Lipid-Nanopartikel und das Sicherheitsdilemma der COVID-19-Impfstoffe

Die revolutionäre Lipid-Nanopartikel-Technologie – einst hauptsächlich für die Krebstherapie konzipiert – wird nun zur Impfstoffverabreichung genutzt. Doch es lauern Risiken. Neue Erkenntnisse über das komplexe Verhalten von Lipid-Nanopartikeln (LNP) werfen Fragen zu potenziellen Nebenwirkungen und zur Sicherheit vor allem nach mehreren Auffrischungsimpfungen auf.
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Die winzigen Lipid-Nanopartikel (LNP) könnten der Schlüssel zur effektiven Impfstoffabgabe sein – aber das feine Gleichgewicht zwischen ihrer Stabilität und dem Zerfall ist entscheidend für die Sicherheit des Impfstoffs. Das Bild zeigt die 3D-Illustration eines Blutgerinnsels.Foto: iStock

Lipid-Nanopartikel (LNP) dienen in der Medizin als Trägervehikel für verschiedene Arzneistoffe, darunter Boten-RNA (mRNA). Die LNP sind dabei eine Art Schutzkapsel, in der die mRNA zum Wirkort transportiert wird. Bei der Gestaltung dieser Moleküle ist es notwendig, eine Balance zu finden: Sie müssen stabil genug sein, um den Transport unbeschadet zu überstehen, aber sich gleichzeitig schnell auflösen können, sobald sie verabreicht wurden und ihre Transportaufgabe erfüllt haben.

Sind die Lipid-Nanopartikel (LNP) jedoch übermäßig stabil, besteht die Gefahr, dass sie sich nicht direkt am Verabreichungsort zersetzen, sondern stattdessen im gesamten Körper verteilen und bis zu weit entfernten Organen vordringen. Wenn allerdings die LNP zu früh zerfallen, können lose mRNA-Stränge im Blut zirkulieren. Da die mRNA negativ geladen ist, kann sie bei Verklumpung mit positiv geladenen Molekülen Blutgerinnsel verursachen. Die spezifischen Merkmale der Lipide innerhalb der LNP-Kapsel könnten ebenfalls zur Auslösung einer Thrombose beitragen oder eine Überaktivierung des Immunsystems hervorrufen.

Die US-amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) haben auf der Grundlage von Laboruntersuchungen und Tiermodellen diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen und einen neuartigen Impfstoff zugelassen. Die meisten mRNA-Forschungen vor der Pandemie nutzten allerdings intravenöse Injektionen direkt in den Blutkreislauf und nicht intramuskuläre Injektionen, wie sie bei COVID-19 Impfstoffen üblich sind.

Für die Entwicklung eines Impfstoffs, der auf der LNP-Technologie basiert – ursprünglich entworfen für Anwendungen in der Krebstherapie –, mussten eine Vielzahl von Design-Herausforderungen bewältigt werden. Paradoxerweise könnten einige der vorteilhaften Eigenschaften der LNP auch die Faktoren sein, die potenziell zu Nebenwirkungen bei den COVID-19-Impfstoffen führen.

Gentherapie trifft Impfung

Am Anfang der Design-Fragen für eine bestimmte Formulierung von Lipid-Nanopartikeln steht immer die gravierende Frage: Soll eine robuste LNP-Kapsel entwickelt werden, die widerstandsfähig ist, oder eine fragilere Variante, die sich schnell zersetzt? Die Entscheidung hat einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Kapsel im menschlichen Körper.

Eine außerordentlich stabile Kapsel ist von entscheidender Bedeutung für mRNA-basierte Gentherapien – das ursprüngliche Anwendungsfeld dieser Technologie. In der Gentherapie muss die mRNA ausreichend stabil sein, um ihr Ziel im Körper zu erreichen: ein fehlendes Protein zu produzieren oder ein schädliches Gen zu deaktivieren.

