Pflanze färbt sich bei Kontakt mit giftiger Chemikalie rot
Was wäre, wenn die eigene Zimmerpflanze sagen könnte, dass das Wasser schädlich für ihr Wachstum ist? Wissenschaftler sind dieser Vision einen Schritt näher gekommen. So ist es ihnen gelungen, eine Pflanze so zu verändern, dass sie sich in Gegenwart eines verbotenen, giftigen Pestizids rötlich verfärbt.
Um dies zu erreichen, mussten die US-amerikanischen Forscher das Rätsel lösen, wie sie eine Pflanze dazu bringen, eine Chemikalie wahrzunehmen und darauf zu reagieren, ohne dass ihre pflanzliche Funktion beeinträchtigt wird.
„Das Wichtigste dabei ist, dass wir neue Wege entwickelt haben, um Pflanzen so einzusetzen, dass sie als Umweltsensoren fungieren können“, erklärt Ian Wheeldon, Professor für Chemie- und Umwelttechnik an der Universität von Kalifornien, Riverside. „Eine der größten Herausforderungen bestand darin, dies zu tun, ohne die Pflanze im Wachstum zu stören. Soweit wir das beurteilen können, hat unsere Entwicklung das geschafft.“
Natur zunutze gemacht
Diese Entwicklung basiert auf einem natürlichen Prozess, den viele Pflanzen besitzen, um sich an stressige Veränderungen in der Umwelt anzupassen. Wenn beispielsweise während einer Dürreperiode der Boden austrocknet, produzieren Pflanzen als Reaktion das Hormon Abscisinsäure (ABA). Andere Proteine, sogenannte Rezeptoren, erkennen das ABA und reagieren darauf, indem sie die Schließung der Poren veranlassen. Sind diese Poren zu, kann weniger Wasser verdunsten und die Pflanze hat eine höhere Überlebenschance.
Nun haben die Forscher dieses Können der Rezeptoren ausgenutzt und dem „Unkraut“ Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) beigebracht, giftige Chemikalien – einschließlich verbotener Pestizide – zu erkennen. Zwar könne diese Entwicklung auch für die Herstellung und Verwendung von Tests verwendet werden, allerdings wollten die Forscher lieber etwas Lebendes unterstützen.
Unsichtbares Gift mit bloßem Auge erkennbar
Als Testchemikalie verwendeten die Forscher in ihrer Studie das Pestizid Azinphos-ethyl. Das Gift wurde zur Abtötung von Insekteneiern, Milben und Zecken eingesetzt, bis im Jahr 1995 seine hohe Giftigkeit für Säugetiere festgestellt wurde.
Kommt die Pflanze damit in Berührung, ändert sich binnen 24 Stunden die Farbe der Pflanze von einem satten grün zu rot. Nachdem das Kraut wieder normales Wasser erhalten hatte, wurde es wieder grün.
„Unser Ziel ist es, Chemikalien in der Umwelt leicht aus der Ferne erkennen zu können“, erklärt der Biologe Sean Cutler. „Wenn man ein Feld mit diesen Pflanzen hätte und sie sich rot färben würden, wäre das ein deutlicher Anzeiger dafür, dass jemand verbotene Pestizide verwendet hat.“
Bislang haben es die Forscher geschafft, dass die Pflanze auf eine Chemikalie reagiert. „Es wäre großartig, wenn wir irgendwann Pflanzen entwickeln könnten, die Dutzende von Chemikalien wahrnehmen. So könnten wir sie als lebende Sensoren verwenden, die über Jahre hinweg bestehen und Informationen über die Umwelt liefern“, so Cutler. „Je mehr Sensoren wir in einer einzigen Pflanze vereinen können, desto besser – insbesondere für Umweltanwendungen. Aber derzeit sind uns da noch Grenzen gesetzt.“
Behördliche Genehmigungen stehen Pflanze im Weg
Gleichzeitig weisen die Forscher darauf hin, dass ein Anbau und Einsatz dieser Pflanzen für kommerzielle Zwecke derzeit nicht möglich sei. Der Grund hierfür seien die geforderten behördlichen Genehmigungen, die viele Jahre dauern würden.
Außerdem sei diese Entwicklung noch zu neu und eine Reihe weiterer Herausforderungen und Problemen müssten noch gelöst werden. Erst dann könne ein Anbau der Pflanzen auf den Feldern der Landwirte weltweit möglich sein. Dennoch eröffne diese Entdeckung völlig neue Möglichkeiten.
„Wir haben Pflanzen entwickelt, die sie sich rot färben, wenn sie eine verbotene Chemikalie wahrnehmen. Derzeit arbeiten wir daran, dass sie jede Chemikalie in der Umwelt wahrnehmen können – nicht nur Pestizide, sondern auch Arzneimittel und Antibiotika in der Wasserversorgung“, so Cutler abschließend. Ob die Pflanze über diese neue Entwicklung begeistert ist, ist ungewiss.
Die Studie erschien am 23. Oktober 2023 in der Fachzeitschrift „Nature Chemical Biology“.
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