Alles, was eine Seele stärken kann: Galerie Kunst-Kontor Potsdam

Die Kunst- und Kulturhistorikerin Friederike Sehmsdorf führt seit über 20 Jahren ihre eigene Galerie. Seit 2007 ist sie damit in Potsdam.
Titelbild
„Rose“ von Sibylle Prinzessin von Preußen, Mischtechnik auf Leinwand.Foto: Sehmsdorf
Von 29. August 2024

„Die Galerie KUNST-KONTOR konzentriert sich auf gegenständlich-figurative Kunst. Das ist ein Bekenntnis, keine Wertung.“ So zu lesen auf der Website der Galerie von Friederike Sehmsdorf.

Auf das im Raum stehende Warum antwortet sie: „Dahinter steht die Überzeugung, dass diese Kunst heute die spannenderen Geschichten erzählt, den höheren intellektuellen Lustgewinn verschafft und mit verbindlicheren Motiven Stellung zur realen Welt beziehen kann.“

Am Donnerstag, 29. August, lädt sie zum Künstlergespräch mit den Künstlerinnen Sibylle Prinzessin von Preußen und Grita Götze, deren Ausstellung „HOFFNUNGSGLÜCK“ den Sommer über zu sehen war und mit dieser Veranstaltung ihren Abschluss findet.

Am 8. September bereits ist die nächste Ausstellungseröffnung angekündigt. Christoph Löffler – Malerei und Peer Oliver Nau – Skulpturen werden das nächste Duo sein, mit dem ironisierenden Titel: „Das ist kein save space hier!“

Unterschiedlicher könnte die folgende Ausstellung zur vorhergehenden nicht sein. Was sie eint, ist vielleicht „diese ganz demütige Einstellung“, die für Sehmsdorf einen Kunstschaffenden auszeichnet. Zu wissen, dass Handwerk die Basis ist, auf der aufgebaut wird, und es viel, sehr viel, eigentlich beständig zu lernen gilt.

Epoch Times sprach mit der Galeristin über die Anfänge ihrer Galerie, über ihr Selbstverständnis von Kunst und über Hoffnungsglück im Speziellen.

Frau Sehmsdorf, was war die Initialidee zur Gründung Ihrer Galerie?

Ja, die Initialidee ist eigentlich eine ganz banale gewesen. Ich bin Kunsthistorikerin und arbeitete zehn Jahre am Märkischen Museum, später Teil der Stiftung Stadtmuseum. Dann bekam ich ein Angebot von Bernd Schultz, der damals Inhaber des Auktionshauses Grisebach war und die berühmte Galerie Pels-Leusden in Berlin besaß. Er bot mir die Leitung an.

Das war natürlich großartig für mich. Doch gab es einige Dinge in meinem Leben, die zusammenbrachen und wieder aufbrachen und ich wurde schwanger mit meinem dritten Kind. Ich durfte nicht verkürzt arbeiten und hatte schon zwei ältere Söhne. Das war der Punkt, an dem ich sagen musste, zwölf Stunden kann ich nicht außer Haus sein, wenn ich ein ganz kleines Kind habe.

Ich dachte, ich habe mir alles bewiesen, was ich kann, beziehungsweise was ich nicht kann, und war der Überzeugung, dass es wichtiger ist, mich anders zu orientieren. Ich war dann ein Jahr zu Hause und habe dann eine eigene Galerie gegründet.

Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und habe mit all dem, was ich konnte, also meinem Backgroundwissen aus den musealen Zeiten, meiner kunsthistorischen Ausbildung und dem Einblick in den Kunsthandel durch die Galerie, mich selbstständig gemacht.

Da ich im Museum auch für die Malerei zuständig war und für die zeitgenössische Kunst, kannte ich viele Künstler, denn ich hatte direkt bei Ihnen für die Sammlung eingekauft. Das kam mir zugute.

Meine erste kleine Galerie war in Falkensee, Brandenburg, in einem alten Gemüsegeschäft. Und ich bekam tatsächlich nach kurzer Zeit von der damaligen Kulturministerin Johanna Wanka einen Glückwunsch – einen Anruf aus Ihrem Sekretariat, dass sie sich die Galerie gern ansehen würde. So was gab es noch damals. Eine Kulturministerin, die wirklich daran interessiert war, wenn jemand – in meinem Fall eine junge Frau – einfach was aufmachte.

Irgendwann bin ich dann nach Potsdam gezogen und habe hier meine eigenen Räume geschaffen und habe immer versucht, Leben und Arbeiten zu verbinden. Wie man das so macht, wenn man noch schulpflichtige, kleinere Kinder hat.

Wann haben Sie diese erste kleine Galerie in Falkensee gegründet?

2001 ist meine Tochter geboren. 2003, nach anderthalb Jahren, habe ich die Galerie eröffnet. Da war ich 39 Jahre alt.

Sie erwähnten kurz die Galerie, für die Sie vorher arbeiteten. Was für eine Galerie war das?

Die Galerie Pels-Leusden. Hans Pels-Leusden war einer der Gründer des Auktionshauses Grisebach. Er war auch der Gründer des Kollwitz-Museums in Berlin. Er war ein ganz bedeutender Kulturmann und Galerist in Westberlin, im alten Westberlin, und von dem hatte mein damaliger Chef die Galerie übernommen, die ich dann für drei Jahre leitete.

Sie haben sicherlich eine bestimmte Vision für Ihre Galerie gehabt. Wie würden Sie das skizzieren?

