spiel als Niederlage für den VfB gewertet wurde und Daum den Verein daraufhin verlassen musste.

Ab 1994 arbeitete er als Cheftrainer bei Besiktas Istanbul und wurde mit dieser Mannschaft 1995 türkischer Meister und 1994 Pokalsieger. 1996 übernahm er das Amt des Cheftrainers bei Bayer Leverkusen und wurde mit der Werkself 1997, 1999 und 2000 deutscher Vizemeister.

„Vun nix kütt nix“

Daum galt schon damals als ein hervorragender Fachmann und als einer der innovativsten deutschen Fußballer-Lehrer überhaupt. Mit unorthodoxen Motivationsmethoden versuchte er, seine Spieler zu Höchstleistungen zu animieren und ließ sie sogar barfuss über glühende Kohlen und Glasscherben laufen, um ihnen Selbstvertrauen zu geben. Mit seiner hohen Motivationskunst und seinem fundierten Fachwissen sollte er 2000 als Nachfolger des gescheiterten Erich Ribbeck die deutsche Nationalmannschaft übernehmen. Sein Vertrag wäre bis zur WM 2006 gelaufen, doch es kam bekanntlich ganz anders.

Christoph Daum neben seinem Arzt Dr. Jochen Wustrow während seiner Pressekonferenz im  St Elisabeth Krankenhaus. (Christoph Daum neben seinem Arzt Dr. Jochen Wustrow während seiner Pressekonferenz im St Elisabeth Krankenhaus. (Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

„Jangk mer us de Auge“

Als im Herbst 2000 behauptet wurde, Christoph Daum würde Rauschgift konsumieren, forderte Uli Hoeneß ein öffentliches Dementi von Daum. Dieser Skandal wurde dadurch noch verschärft, dass Daum den Drogenkonsum zunächst leugnete und schließlich in einer geheimnisvollen Flucht in die USA verschwand. Als er schließlich nach 83 Tagen nach Deutschland zurückkehrte, unterzog er sich einem freiwilligen Selbsttest (die berühmt gewordene „Daumsche Haarprobe“), der jedoch Kokainspuren nachwies und ihn der Lüge überführte.

„Wie soll dat nur wigger jon“

Nach diesem Wirbel hatte Bayer Leverkusen das Arbeitsverhältnis beendet und auch der DFB löste die mit ihm getroffene Vereinbarung. Da er in Deutschland anschließend keinen weiteren Arbeitgeber mehr fand ,wechselte er zu Besiktas Istanbul und anschließend zu Austria Wien .Ab 1. Juli 2003 arbeitete Christoph Daum als Cheftrainer dann bei Fenerbahçe Istanbul, reichte jedoch zum Ende der Saison 2005/06 seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen ein.

„Jede Jeck is’ anders“

Nun ist er wieder in das deutsche Fußballgeschehen zurückgekehrt und gilt als einer der schillerndsten Trainer überhaupt. Mit markigen Sprüchen machte er sich als „Lautsprecher“ der Liga einen Namen. Über den FC Bayern sagte er zum Beispiel einmal: „Bei denen ist sogar die Putzfrau schon zehn mal Meister geworden.“ Zur Motivation seiner Spieler: „Wir überlegten, jemanden vom Arbeitsamt zu holen, der den Spielern Alternativberufe zeigt.“ Und über türkische Sportjournalisten sagte er einmal: „Im Vergleich zu den Artikeln, die sie schreiben, sind die Märchen aus Tausendundeiner Nacht empirische Untersuchungen.“

Christoph Daum am Sonntag, den 26. November, auf der Zuschauertribüne in Fürth. Der 1. FC Köln siegte über Greuther Fürth mit 2:1. (Christoph Daum am Sonntag, den 26. November, auf der Zuschauertribüne in Fürth. Der 1. FC Köln siegte über Greuther Fürth mit 2:1. (Foto: AP Photo/Uwe Lein)

„Et hätt noch immer jot jejange“

Erster offizieller Arbeitstag vom „Messias von Kölle“ bei den „Geißböcken“ ist der 1.12. Inoffiziell, so scheint es, hat er aber das Ruder des „FC-Dampfers“ schon längst fest in seiner Hand , denn er hielt den Spielern schon vor der Abfahrt zum Auswärtsspiel am Sonntag nach Fürth eine flammende Ansprache. Diese hat ihre Wirkung wohl nicht verfehlt, denn obwohl er in Fürth noch nicht auf der Trainerbank, sondern nur auf der Tribüne saß, gewann „seine“ Mannschaft dort mit 2:1. Obwohl Christoph Daum mehrere lukrativere Angebote aus dem In- und Ausland hatte, ist er nun der neue Hoffnungsträger in der Domstadt geworden. Natürlich kann er das Wasser vom Rhein nicht in Kölsch verwandeln, aber man kann in Zukunft von allen erwarten, dass er nach seinen wirklichen Leistungen beurteilt wird und nicht nach seinen Fehlern in der Vergangenheit.

 

 



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