In Bezug auf Impfungen wird allerdings das Gegenteil angestrebt: Die LNP sollten weniger stabil sein, um sich rasch an der Injektionsstelle aufzulösen und die empfindliche mRNA schnellstmöglich freizusetzen. Anderenfalls könnten die LNP potenziell durch den menschlichen Körper reisen und unbeabsichtigt in Organe oder Gewebe gelangen.

Die in Teil 1 und Teil 2 vorgestellten Studien zur Verteilung von Lipid-Nanopartikeln im Körper lassen darauf schließen, dass das Design der LNP-mRNA der COVID-19 Impfungen diesen scheinbar widersprüchlichen Anforderungen nicht gerecht werden konnte. Innerhalb von rund 48 Stunden erreichte die Ausbreitung zu entfernten Organen im Tierversuch ihren Höhepunkt. Die Auswirkungen auf den menschlichen Körper, wenn das Spike-Protein in den Zellen dieser Organe produziert wird, sind derzeit noch unklar. Daher könnte es problematisch sein, LNP, die ursprünglich für die Gentherapie und Chemotherapie entwickelt wurden, ohne Anpassungen für die Verabreichung von mRNA-Impfstoffen zu verwenden.

Designmerkmale von LNP beeinflussen die Blutgerinnung

Neben der Herausforderung, ein robustes Lipid-Nanopartikel zu konstruieren, das sich am Verabreichungsort rasch zersetzt, könnte das Design des LNP auch Aggregation fördern. Dies kann zur Bildung von Blutgerinnseln beitragen. Sobald die LNP zerfallen sind, könnten die Ladungen der Lipide und die freigesetzte mRNA-Stränge Wechselwirkungen mit anderen Substanzen im Blut begünstigen.

Diese beiden Aspekte könnten das Potenzial für „thromboembolische“ Vorfälle erklären. Thrombotische Ereignisse beziehen sich auf die Bildung eines Gerinnsels (Thrombose) im Blutfluss. Die Bildung des Gerinnsels selbst oder dessen Verlagerung an eine andere Stelle (Embolie) kann den Blutfluss blockieren.

LNP können sich zusammenlagern und zur Gerinnung führen

Der Durchmesser von Arteriolen (kleinen Blutgefäßen), die Arterien mit Kapillaren verbinden, variiert zwischen 8.000 und 60.000 Nanometern (nm). Ein typisches LNP eines COVID-19 mRNA-Impfstoffs hat eine Größe von 60 bis 200 nm. Wenn die Größe der aggregierten (zusammengelagerten) mRNA-LNP-Partikel auf 5.000 nm und mehr steigt, könnten LNP die Blutgefäße verstopfen und den Blutfluss unterbrechen.

Tritt eine Thrombose innerhalb der Blutgefäße auf, kann der Blutfluss zu lebenswichtigen Organen blockiert werden – einschließlich Herz, Lungen, Nieren, Darm und Gehirn.

Bei einer Autopsieanalyse von 25 unerwarteten Todesfällen, die innerhalb von 20 Tagen nach der COVID-19-Impfung auftraten, wurden in acht Fällen thrombotische Ereignisse festgestellt, darunter fünf mit „Herzinfarkt“, zwei mit „Lungenembolie“ und einer mit „tiefer Venenthrombose“ (Studie: PDF).

Nach unserem Kenntnisstand wurden bisher keine Studien an Menschen durchgeführt, um das Ausmaß der LNP-Clusterbildung zu untersuchen.

LNP können zerfallen

Falls die LNP zerfallen, könnten die beiden Komponenten – die Lipid-Kapsel und die mRNA-Fracht – aufgrund ihrer jeweiligen elektrischen Ladungen Interaktionen fördern, die zur Gerinnung führen.

Die Ladung bestimmt, wohin die Partikel im Körper wandern. So neigt beispielsweise ein positiv geladenes Lipid-Nanopartikel dazu, sich in Richtung Lunge zu bewegen, während ein negativ geladenes LNP bevorzugt die Milz ansteuert. Ein LNP mit einer gemäßigten Ladung, wie sie bei den COVID-19-Impfstoffen zu finden ist, tendiert dazu, in die Leber zu gelangen, wie präklinische Biodistributionsstudien gezeigt haben.

