Augsburger Puppenkiste feiert 60. Geburtstag
Was die Herzen von Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen höher schlagen lässt, sind die „Stars an Fäden“ – die unverkennbaren und beliebten Charakterpuppen der „Augsburger Puppenkiste“. Kindheitserinnerungen einer schönen, noch unberührten und heilen Welt verbinden wir mit den Fernseh- und Theaterfiguren wie Kater Mikesch, Urmel, Jim Knopf, Lukas der Lokomotivführer, Kalle Wirsch, der Katze mit Hut und anderen handgeschnitzten Heldenfiguren. Auf so mancher abenteuerlichen Reise fühlten wir uns als ihre Begleiter, und Melodien wie „Eine Insel mit zwei Bergen …“ oder das „Öff-öff“ der Schweinedame Mama Wutz klingen in unseren Ohren, wenn wir an jene Marionettengestalten denken. Auch im 21. Jahrhundert ist die Faszination, die von der 1948 eröffneten Puppenkiste ausgeht, ungebrochen. Im Jahre 2008 feiert das berühmte Marionettentheater sein 60-jähriges Jubiläum.
Den Puppen Leben einhauchen
Es sind die Menschen hinter den Puppen, die ihnen Leben einhauchten. Untrennbar sind die Namen Oehmichen und Marschall mit der Geschichte des Familienbetriebs der Augsburger Puppenkiste verbunden.
Walter Oehmichen, 1940 als Kriegsgefangener in Frankreich einquartiert, brachte seinen Kameraden mit einem improvisierten Puppentheater etwas Aufheiterung. Dabei reifte in dem gelernten Schauspieler der Traum von einem eigenen Puppentheater.
Nach seiner Rückkehr nach Augsburg baute er mit seiner Ehefrau Rose 1943 den „Puppenschrein“, ein Hausmarionettentheater. Walter schnitzte die Puppen, während Rose sie liebevoll einkleidete.
Der Krieg machte auch vor der Welt der Puppenspieler nicht halt. Der Puppenschrein wurde ein Opfer der Flammen, die Figuren hatte Walter glücklicherweise mit nach Hause genommen. Dem Künstlerehepaar blieb die Vision eines Marionettentheaters erhalten, nur sollte es in Form einer Kiste Platz finden, um jederzeit transportabel zu sein – grundsätzlich jedoch einen festen Standort haben.
Im ehemaligen Heilig-Geist-Spital konnten sie ihren Plan verwirklichen. Am 26. Februar 1948 eröffnete mit „Vorhang auf!“ die „Augsburger Puppenkiste“ und präsentierte das Märchen „Der gestiefelte Kater“.
Tochter Hannelore erwies sich als eine begnadete Puppenschnitzerin. Unter ihren talentierten Händen entstanden all die berühmten „Stars an Fäden“. Ihre erste Figur schnitzte sie bereits im Alter von nur 13 Jahren, noch heimlich, weil sie das scharfe Schnitzmesser eigentlich nicht hätte benutzen dürfen. Die Spielfigur des „Kleinen Prinzen“ war ihre erste bekannte Kreation.
Ein traditionsreicher Familienbetrieb
Zum 25. Jubiläum im Jahre 1973 übernahmen Hannelore und ihr Mann Hanns-Joachim Marschall die Leitung des Marionettentheaters. Nach dem Tod ihrer Eltern wurde Tochter Hannelore zur Inhaberin der Puppenkiste.
Seit Anfang der 1980er arbeitete Klaus Marschall, Sohn von Hannelore und Hanns-Joachim Marschall, im Theater mit. 1992 übernahm er die Theaterleitung. Sein Bruder Jürgen stieg Anfang der 1990er in den Betrieb ein und unterstützte seine Mutter bei der Puppenherstellung. Nach ihrem Tod am 16. Mai 2003 trat er ihr Erbe an.
Theater für Kinder und Erwachsene
Viele klassische Märchen werden in der Puppenkiste gespielt. Stücke wie „Aladin und die Wunderlampe“ oder „Frau Holle“ stehen seit Jahrzehnten – neu inszeniert – auf dem Spielplan. „Der Räuber Hotzenplotz“ (1966), das beliebteste Stück des Theaters, oder „Die kleine Hexe“ (1971) – beide nach Vorlagen Otfried Preußlers – werden gar seit ihrer Erstinszenierung unverändert gespielt.
Oehmichen inszenierte auch viele Stücke für Erwachsene, die er bei seinem früheren Engagement am Stadttheater Augsburg nicht realisieren konnte. 1951 folgte mit Antoine de Saint-Exupéry´s „Der kleine Prinz“ der große Durchbruch.
Erfolge in Fernseh- und Kinowelt
Ab 1953 wurde die Puppenkiste mit der ersten Fernsehsendung „Peter und der Wolf“ bundesweit bekannt. Fernsehausstrahlungen der Anfangsjahre über die Fernsehstationen des NWDR, HR und Bayrischen Rundfunks fanden dann ein neues Konzept. In Zusammenarbeit mit dem Hausautor Manfred Jenning nahm der HR die Produktion des Mehrteilers „Die Geschichte der Muminfamilie“ auf. Produziert wurde fortan im zum Studio umgebauten Foyer des Augsburger Theaters. Unter Jennings Leitung entwickelten sich die reinen Theateraufzeichnungen zu echten Fernsehfilmen, die alle Möglichkeiten des Mediums ausschöpften. Die Fernsehstücke wurden früh von den Bühneninszenierungen abgekoppelt. So kam es, dass all die bekannten Fernsehstars nie auf der Bühne in Augsburg zu sehen waren. Die berühmten Kistendeckel mit dem schräg gedruckten Namenszug „Augsburger Puppenkiste“ und dem Zusatz „Oehmichens Marionetten Theater“ sind längst zum Markenzeichen der Puppenkiste geworden. 1997 schaffte die Augsburger Puppenkiste mit „Die Story von Monty Spinnerratz“ des amerikanischen Kinderbuchautors Tor Seidler erfolgreich den Sprung auf die Kinoleinwand.
„Die Kiste“ – erfolgreichstes Puppentheatermuseum Europas
Mit der großen Jubiläumsausstellung „60 Jahre Augsburger Puppenkiste“ können ab 6. Mai große und kleine Fans im Puppentheatermuseum „die Kiste“ über 400 der berühmtesten Marionettenstars in den Originalkulissen bewundern.
Seit der Museumseröffnung 2001 hat es sich auf 570 Quadratmetern zum mittlerweile erfolgreichsten Puppentheatermuseum Europas entwicktelt. Auf die Geburtstagsparty zu Ehren der Augsburger Puppenkiste am 26. Februar folgt eine neuntägige Sonderausstellung in der City-Galerie Augsburg. Als Wanderausstellung wird sie anschließend in weiteren Centern in Bayern zu sehen sein. (cg)
Text erschienen in Epoch Times Deutschland (27. Feb.- 4. Mrz. 2008)
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