Besser ohne Multitasking

Sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, ist sowohl aus östlicher als auch aus westlicher Sicht eine gesündere Art zu leben.
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Von 7. März 2022

Wie viele von uns wurden mit dem Lobgesang auf das Multitasking groß – diesem strahlenden Leuchtfeuer der Produktivität, das wir alle anstreben sollten? Aber die unbequeme Wahrheit ist, dass Multitasking nicht nur schlecht für unser Gehirn ist, sondern dass wir einfach nicht dafür geschaffen sind.

Die meisten von uns verbringen einen großen Teil des Tages mit Multitasking. Ob wir nun Radio hören, während wir Frühstück machen, beim Essen die Zeitung lesen, oder durch unseren Instagram-Feed scrollen, während wir arbeiten – wir machen routinemäßig mehrere Dinge zur gleichen Zeit.

Multitasking scheint eine großartige Möglichkeit zu sein, produktiv zu sein, indem man viele Dinge auf einmal tut. In Wirklichkeit wechseln wir aber von einer Sache zur anderen, weil unser Gehirn einfach nicht mehr als eine Sache auf einmal erledigen kann.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Multitasking unsere Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt, den Stresspegel erhöht und dazu führt, dass wir mehr Fehler machen.

Multitasking und das Gehirn

In letzter Zeit wurde viel über die Funktionsweise und die Verarbeitungsgrenzen des Gehirns geforscht. Ein Artikel, der 2019 in der Zeitschrift „Cerebrum“ veröffentlicht wurde, fasst mehrere interessante Erkenntnisse zusammen, darunter auch, dass wir dazu neigen, unsere Fähigkeit zum effektiven Multitasking zu überschätzen. Die Forschung hat gezeigt, dass das Gehirn nur für eine Sache zur gleichen Zeit geeignet ist und Multitasking mehrere wichtige Systeme belastet. Multitasker erledigen Aufgaben langsamer und weniger effizient und lassen sich leichter ablenken.

Interessant ist auch, dass einige Zusammenhänge zwischen chronischen Multitaskern und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen festgestellt wurden, beispielsweise, dass chronische Multitasker eher impulsiv sind. Allerdings ist noch unklar, ob Menschen mit bestimmten Merkmalen eher zum Multitasking neigen oder ob starke Multitasker ihr Gehirn tatsächlich neu verdrahten.

In einer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) durchgeführten Studie zeigen Wissenschaftler die Gefahren des Multitasking auf, insbesondere im Zusammenhang mit dem Autofahren. Wenn das Gehirn von einer Aufgabe zur nächsten wechselt, nutzt es das, was Neurologen als exekutive Funktion bezeichnen. Dabei handelt es sich um kognitive Prozesse, die bestimmen, wie, wann und in welcher Reihenfolge Aufgaben ausgeführt werden.

Dies geschieht in zwei Teilen, nämlich Zielverschiebung und Regelaktivierung.

Zielverschiebung ist das, was passiert, wenn wir uns entscheiden, etwas anderes zu tun. Regelaktivierung bedeutet, dass das Gehirn seinen Fokus von den Informationen, die für die aktuelle Aufgabe benötigt werden, auf die Informationen verlagert, die für die neue Aufgabe erforderlich sind.

Psychologen bezeichnen dies als „Kosten des Aufgabenwechsels“, also die negativen Auswirkungen, die mit dem Wechsel von einer Aufgabe zu einer anderen verbunden sind. Sie führen dazu, dass die Genauigkeit abnimmt und die Zeit, die für die Erledigung einer Aufgabe benötigt wird, zunimmt. All diese Prozesse dauern nur Bruchteile von Sekunden, aber diese Zeit kann sich summieren, wenn wir ständig hin und her wechseln. Und sie kann potenziell gefährlich werden, wenn wir etwas tun, bei dem unsere ungeteilte Aufmerksamkeit entscheidend ist, wie etwa beim Autofahren.

Die Ergebnisse der MIT-Studie erklären, dass unsere Augen nur in der Mitte unseres Blickfeldes klar sehen können und das Gehirn den Rest der Informationen im Gesichtsfeld „ausfüllt“. Ein durchschnittlicher Erwachsener ist nur in der Lage, drei oder vier Dinge gleichzeitig wahrzunehmen und zu verarbeiten. Und die kognitive Leistung nimmt ab, je mehr wir zu verarbeiten versuchen. Multitasking mag harmlos sein, wenn wir zum Beispiel beim Fernsehen die Wäsche zusammenlegen. Aber bei Aufgaben wie Autofahren, bei denen es auf Sekundenbruchteile ankommt, kann es katastrophale Folgen haben. Die Studie schätzt, dass 50 Prozent aller Unfälle im Straßenverkehr auf abgelenktes Fahrverhalten zurückzuführen sind.

Die östliche Sicht auf Multitasking

In der östlichen Medizin sind die schädlichen Auswirkungen von Multitasking wohlbekannt, aber ihr Ursprung ist vielleicht ungewöhnlich. Man geht davon aus, dass Multitasking nicht das Gehirn an sich, sondern die Milz beeinträchtigt. Die Milz findet in der westlichen Medizin wenig Beachtung, ist aber in der östlichen Medizin von entscheidender Bedeutung. Sie befindet sich im oberen linken Quadranten des Bauches, ist ein wichtiger Teil des Immunsystems und das größte lymphatische Organ des Körpers.