Die Möglichkeit, dass negativ geladene freie mRNA-Stränge Probleme verursacht, wurde auch bei den Adenovirus-Vektor-Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson gesehen, welche bei manchen Personen mit einer genetischen Veranlagung Blutgerinnsel verursachten.

Ähnlich könnten die negativ geladenen mRNA-Stränge theoretisch – falls sie sich aus dem LNP-Träger herauslösen – aufgrund ihrer negativen Ladung zur Gerinnung führen.

Könnte die Herausforderung, eine strenge „Kühlkette“ (das Einfrieren zur Stabilisierung des Impfstoffs von der Herstellung bis zur Injektion) aufrechtzuerhalten, dazu geführt haben, dass LNP vor der Injektion auseinanderfallen?

„Wenn die LNP eingefroren werden und wieder auftauen“, so Biotechnologie-Beraterin Christie Grace, „kann die (mRNA) herausrutschen, und die Ladungen können mit dem menschlichen Körper interagieren und (potenziell) Gerinnsel verursachen.“

Dr. Ko, ein südkoreanischer Pharmazieprofessor, der zahlreiche Artikel über LNP verfasst hat, stimmt zu, dass die Moleküle zerfallen und sich trennen können, wenn der pH-Wert und die Temperatur nicht sorgfältig kontrolliert werden.

Es ist unklar, was passiert, wenn die LNP bei der Aufbewahrung vor der Injektion zerfallen würden. Auch ist nicht bekannt, welche Tests durchgeführt wurden, um die Wechselwirkungen von freigesetzter mRNA (also nicht von Lipid-Nanopartikeln eingeschlossener mRNA) im Blut zu bewerten.

LNP-Engineering kann die Gerinnung verändern

Wechselwirkungen von Nanopartikeln können hilfreich oder schädlich sein. Zum Beispiel können Nanopartikel so konstruiert werden, dass sie die Blutgerinnung unterstützen, was für Menschen mit Gerinnungsstörungen nützlich ist. Andererseits kann es schädlich sein, wenn LNP-Wechselwirkungen mit anderen Substanzen im Blut zur Gerinnung führen.

Im Jahr 2020 berichteten Faizullin et al.: „Wir beobachteten deutliche Veränderungen sowohl in der Morphologie der Gerinnsel als auch in der Kinetik der Fibringerinnung in Gegenwart von künstlichen Liposomen.“ Mit anderen Worten, frühere Forschungen zu Lipid-Nanopartikeln haben festgestellt, dass Gerinnsel anders aussahen und Fibrin sich anders verhielt, wenn LNP vorhanden waren.

Fibrin ist eine Substanz, die eine wichtige Rolle im natürlichen Gerinnungsprozess des menschlichen Körpers spielt. Die Bindung an Fibrin beschleunigt den normalen Gerinnungsprozess. Eine schnellere Fibringerinnung wurde in Laborstudien mit Blut von COVID-19-Patienten beobachtet. Diese Neigung zur Gerinnung könnte auf die Anwesenheit der S1-Untereinheit des Spike-Proteins zurückzuführen sein. Daher könnte der LNP-mRNA-Impfstoff die Gerinnung entweder aufgrund des Designs des LNP, der Anwesenheit der S1-Untereinheit des Spike-Proteins oder beidem fördern.

Übersteuerung des Immunsystems

Die Anwendung der mRNA-Technologie in Impfstoffen verfolgt das Ziel, die erste Abwehr durch das Immunsystem auf innovative Weise zu umgehen. Doch diese geschickte Vorgehensweise könnte auch eine Schwachstelle bergen.

