Chinas verlorenes Erbe wiederbeleben

Auch zwei junge Tänzerinnen aus Deutschland nahmen am 9. Internationalen Wettbewerb für Klassischen Chinesischen Tanz am 2. bis 5. September in den USA teil.
Titelbild
Tara McDonnell (16) aus Deutschland zeigt bei ihrer Tanzdarbietung in den USA einen der typischen Sprünge beim klassischen chinesischen Tanz.Foto: Epoch Times
Von 15. September 2021

In den letzten zwölf Jahren hat der klassische chinesische Tanz die Weltbühne betreten und das Interesse und die Wertschätzung eines globalen Publikums auf sich gezogen. Die Wiederbelebung dieser traditionellen Kunstform ist eine willkommene Abwechslung zum modernen China unter kommunistischer Herrschaft, das die meisten Menschen kennen. Das Wissen um das chinesische Erbe bewegt das Publikum und motiviert die Tänzer, die diese Kunst ausüben.

Der Internationale Wettbewerb für Klassischen Chinesischen Tanz von NTD fand vom 2. bis 5. September in New York statt und wurde nun schon zum neunten Mal ausgetragen. Die diesjährigen Anforderungen haben die Messlatte für diese alte Kunstform noch höher gelegt.

Die Wettbewerbsjuroren Minghui und Gu Yun erklären die Bedeutung von „shen dai shou“, einer Bewegungsmethode, bei der „der Körper die Arme führt“ – und warum sie zum neuen Standard für den klassischen chinesischen Tanz geworden ist.

Körpersprache

„In den Kampfkünsten, in der Oper und in anderen Kunstformen, die sich neben dem chinesischen Tanz entwickelt haben, wird ‚shen dai shou‘ erwähnt“, sagt Juror Gu Yun, der die Pekinger Tanzakademie absolviert hat und unter anderem als Choreograf bei der weltberühmten Shen Yun Performing Arts tätig ist. Schulen in ganz China sprechen auch über diese Methode, aber bisher wusste niemand, wie man sie unterrichtet.

Die in Deutschland geborene Victoria Wu (14) tanzt das Stück „Ying Tai“. Foto: Epoch Times

Das liegt daran, dass es sich um eine uralte Methode handelt und der chinesische Tanz im Laufe der Jahrtausende der chinesischen Zivilisation von Meister zu Lehrling weitergegeben wurde, erklärt Gu Yun. Wenig wurde aufgeschrieben, vieles ging durch die mündliche Überlieferung verloren. Ein Schüler, der seinem Meister zusieht und versucht, ihn zu imitieren, versteht möglicherweise nicht alle Feinheiten, welche Muskeln er einsetzen muss. Der Todesstoß kam natürlich, als die Kommunisten die Macht in China übernahmen und die Verbindung des chinesischen Volkes zu seinem kulturellen Erbe zerstörten.

„‚Shen dai shou‘ ist dieses Mal ein großer Teil der Partitur, es ist zum Standard geworden“, sagt Minghui. Wenn ein Tänzer seinen Körper richtig zum Tanzen einsetzt, beginnt die Kraftanstrengung in der Körpermitte, unter den Schlüsselbeinen, direkt über dem Herzen. Dies lenkt die Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen Körper und Geist, die in der traditionellen chinesischen Kultur so weit verbreitet ist, und passt gut zu einem anderen Spruch, der im klassischen chinesischen Tanz häufig verwendet wird: „Tanze aus dem Herzen“.

„Die Figuren sind lebendiger, wenn man den Körper beim Tanzen durch das Herz führt“, beschreibt die Jurorin. „Wir sagen, Tanz ist eine Körpersprache; wir benutzen unsere Körper, um Geschichten zu erzählen, um Charaktere darzustellen. Um es einfach auszudrücken: Wenn du deinen Körper beim Tanzen nicht einsetzt, sprichst du diese Sprache nicht vollständig und klar. Das ist eine grundlegende Sache.“

Sie ging auch auf die Bedeutung des Herzens ein: „Wenn man tanzt, braucht man eine hohe Kunstfertigkeit – nicht nur Technik – um gut zu tanzen. Und es gibt viele Dinge, die in die Entwicklung der eigenen Kunstfertigkeit einfließen, von der Musikalität bis hin zur Entwicklung des ästhetischen Sinns, der Kultur und des Verständnisses darüber, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Wenn man also tanzt, ist das ein Ausdruck all dieser Dinge, denn man erweckt eine Figur zum Leben.“

„Das Tanzen beginnt im Geist und im Herzen, nicht nur mit der Bewegung von Armen und Beinen“, sagt sie. „Es sind auch viele nicht greifbare und unsichtbare Aspekte im Spiel – Energie, Geist und all diese Dinge, die für manche Menschen schwer zu erklären sind.“

Ein reines Herz

Gu Yun, der in China, einem atheistischen Land unter kommunistischer Herrschaft, aufgewachsen ist, glaubt fest daran, dass Spiritualität ein entscheidender Faktor in der Kunst ist.