In der östlichen Medizin sind die Milz und der Magen die Hauptorgane der Verdauung. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Verdauung im herkömmlichen Sinne. Milz und Magen verdauen und verarbeiten nicht nur Speisen und Getränke, sondern auch alle Reize, die über unsere Sinnesorgane aufgenommen werden.

Nach dieser Auffassung steht die Milz in direktem Zusammenhang mit unserer Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten. Wie gut wir unsere Gedanken steuern, uns konzentrieren, Urteilsvermögen besitzen und Entscheidungen treffen können, hängt von der Stärke der Milz ab.

Dieser Gedanke mag seltsam erscheinen, aber je mehr wir über die unvorstellbare Komplexität des menschlichen Körpers erfahren, desto mehr sehen wir, dass er als ein hochgradig integriertes Ganzes funktioniert. Während also die westliche Wissenschaft Multitasking ausschließlich anhand seiner Auswirkungen auf das Gehirn beschreibt, ist es wichtig zu erkennen, dass das, was im Geist geschieht, übergreifende Auswirkungen auf den Körper hat. Aus Sicht der östlichen Medizin spielt die Milz in diesem Prozess eine wichtige Rolle.

Sowohl Sorgen als auch übermäßiges Denken werden mit der Milz in Verbindung gebracht. Und wenn man beidem zu sehr nachgibt, wird ihre Fähigkeit, wichtige Funktionen im Körper zu erfüllen, beeinträchtigt. Dies ähnelt der Entdeckung, dass Stress die Biochemie des Körpers auf tiefgreifende Weise verändert, indem er verschiedene Hormone ausschüttet und verschiedene Prozesse aktiviert oder stilllegt. Eine durch andere Faktoren geschwächte Milz, etwa durch zu viele äußere Reize, macht einen Menschen anfälliger für Sorgen. Diese können sich zu Angstzuständen und Depressionen entwickeln, die in der modernen Welt an der Tagesordnung sind.

So wie Ernährung und Bewegung unsere Emotionen und unsere Neurologie beeinflussen können, ist nach östlicher Auffassung Kälte ein wichtiger Faktor, der die Fähigkeit der Milz, ordnungsgemäß zu verdauen und zu verarbeiten, beeinträchtigt. Kälte verlangsamt, verhärtet und verengt verschiedene Prozesse im Körper und soll auch „das Verdauungsfeuer auslöschen“. Das Zufügen von Eis in Getränke und der Verzehr von kalten Speisen, insbesondere von Eiscreme, schwächt die Milz. Die Milz hat auch eine wichtige Aufgabe bei der Erzeugung von Qi, der energetischen Kraft, die alle biologischen Prozesse antreibt. Daher ist es für die Gesundheit des gesamten Körpers wichtig, dass die Milz optimal funktioniert. Qi wird größtenteils aus der Nahrung, die wir essen, und der Luft, die wir atmen, gebildet.

Nach östlicher Auffassung besteht eine der besten Möglichkeiten, die Milz zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass sie verschiedene Reize richtig verarbeiten kann, darin, eine Sache nach der anderen zu tun, und zwar mit bewusster Absicht. So kann die Milz ihre gesamte Energie effizient und ohne Verschwendung auf die anstehende Aufgabe konzentrieren.

In diesem Sinne ist die Milz ein sehr überlastetes Organ im Kontext unseres geschäftigen modernen Lebensstils. Unser hektisches Leben, komplexe verarbeitete Lebensmittel, Umweltgifte und die mediale Überflutung überfordern uns. Das belastet nicht nur das Gehirn, sondern auch die begrenzte Verdauungs- und Verarbeitungskapazität der Milz. Für einen gesunden Körper und Geist ist es wichtig, eine Sache nach der anderen zu erledigen und häufig Pausen einzulegen.

Mit der Gewohnheit brechen

Wissenschaftler schlagen einige Möglichkeiten vor, wie wir uns das Multitasking abgewöhnen können.

Als Erstes sollten Sie die Dinge, die Sie erledigen wollen, bewerten und nach Prioritäten ordnen. Erledigen Sie dann einfach das Wichtigste zuerst und versuchen Sie, dafür eine bestimmte Zeit einzuplanen, zum Beispiel eine oder zwei Stunden, bevor Sie zur nächsten Aufgabe auf Ihrer Liste übergehen.

Planen Sie eine bestimmte Tageszeit ein, um Dinge wie das Lesen von E-Mails, das Besuchen sozialer Medien und alles andere, das Ihre Aufmerksamkeit stark beansprucht, zu erledigen. Auf diese Weise kann sich Ihr Gehirn entspannen, da es weiß, dass es diese Dinge erledigen und sich auf die anstehende Aufgabe konzentrieren kann.

Wenn Sie Handys und andere Geräte, die Sie ablenken, in einen anderen Raum legen, können Sie sich auch das Multitasking abgewöhnen. Wenn Sie der Versuchung widerstehen, E-Mails zu checken oder auf Benachrichtigungen zu schauen, kann sich Ihr Gehirn konzentrieren, Ihr Körper entspannen und Sie produktiver machen.

Multitasking scheint ein natürliches Nebenprodukt unserer schnelllebigen Zeit zu sein, in der uns eine Fülle von Informationen zur Verfügung steht. Dies ist zwar ein wunderbarer Vorteil der Technologie und des Lebens im Informationszeitalter, aber es kann sich als schwieriger erweisen, die Menge an Informationen, die wir gleichzeitig aufnehmen, zu bewältigen.



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