Zur Erkennung invasiver Mikroorganismen sucht das Immunsystem nach spezifischen Mustern. Ein solches Muster wäre beispielsweise die Herstellung körperfremder RNA. Um eine vorzeitige Entdeckung und somit Neutralisierung durch das Immunsystem zu vermeiden, wurde ein Teil der mRNA – das Uridin – im COVID-19-Impfstoff durch N1-Methylpseudouridin ersetzt.

Dieser Ansatz ist jedoch nur dann von Vorteil, wenn das Immunsystem ausreichend aktiviert wird. Adjuvantien wie Aluminium werden oftmals zu Impfstoffen hinzugefügt, um das Immunsystem zu stimulieren. Nach Aktivierung intensiviert das Immunsystem die Produktion von Antikörpern und Gedächtnis-T-Zellen.

Die zur Bildung der Lipid-Nanopartikel-Kapsel verwendeten Lipide könnten das Immunsystem zusätzlich stimulieren  – und zwar mittels der gleichen Musterdetektoren, die auch zur Identifizierung schädlicher Eindringlinge herangezogen werden. Obwohl dies die Wirksamkeit des Impfstoffs potenziell verbessern könnte, weisen Studien mit Labormäusen darauf hin, dass LNP das Immunsystem in einen übermäßig aktiven Zustand treiben könnten.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) vermerkte in ihrem Bericht, dass das Immunsystem unmittelbar nach der Injektion hochfährt, nach sechs Stunden einen Höhepunkt erreicht und neun Tage später wieder auf seinen Ausgangswert absinkt. Ein Artikel in der Zeitschrift „Cell“ setzt sich ebenfalls mit dem Immunsystem auseinander und diskutiert dabei das Auftreten unerwünschter Impfreaktionen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass häufige Auffrischungsimpfungen die Häufigkeit und/oder die Schwere von Nebenwirkungen erhöhen könnten.

Was vor der Zulassung bekannt war

Bevor die COVID-19-Impfstoffe zugelassen wurden, gab es schon einige bekannte Fakten zu Lipid-Nanopartikeln:

  1. Die Verteilung der LNP im Körper hängt von ihrer elektrischen Ladung ab.
  2. LNP können das Immunsystem aktivieren, was zu einer Überreaktion führen könnte.
  3. LNP, die positiv geladen sind, können eine stärkere Reaktion des Immunsystems hervorrufen.
  4. Die Art und Weise, wie LNP verabreicht werden (durch einen Muskel oder über das Blut), hat Einfluss darauf, wohin sie im Körper gelangen.
  5. Die LNP wurden absichtlich so gestaltet, dass sie vom Lymphsystem (einem Teil unseres Abwehrsystems) aufgenommen werden.

Diese Erkenntnisse waren bereits vor der offiziellen Zulassung durch die amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) bekannt und legen nahe, dass mehr Untersuchungen an Menschen hätten durchgeführt werden müssen.

In einer Studie im Fachjournal „Nature communciations“ teilen Carrasco et al. diese Bedenken. Sie betonen, wie wichtig es ist, zu verstehen, wie sich solche Partikel im menschlichen Körper verteilen. Sie sind überzeugt, dass dieses Wissen dabei helfen könnte, unerwünschte Reaktionen nach der Impfstoffverabreichung zu minimieren.

Das Verständnis zur Verteilung von Lipid-Nanopartikeln im Körper ist noch immer begrenzt. Vor der großflächigen Anwendung während der COVID-19 Pandemie gab es nur eine Studie, die untersuchte, wie eine Impfung in den Muskel die Verteilung der LNP beeinflusst.

Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass spezifische Merkmale der Lipid-Nanopartikel, die eigentlich dafür konzipiert waren, die Boten-RNA unauffällig in die Zelle zu transportieren, potenziell eine Reihe von Nebenwirkungen verursachen könnten. Durch sorgfältige Vorabtests hätten diese Auswirkungen vorhergesehen und durch umsichtige Entscheidungen vermieden werden können.

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Pulling Back the Curtain: mRNA Lipid Nanoparticle Design Created Potential for Clotting and Triggering Immune Overdrive“ (Deutsche Bearbeitung kr, cs)

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