Ministerium warnt vor Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder und Babys

Eine ausgewogene, gesunde Ernährung ist wichtig. Warum Nahrungsergänzungsmittel nicht dazu gehören, zeigen neueste Untersuchungen aus Baden-Württemberg.
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Wer bei seinen Kindern einen Nährstoffmangel vermutet, sollte nicht einfach zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen.Foto: iStock
Von 9. September 2023

Calcium, Eisen und Vitamine sind wichtige Bausteine für eine gesunde Ernährung. Nicht selten greifen Eltern mit Blick auf das Beste für ihr Kind zu Nahrungsergänzungsmitteln. Doch Vorsicht! Viele Mittel sind nicht für Säuglinge und Kleinkinder geeignet. Das ergab eine Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Karlsruhe. Von 2021 bis 2023 hat das Amt insgesamt 31 Nahrungsergänzungsmittel für Säuglinge und Kleinkinder unter die Lupe genommen.

19 der 31 Produkte waren laut Hersteller explizit für den Verzehr durch Säuglinge und Kleinkinder bestimmt. Die Untersuchungen ergaben jedoch, dass alle 31 Produkte nicht zugelassene Stoffe enthielten. Die Produkte wurden überwiegend über das Internet beschafft. Es gibt sie in Tropfen, Lutschtabletten, Kapseln oder Pulvern.

Mit bunten Aufmachungen und entsprechenden Auslobungen zielen viele dieser Produkte laut Untersuchungsamt speziell auf die Zielgruppe Säuglinge (unter zwölf Monaten) und Kleinkinder (ein bis drei Jahre) ab. Die Verpackungen suggerierten den Eltern, dass Kinder einen spezifischen Bedarf an diesen Produkten hätten. Tatsächlich gebe es bei gesunden Kindern einen solchen Bedarf nicht, da die Aufnahme von Nährstoffen über die herkömmliche Ernährung ausreichend ist oder bereits durch speziell reglementierte Lebensmittelkategorien (Säuglingsnahrung, Beikost) abgedeckt sei.

In flüssigen Produkten, die mittels Dosierbechern oder Pipetten portioniert werden, fanden die Prüfer Konservierungsmittel sowie Süßungsmittel, die für einen besseren Geschmack beigemengt wurden. Bei Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Fruchtgummi war Geliermittel enthalten.

„In einem Nahrungsergänzungsmittel für Kinder ab zwei Jahren wurde außerdem eine für diese Altersgruppe nicht zugelassene neuartige Lebensmittelzutat verwendet“, heißt es von der Behörde, ohne die Zutat konkret zu bezeichnen. Fest steht, dass es an der notwendigen Zulassung mangelt, um dieses Mittel innerhalb der EU für Kinder und Säuglinge in den Verkehr zu bringen.

Zu hohe Nährstoffmengen

Als problematisch erachtete das Amt auch die hohen Nährstoffmengen, die den Kindern mit diesen Ergänzungsmitteln verabreicht werden.

Drei für Kleinkinder bestimmte Nahrungsergänzungsmittel fielen bei der Untersuchung durch besonders hohe Mengen an zugesetzter synthetischer Folsäure (Vitamin B9) auf. Wie sich die Verabreichung von hoch dosierter Folsäure bei Säuglingen langzeitig auswirkt, ist weitestgehend unerforscht. Es gibt auch keine als sicher bewertete Tageshöchstmenge, die für Säuglinge gilt.

Von einer akuten Gesundheitsgefahr durch die kurzfristige Aufnahme der untersuchten Produkte sei jedoch zumindest nicht auszugehen, meldet die Behörde. Nährstoffe, die im Überschuss vorhanden seien, würden wieder ausgeschieden.

Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit stellt die Ausscheidung nicht benötigter Nährstoffe für den Stoffwechsel von Säuglingen jedoch eine Belastung dar, die vermieden werden sollte.

Natürliche Ernährung statt Nahrungsergänzungsmittel

Nach den Untersuchungen erklärte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, Peter Hauk: „Aufgrund dieser Ergebnisse rate ich von Nahrungsergänzungsmitteln für Säuglinge und Kleinkinder grundsätzlich ab. Auch älteren Kindern sollten Eltern ohne ärztliche Empfehlung keine Nahrungsergänzungsmittel verabreichen.“

Stattdessen empfiehlt er Eltern, auf natürliche Nährstoffquellen aus herkömmlichen Lebensmitteln und auf eine ausgewogene Ernährung zu setzen. „Sollte eine Unterversorgung mit einem Nährstoff befürchtet werden, holen Sie erst ärztlichen Rat ein“, betont Hauk.

Laut Experten kann der Nährstoffbedarf von Kleinkindern bereits mit einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Familienernährung gedeckt werden. Kleinkinder könnten an den Mahlzeiten der Familie teilnehmen, die Vielfalt der Lebensmittel kennenlernen und so ihren Geschmack ausbilden. Dazu gehören Obst, Gemüse, Getreide- und Getreideprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und (gemahlene) Nüsse, aber auch tierische Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Eier. Als Getränk für Kleinkinder eignet sich Wasser oder ungesüßter Tee.

Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung rät, den Bedarf an Vitamin B9 ausschließlich über die normale Ernährung zu decken. Dann sei es natürlichen Ursprungs und gelte als unbedenklich.

Richtlinien auf EU-Ebene gefordert

Aus den Untersuchungen leitet der Minister Handlungsbedarf auf EU-Ebene ab. Es müssten möglichst zeitnah klarstellende konkrete Regelungen zu Nahrungs­ergänzungsmitteln, insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, festgelegt werden.

Ziel sei es, „einen möglichst hohen Gesundheitsschutz für diese empfindliche Verbrauchergruppe zu schaffen“. Daher habe Baden-Württemberg dieses Thema auch in die Verbraucherschutzministerkonferenz eingebracht, so Hauk.



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