Bollywood kämpft mit Regenschirmen gegen Corona
Wie dreht man heutzutage einen Film mit vielen Menschen am Set, ohne dass am Schluss alle Corona haben? Der indische Filmproduzent Jamnadas Majethia hatte die Idee, all seinen Schauspielern und Crewmitgliedern einen Schirm in die Hand zu drücken, den sie am Set fast immer tragen müssen.
Nur wenn sie gerade in einer Szene spielen und gefilmt werden, dürfen sie ihn ablegen. Er erklärt: „Wenn Menschen miteinander reden oder arbeiten, vergessen wir immer wieder, den Abstand einzuhalten. Wir sind halt soziale Wesen.“ Mit den Schirmen passiere das nicht.
In Indien – dem Land, wo es nach den USA am meisten bekannte Corona-Fälle gibt und täglich rund 80.000 Neuinfektionen erfasst werden – hat die Pandemie die große Bollywood-Filmindustrie verändert, zumindest zeitweise. Zunächst wurden die Kinos im Frühling im Zuge eines strikten Lockdowns geschlossen und bleiben dies bis heute. Auch Filmstudios mussten eine Zeit lang geschlossen bleiben.
Inzwischen darf hier aber wieder gedreht werden – aber die zuständigen Behörden haben ein mehrseitiges Regelhandbuch erlassen: Beliebte Hochzeitsszenen wurden coronabedingt verboten, Kampfszenen auch. Über-65-Jährige durften zeitweise nicht an das Set – und das obwohl Bollywood generationenumspannende Geschichten liebt.
Filmemacher müssen Unterkünfte zur Verfügung stellen
Laut Regeln sollten Familienangehörige im Film möglichst mit echten Verwandten besetzt werden. Außerdem müssen Filmemacher ihren Mitarbeitern auf dem Studiogelände oder in der Nähe Unterkünfte zur Verfügung stellen. Denn in Indien ist ein Filmset immer auch ein Ort, wo Film-Divas mit Slumbewohnern zusammenkommen, die nicht alle zu Hause Abstand halten können.
Filmproduzent Jamnadas Majethia glaubt, dass diese Regeln und besonders seine Schirme geholfen haben, Corona-Übertragungen an seinem Set zu verhindern. Bislang habe es dort eine bekannte Corona-Übertragung gegeben. Ein Schneider habe während der Dreharbeiten sein Zuhause in einem Slum besucht, sich dort wohl angesteckt und die Krankheit später seinem Zimmermitbewohner am Set weitergegeben. Weitere Ansteckungen habe es nicht gegeben. Das hätten tägliche Temperaturmessungen gezeigt.
Küsse und Umarmungen gebe es bei ihm zurzeit nicht mehr, sagt Majethia. Die Filme würden eher aussehen wie in früheren, konservativeren Zeiten. Er versuche aber etwas Nähe durch Kameraperspektiven aufzubauen, während seine Schauspieler weiter auseinander stünden. Bollywood-Make-up-Artist Clint Fernandes sagt, er nutze Einwegpinsel und bitte Schauspielerinnen selbst Maskara aufzutragen, um sie möglichst wenig anzufassen.
Corona-Versicherung?
Einige Filmemacher wollen aber auf Nummer sicher gehen. Produzent Atul Kasbekar etwa überlegt, eine Corona-Versicherung für die Dreharbeiten abzuschließen – damit etwa Kosten für Drehverzögerungen bei Erkrankungen von Schauspielern gedeckt wären. Zurzeit plant er eine Neuverfilmung des deutschen Klassikers „Lola rennt“, dessen Dreharbeiten eigentlich im Frühling beginnen sollten, als der Lockdown kam. Nun versucht der Produzent, die Kosten zu senken. Er habe dazu etwa einen großen Ort gefunden, wo er mehrere Szenen drehen könne, und den Job der Protagonistin geändert, sagt er.
Corona hat in Bollywood viele getroffen – so infizierte sich etwa auch Ex-Miss World Aishwarya Rai und ihre Bollywood-Star-Familie. Doch am stärksten traf es die vielen Mitarbeiter mit Niedriglöhnen. So gibt ein Bollywood-Film normalerweise Hunderten Menschen einen Job. Viele hoffen nun auf Normalisierung – auch die Produzenten Jamnadas Majethia und Atul Kasbekar. Einen Schritt in diese Richtung passiert bald – bald sollen Kinos mit halber Sitzkapazität wieder öffnen können. In den vergangenen Monaten erschienen Filme nur auf Streamingplattformen wie Netflix und Amazon Prime. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion