Ungeschützt trotz Sonnencreme – die Schattenseite des Sonnenbadens

Sonnencreme bedeutet nicht immer Sonnenschutz. Kanadische Forscher warnen vor einem „falschen Sicherheitsgefühl“.
Ein Mann verreibt Sonnencreme auf seinem Arm. Einer aktuellen Umfrage zufolge nutzt gut ein Drittel aller Befragten im Frühjahr und Sommer normalerweise kein Sonnenschutzmittel.
Ein Mann verreibt Sonnencreme auf seinem Arm. Einer aktuellen Umfrage zufolge nutzt gut ein Drittel aller Befragten im Frühjahr und Sommer normalerweise kein Sonnenschutzmittel.Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Von 1. Juli 2024

Sommer, Sonne, Urlaub am Strand. Sonnenanbeter haben Hochkonjunktur. Doch stundenlang in der Sonne zu liegen, ist keine gute Idee – auch nicht, wenn man Sonnencreme verwendet. Denn die Wirksamkeit von Sonnencremes ist begrenzt, zumal von einigen Inhaltsstoffen potenzielle Risiken ausgehen.

„Keine Sonnencreme schützt 100 Prozent vor allen schädlichen Strahlen der Sonne. Ein Teil der UV-Strahlung gelangt immer noch auf die Haut, trotz Verwendung der Sonnencremes“, sagt Carola Berking, Direktorin der Hautklinik Erlangen in Deutschland, zum „Deutschen Gesundheitsportal“.

Das längere Sonnenbaden könne zu einer längeren Einwirkung von UVA-Strahlen, die weniger gut von den Sonnencremes abgehalten werden, führen. „Sie können in der Haut nicht nur die Faltenbildung, sondern über indirekte Wege auch karzinogene Schäden an der DNA der Hautzellen anrichten“, so Berking.

Dass der mit Sonnencreme in Verbindung gebrachte Schutz trügerisch sein kann, haben auch Forscher der kanadischen McGill University herausgefunden. Sie sprechen vom „Sonnenschutz-Paradoxon“.

Kanadische Forscher warnen vor „falschem Sicherheitsgefühl“

„Das Problem ist, dass die Menschen Sonnencreme als ‚Erlaubnis‘ zum Bräunen betrachten“, sagte Dr. Ivan Litvinov, außerordentlicher Professor an der medizinischen Fakultät und Vorsitzender der Abteilung für Dermatologie an der McGill University, bei Vorstellung einer Studie im Oktober 2023.

Das Forscherteam hatte die Inzidenz von kutanen Melanom, einer Krebserkrankung der Hautzellen, in verschiedenen atlantischen Provinzen Kanadas untersucht. Bewohner in Gebieten mit hoher Inzidenz zeigten zwar ein größeres Bewusstsein für das Sonnenrisiko und verwendeten Sonnencremes und Sonnenschutzbekleidung, setzten sich aber einer stärkeren UV-Strahlung aus.

Die Menschen glaubten, dass sie vor Hautkrebs geschützt seien, weil sie ein Produkt verwenden, das zur Vorbeugung einer Erkrankung vermarktet werde, so die Forscher. Anhand ihrer Untersuchungen zeigte sich, dass die meisten Menschen sich in „falschem Sicherheitsgefühl“ wiegen. Sie tragen demnach nicht genügend Sonnencreme auf oder bleiben nach dem Auftragen stundenlang in der Sonne.

Hier helfe nur Aufklärung und die Beseitigung von Wissens- und Praxislücken beim Sonnenschutz und der Hautkrebsprävention. Sonnencreme sei wichtig, aber verglichen mit Sonnenschutzbekleidung und Sonnenvermeidung sei sie die am wenigsten wirksame Methode, um die Haut zu schützen.

Sonnencreme niemals einmassieren

Das Dermatologische Zentrum Wiesbaden warnt davor, Sonnenschutzmittel in die Haut einzumassieren:  „Je mehr ein Sonnenschutzmittel verrieben und einmassiert wird, desto schlechter ist der Sonnenschutz. Nach einer kräftigen Massage ist die Haut fast so ungeschützt wie ohne Sonnenschutzmittel.“  Der Grund dafür ist, dass der UV-Filter nur auf der Hautoberfläche wirkt und seine Wirkung in den tieferen Schichten nicht entfalten kann.

Sonnencreme hingegen sollte eine halbe Stunde vor dem Sonnenbad aufgetragen werden, also bevor man hinausgeht.