Ich wusste, dass ich aus der Kunstgeschichte kommend immer einen ganz bestimmten Anspruch an die handwerkliche Grundqualität der Kunst geschätzt und geliebt habe.

Durch mein Studium im Osten und die intensive Beschäftigung mit den Kunstschulen des Ostens, also Dresden, Leipzig, Halle, Berlin – diese Kreise hatten alle eine eigene Handschrift –, wusste ich, dass sie alle eine extrem gute, exklusive handwerkliche Grundausbildung besaßen.

Die Künstler werden frei oder sind frei, wenn sie das Handwerk beherrschen und wenn sie die Technik, die zu ihnen gehört, auch finden und entdecken können.

In der Musik ist es jedem plausibel: Wer keine Tonleitern und Etüden geübt hat, wird niemals eine Paganini-Caprice und niemals ein Beethoven-Konzert spielen.

Aber in der bildenden Kunst haben sich die Maßstäbe für all diese Dinge sehr, sehr verschoben. Ich selbst habe diese beibehalten, sah aber auch, wie der Kunstmarkt funktionierte und was für Dinge im Hintergrund eine Rolle spielen. Da geht es nicht nur um Qualität.

Ich habe mir gesagt, ich mache einfach meins. Ich stelle die Künstler aus, die ich persönlich sehr schätze und bei denen ich weiß, dass dahinter ein geistiger Raum und Können steht – etwas ganz Eigenes.

Das behauptet nun fast jeder Galerist von sich, dass er etwas ganz Eigenes täte. Aber wenn man die Menge der Konzeptkunst anschaut, dann ist da so viel, was austauschbar und auch schwer zu kommunizieren ist – sich dem Publikum mit Bewusstheit verweigert, den Diskurs verweigert, aber gleichzeitig sich auf eine bestimmte elitäre Art als darüberstehend definiert.

Die Kunst, die ich ausstelle, ist anders. Viele der Künstler, mit denen ich arbeite, sind auch in Museen vertreten. Es ist nicht so, dass ich allein sie nur schätze. Aber es unterscheidet sich doch von dem Durchschnitt der Konzeptkunst, die im Moment in Berlin sehr en vogue ist.

Wie pflegen Sie den Kontakt zur Kundschaft?

Natürlich unterhalte ich mich viel mit ihnen. Es ist eine Arbeit, die einfach nur durch Kontinuität entsteht und auf Vertrauen und ehrlicher Kommunikation basiert. Man darf die Leute nie unterschätzen und man sollte sie auch niemals nach ihren Äußerlichkeiten beurteilen. Das wäre der größte Fehler, den man machen kann.

Man sieht, wenn das Gespräch gesucht wird. Viele kommen auch und sagen: „Ich habe keine Ahnung von Kunst. Aber ich habe mal eine Frage.“ Das ist so ein Standardsatz. Ich sage immer: „Niemand braucht Ahnung von irgendwas zu haben.“ Wenn Sie eine Frage haben, dann versuche ich, sie Ihnen zu beantworten. Ja, es gibt eine ganz große Verunsicherung.

Grita Götze (l.) und Sibylle Prinzessin von Preußen in ihrer Ausstellung „HOFFNUNGSGLÜCK“ in Potsdam. Bei den Keramiken von Götze wird der Ton zum Bildträger. Sie selbst genoss ihre Ausbildung an der Burg Giebichenstein, Halle, und lernte die Keramik von der Pike auf. Foto: Sehmsdorf

Die gerade zu Ende gehende Ausstellung steht unter dem Motto Hoffnungsglück. Was ist das Besondere an dieser Ausstellung für Sie?

Hoffnung und Glück in einem, das ist ein schönes Wort. Wissen Sie, dieses Wort taucht das erste Mal bei Wolfgang von Goethe auf, im Osterspaziergang.

Und das war eine Ausstellung, die im Frühjahr begann: Hoffnungsglück. Ich habe immer das Bedürfnis, gerade wenn die Zeiten stimmungsmäßig nicht toll sind, mit Kunst etwas dagegenzusetzen – sorgfältig und mit schönen Dingen.

Da hinein passen diese beiden Künstlerinnen, da sie beide dem Kreatürlichen huldigen. Bei beiden der Gedanke an das Schöne, an das Wertvolle, an das Gute ihren Werken immanent ist, ohne dass es draufsteht. Jeder aufmerksame Betrachter spürt das.

Das ist der rote Faden. Obwohl beide Künstlerinnen, Grita Götze und Sibylle Prinzessin von Preußen, so unterschiedlich sind, haben sie beide einen ethischen Anspruch an sich selbst, an ihr Werk.

Es ist eine Weltanschauung, die dahintersteht: Dass es wichtig ist, an die guten und schönen Dinge zu erinnern und dankbar zu sein. Auch Witz und Freude spiegelt sich in dem Werk beider. Poesie, also alles, was eine Seele stärken kann.

Die Leute gingen aus der Ausstellung und sagten: „Das war schön, das hat gutgetan.“ Das ist das, was Kunst wirklich kann.

Kunst macht keine Revolution, natürlich, aber sie kann aufrütteln. Und sie kann auf einer ganz ehrlichen, tiefen Ebene Menschen trösten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Silke Ohlert.

Die Galeristin Friederike Sehmsdorf (l.) mit Sibylle Prinzessin von Preußen. Die Künstlerin ist in zahlreichen Sammlungen weltweit vertreten und unterrichtete 1981 bis 1993 als Dozentin an der Hochschule der Künste Berlin (HdK, heute UdK), unterbrochen durch einen dreijährigen New-York-Aufenthalt. Foto: Sehmsdorf



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