Er erklärt, warum „shen dai shou“ eine Methode ist, die nur von Shen Yun und den Tänzern der Kunstakademie Fei Tian angewendet wird: Erstens, weil nur ihr künstlerischer Leiter sie so umfassend gelehrt hat. Aber zweitens, und das ist entscheidend, so Gu Yun, ist eine atheistische Kultur materialistisch und unfähig, eine tiefgründige Wirkung zu erzielen.

Die Pekinger Tanzakademie zum Beispiel wählt aus Tausenden von gut ausgebildeten Bewerbern die besten Tänzer einer ganzen Nation aus, aber ihre Tanzgruppen haben nicht einen Bruchteil des Einflusses, den Shen Yun in der Kunstwelt hat. „Das moderne China ist atheistisch, man taucht von Kindheit an in diese Kultur ein. Vielleicht merkt man die Auswirkungen zunächst nicht, aber die gesamte Lebensauffassung dreht sich um das Materielle, die Ziele sind materiell, ein guter Job, ein Haus, gute Lebensbedingungen.“

„Mit dem Glauben wird alles rein, und das Leben kann mit Sinn erfüllt werden“, sagt Gu Yun. „Und nur dann hat das Leben einen Sinn. Wir sind hier Tänzer, aber es spielt keine Rolle, ob du Tänzer oder Buchhalter bist oder welchen Beruf du ausübst, du willst einen Grund und einen Sinn für das haben, was du tust.“

Das Streben eines Künstlers müsse rein sein, die Kultur von Shen Yun und Fei Tian ermögliche dies. Um „shen dai shou“ zu lernen, braucht man auch ein reines Herz.

„Erstens muss dein Motiv, Kunst zu machen, rein sein, denn nur dann bist du offen für Inspiration und Intuition“, betont Gu Yun. „Man darf nicht vergessen, dass es sich nicht um eine Wissenschaft handelt, sondern um eine Kombination und ein Zusammenspiel von Gefühlen und dem Ungreifbaren und Unmessbaren. Es gibt kein einfaches ‚shen dai shou‘ für Anfänger, ein mittleres oder fortgeschrittenes Niveau.“

Die nächste Generation

Die Jury lobte die diesjährigen Tänzerinnen und Tänzer in den höchsten Tönen und hob vor allem die Fortschritte bei den Junioren (U18) hervor.

„Man kann ihre Arbeit und Entschlossenheit sehen. Ihre Geschichten haben in diesem Jahr mehr Tiefe, die Wirkung ist besser und es gibt zahlreiche Momente, in denen man von ihrer Kunstfertigkeit wirklich beeindruckt ist“, berichtet Gu Yun. Die Tänzerinnen und Tänzer in der Juniorenklasse sind manchmal erst 16 oder 17 Jahre alt, aber viele von ihnen haben sich schwere Charaktere aus dem Kanon der chinesischen Literatur und Geschichte ausgesucht, Charaktere, von denen man nicht erwarten würde, dass sie von so jungen Schülerinnen und Schülern vollständig erfasst werden können.

„Manchmal denke ich, dass sie wahrscheinlich eine Gabe haben“, überlegt Gu Yun. „Oder vielleicht eine Affinität zu einer bestimmten Figur, an die sie eine kulturelle Erinnerung haben. Vielleicht ist es Reinkarnation.“

Minghui ermutigte die Tänzer, weiter hart zu arbeiten. „Wir haben viel gutes Potenzial gesehen, und ich habe gehört, dass einige von ihnen sogar noch ganz frische Tänzerinnen und Tänzer sind, die in kurzer Zeit schon so viel gelernt haben“, sagt sie. „Dies ist eine seltene Gelegenheit, die traditionelle chinesische Kultur zu sehen – und diese Kunst ist ein besonderer Teil unserer Kultur.“



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