Vorsicht vor krebserregenden Substanzen

Aber nicht nur die Art und Weise, wie man Sonnencreme anwendet, ist wichtig. Auch ein Blick in die Inhaltsstoffe ist ratsam. In den letzten Jahren sind chemische UV-Filter, wie sie in Sonnencremes und auch vielen Anti-Aging-Cremes vorkommen, in Kritik geraten. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnte im letzten Jahr vor älterer Sonnencreme mit dem Inhaltsstoff Octocrylen.

Französische und amerikanische Forscher fanden demnach heraus, dass sich dieser Lichtschutzfilter im Laufe der Zeit in den Cremes zu Benzophenon umwandelt. Dieses kann allergische Hautreaktionen auslösen und über die Haut aufgenommen werden.

„Es wurde von der International ‚Agency for Research on Cancer‘ als vermutlich krebserzeugend beim Menschen eingestuft, weil es in Tierversuchen unter anderem Leberkrebs erzeugte. Diese Substanz kann vermutlich aufgrund ihrer hormonähnlichen Wirkung die Schilddrüse und Fortpflanzungsorgane schädigen“, warnt die Verbraucherzentrale.

Fehlende Langzeituntersuchungen

Laut „Zentrum der Gesundheit“ gibt es noch weitere Inhaltsstoffe, die bedenklich sind. Oxybenzon steht unter dem Verdacht auf hormonelle Wirkung, während Enzacamen und Avobenzon ein beschleunigtes Wachstum von Krebszellen nachgesagt wird. Octinoxat gilt wie Octocrylen als potenziell krebserregend. Es besteht bei diesem Stoff auch das Risiko, dass die Fruchtbarkeit beeinflusst und bei Schwangeren der Embryo gefährdet wird. Octinoxat hat noch weitere Bezeichnungen: Ethylhexylmethoxycinnamat, 2-Ethylhexyl-4-methoxycinnamat, 4-Methoxyzimtsäure-2-ethylhexylester.

Zwar heißt es immer wieder, dass die Konzentration der Inhaltsstoffe zu gering ist, um Schäden im Körper anzurichten, aber es gibt auch keine Langzeitstudien über deren Wirkungen.

In einer Publikation des Bundesinstituts für Risikobewertung aus dem Jahr 2019 heißt es: „Nach gegenwärtigem Wissensstand erhöhen UV-Filter nicht das Risiko für Krebs. Auch nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums gibt es weder Belege noch wissenschaftliche Veröffentlichungen in Form von klinischen Studien, die eine Erhöhung des Krebsrisikos durch UV-Filter in Sonnenschutzmitteln vermuten lassen.“

Mit Sonnenhut & Co gut gewappnet

Wer nicht unbedingt auf Sonnencremes zurückgreifen will, meidet Aktivitäten im Freien in den heißen Mittagsstunden, hält sich möglichst im Schatten auf und setzt auf die richtige Kleidung.

Dicht gewebte Kleidung schützt besonders gut. Ein dünnes weißes Baumwoll-T-Shirt hingegen bietet keinen ausreichenden Sonnenschutz; das Gleiche gilt für synthetische Fasern.

Zu beachten ist auch, dass nasse Kleidung nicht denselben Effekt wie trockene erzielt.

Hüte und Kappen sind nur sinnvoll, wenn sie keine Löcher haben, wie es etwa bei einem Strohhut der Fall ist.

Pflanzenextrakte mit Schutzwirkung

Neben dem Sonnenschutz durch Kleidung und Creme gibt es laut Krebsgesellschaft auch Pflanzenextrakte, die fördernd wirken. Dazu gehören Polyphenole aus Tee, Apfelbeeren, Weintrauben und Rotwein, aber auch Karotinoide, wie sie in rot gefärbtem Obst und Gemüse sowie in Brokkoli und Spinat enthalten sind.

„Diese sekundären Pflanzenstoffe können zwar ein wenig zum Sonnenschutz beitragen, als alleiniger Schutz empfiehlt sich die Einnahme von Pflanzenextrakten allerdings nicht“, heißt es auf der Website weiter.

Übrigens: Laut Techniker Krankenkasse stufen Dermatologen bei 100 Menschen, die sich wegen Verdachts auf Hautkrebs beim Dermatologen vorstellen, 80 als unauffällig ein. Bei weiteren Untersuchungen der verbleibenden 20, erhärtet sich nur in vier Fällen der Verdacht, dass wirklich eine Erkrankung vorliegt.

Wie gut man die Sonnenstrahlung verträgt, hängt letztlich nicht nur vom Verhalten der jeweiligen Personen, sondern auch vom jeweiligen Hauttyp ab.



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