Vorboten von Multipler Sklerose: Symptome, die man nicht ignorieren sollte

Fünf Symptome könnten als hilfreiche Marker für die Frühdiagnose von MS und anderen Autoimmunkrankheiten dienen, insbesondere bei Risikogruppen. Zu diesem Ergebnis kam ein Team von Wissenschaftlern des Pariser Brain Instituts in einer Fall-Kontroll-Studie.
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Multiple Sklerose behindert die Funktionsfähigkeit des Nervensystems und ist schwer zu diagnostizieren.Foto: iStock
Von 26. Januar 2024

Eine Handvoll scheinbar nicht zusammenhängender Erkrankungen könnte mehr miteinander zu tun haben, als man vielleicht denkt. Sexuelle Funktionsstörungen, Verstopfung, Depression, Blasenentzündungen und Harnwegsinfektionen treten bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS) vor und nach der Diagnosestellung so häufig auf, dass Forscher glauben, diese Probleme könnten Vorläufersymptome dieser Autoimmunerkrankung sein.

Die Ergebnisse, die ein Team des Pariser Brain Instituts in Frankreich herausgefunden hat, wurden in der Dezemberausgabe 2023 der Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlicht.

In einer Fall-Kontroll-Studie untersuchten die Forscher elektronische Gesundheitsakten aus Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Dabei suchten sie nach Assoziationen zwischen 113 Krankheiten und Symptomen bei etwas mehr als 20.000 Patienten fünf Jahre vor und nach Erhalt ihrer MS-Diagnose. Die Assoziationen wurden mit 54.790 Personen ohne MS, 30.477 mit Morbus Crohn und weiteren 7.337 Patienten mit Lupus verglichen. Morbus Crohn und Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) sind ebenfalls Autoimmunkrankheiten.

Symptome auch bei anderen Autoimmunerkrankungen möglich

In der ersten Analyserunde konnten die Forscher die ursprünglich 113 Erkrankungen auf zwölf eingrenzen, die mit der MS der Patienten in Verbindung zu stehen schienen. Zusätzlich zu den fünf Zuständen, die als Prodromalsymptome – also als Anzeichen für den Beginn einer Krankheit – eingeordnet wurden, erkannte das Team, dass MS-Patienten häufig an Epilepsie und wiederkehrenden Anfällen, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen, Unwohlsein und Müdigkeit litten.

Fünf Symptome traten dabei häufiger auf als die anderen. Dazu gehörten insbesondere Darmbeschwerden mit etwas über 90 Prozent und eine Störung der Harnwege bei fast 100 Prozent der Patientengruppen aus Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Diese Diagnosen wurden gestellt, nachdem bei den Patienten MS diagnostiziert worden war. Ähnliche Krankheitsbilder ergaben sich aber auch vor deren MS-Diagnose.

Auch die weiteren ausgewählten begleitenden Krankheitsbilder der MS-Gruppe existierten sowohl vor als auch nach Erhalt der MS-Diagnose, fanden die Forscher heraus. Sie wiesen auch darauf hin, dass die Häufigkeit der Symptome vor der Diagnose bei Männern höher war als bei Frauen, insbesondere bei Harnwegsinfekten.

Beim Vergleich der Zusammenhänge zwischen MS mit Lupus und Morbus Crohn stellte das Forscherteam fest, dass Depressionen, sexuelle Funktionsstörungen, Blasenentzündungen und Harnwegsinfektionen bei MS-Patienten häufiger auftraten. Allerdings waren die Zusammenhänge nur schwach ausgeprägt, was darauf hindeutet, dass diese Erkrankungen möglicherweise nicht spezifisch für MS sind. Die Forscher stellten auch fest, dass Verstopfung bei Patienten mit Morbus Crohn, einer entzündlichen Darmerkrankung, häufiger auftrat. Im Vergleich zu Lupus stellte das Forschungsteam fest, dass kein Gesundheitszustand „signifikant“ stärker mit MS assoziiert war als mit den anderen Erkrankungen.

Die Forscher fanden heraus, dass die fünf Symptome, die sie mit MS in Verbindung gebracht haben, auch mit anderen Autoimmunkrankheiten in Verbindung gebracht werden und daher wahrscheinlich nicht als Vorboten von MS gewertet werden können; die Ergebnisse der Studie könnten aber als Grundlage für die Verbesserung der Frühdiagnostik dienen, insbesondere in bestimmten Hochrisikogruppen mit familiären Formen von MS.

Was ist MS?

MS ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die das zentrale Nervensystem betrifft. Sie ist oft unvorhersehbar und wirkt sich individuell unterschiedlich aus, weshalb die Marker für die damit verbundenen Symptome so wichtig sind, so die Forscher. Manche Menschen mit MS leiden unter leichten Symptomen, während andere ihre Fähigkeit verlieren, klar zu sehen oder zu kommunizieren. Andere häufige Symptome sind Rot-Grün-Verzerrungen, Schmerzen bei Bewegung und Nadelstichempfindungen.

Die Diagnose von MS braucht jedoch Zeit, da es keinen speziellen Test dafür gibt. Ein Arzt unterzieht den Patienten einer Reihe von neurologischen Untersuchungen, um die geistigen, emotionalen und sprachlichen Funktionen, die Bewegung und Koordination, das Sehvermögen, das Gleichgewicht und die Leistungsfähigkeit der fünf Sinne zu testen. Darüber hinaus können eine Kernspintomographie, eine Analyse der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit und Bluttests durchgeführt werden.

Laut Johns Hopkins Medicine ist der Diagnosestandard für MS erfüllt, wenn eine Person mindestens zwei Krankheitsschübe innerhalb eines Monats erlebt hat und mehr als einen Bereich der Schädigung des Myelins im zentralen Nervensystem aufweist. Das Myelin wirkt wie eine Isolierschicht für die Nervenbahnen des Gehirns und des Rückenmarks. Es ermöglicht die schnelle Weiterleitung elektrischer Impulse entlang der Nervenzellen. Wenn das Myelin beschädigt ist, verlangsamen sich die Impulse.

Die National Multiple Sclerosis Society gibt an, dass weltweit fast drei Millionen Menschen mit MS leben. Schätzungen zufolge wird alle fünf Minuten bei einem Menschen MS diagnostiziert. Die Krankheit betrifft in der Regel Erwachsene im Alter zwischen 20 und 50 Jahren, kann aber auch bei Kleinkindern und älteren Erwachsenen auftreten. MS tritt bei Frauen dreimal häufiger auf als bei Männern, was darauf hindeutet, dass Hormone eine Rolle dabei spielen könnten, wie anfällig eine Person für die Krankheit ist.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Researchers Identify Potential Precursors to Multiple Sclerosis“. (deutsche Bearbeitung jw)



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