Lebendig ausgeweidet – Organraub an Menschen in China
Ein gar nicht so ferner Gedanke: Erfüllen Hirntote nicht alle notwendigen Kriterien, um sie als entrechtete Minderheit bezeichnen zu können? Schliesslich bilden sie nur einen winzigen Teil der Gesamtbevölkerung ab – gehören wohl zu den kleinsten Gruppen der Welt – und zeichnen sich durch sehr deutliche Merkmale aus, die sie von der Mehrheit unterscheiden. Eine Minderheit sind sie definitiv. Man könnte ebenso sagen, sie würden durch die Hirntoddiagnose entmenschlicht und seien völlig recht- und schutzlos, da die Ärzte nicht zu ihrem Wohle – also der laut vieler Experten durchaus möglichen Rekonvaleszenz – handeln, sondern sie in vielen Fällen zum Sterben freigeben – entweder durch Abschaltung der Geräte oder eine Organentnahme.
Bei den Worten „Organentnahme an einer entrechteten Minderheit“ würden die meisten wohl eher an den Unrechtsstaat China denken: Weltweit bekanntgeworden sind die Vorgehensweisen des chinesischen Staates gegen die Falun-Gong-Bewegung (auch Falun Dafa genannt) durch die Recherchen und Dokumentationen der Kanadier David Matas und David Kilgour.
Falun-Gong-Anhänger machen etwa 5-10% der chinesischen Gesamtbevölkerung aus. Mit den auch in der westlichen Welt im Freien praktizierten Übungen wollen Anhänger dieser spirituellen Gruppierung zu einer Bewusstseinserweiterung gelangen. Das allerdings wird in China als staatsgefährdend angesehen und unnachgiebig verfolgt.
Hunderttausende von Praktizierenden befinden sich in dem riesigen Netzwerk von Arbeitslagern in ganz China. Vor der Unterdrückung bekannten sich staatlichen Angaben zufolge in ganz China zwischen 70 und 100 Millionen Bürger zu Falun Gong, mehr als zur chinesischen Partei. 1999 wurde Falun Gong von Jiang Zemin, dem damaligen Führer der Kommunistischen Partei Chinas, verboten.
Er befürchtete, dass Falun Gong die ideologische Vorherrschaft der chinesischen Partei bedrohen würde. Die dennoch Praktizierenden werden gefangengenommen und in Massenlagern als lebende Organträger, wie Tiere, die auf ihre Schlachtung warten, festgehalten.
Da Falun-Gong-Anhänger nach dem Verbot in den Untergrund mussten, entstand ein System, in dem Menschen unbemerkt verschwinden und ihrer Organe beraubt werden können, ohne dass die Exekutive irgendjemandem Rechenschaft ablegen müsste, denn Falun-Gong-Anhänger haben oft aus Angst vor der Partei selbst zu ihren Familien keinen Kontakt mehr.
Gewaltiger und plötzlicher Anstieg von Transplantationszentren
Die Anzahl der Transplantationszentren stieg seit dem Verbot bis zum Jahr 2006 von ungefähr 150 auf 600 an, inzwischen sind es über 700. Die beiden genannten Kanadier Kilgour und Matas haben darüber im Jahr 2006 einen 52-seitigen „Untersuchungsbericht zu den Anschuldigungen der Organentnahmen an Falun-Gong-Praktizierenden in China“ erstellt. Danach würden, je nach Anforderung, den Gefangenen oft die Organe entnommen, während sie noch lebten.
Zudem stellten sie ideale Spender dar. Sie seien eher jung und würden weder rauchen noch trinken. Die toten Körper würden anschliessend verbrannt, um Beweise zu vernichten. Dem Bericht zufolge wurden sogar teilweise mehrere Gefangene getötet, um für gut zahlende Kunden eine Auswahl an Organen zu haben.
So traf David Kilgour einen Mann, dem 2003 im „Ersten Volkskrankenhaus Shanghai“ insgesamt 8 Nieren angeboten wurden. Auf telefonische Anfrage in chinesischen Kliniken gaben die Ärzte häufig unverhohlen Auskunft. Sie warben mit geringen Wartezeiten von einer Woche bis maximal einem Monat. „Wir wählen vor allem junge und gesunde Nieren aus“ sagte ein Dr. Zhu vom Krankenhaus in Guangzhou im April 2006. Mehrere Nieren von Falun-Gong-Anhängern seien „auf Sendung.“ Die variierenden Preise können im Internet abgefragt werden: Niere 62.000 Dollar, Leber 100.000 Dollar, Herz 150.000 Dollar.
2006 lagen die Schätzungen von Kilgour und Matas im Zehntausender-Bereich. Diese Zahl haben sie 2016 in einem neuen Bericht nach oben korrigiert. Sie gehen mittlerweile davon aus, dass seit dem Jahr 2000 in China zwischen 60.000 und 100.000 Organe jährlich transplantiert wurden und die unfreiwilligen „Spender“ dabei starben – insgesamt könnte das blutige Geschäft 1,5 Millionen Todesopfer gefordert haben. Basierend auf Aussagen chinesischer Ärzte schätzen die Kanadier, dass meist ein Mensch pro Transplantation getötet wurde.
„Wir gehen hier über 700 Krankenhäuser durch, einige von ihnen sehr detailliert“, so Matas über den neuen Report. „Chinas offizielle [Transplantations-]Zahl erreichen wir bereits nach wenigen Kliniken. Wir haben es hier mit einem Vielfachen zu tun. Viele Krankenhäuser sind relativ neu oder haben neu eingerichtete Transplantations-Abteilungen oder Betten.“
Für Matas ein klarer Hinweis, dass das Business mit kontinuierlichem Nachschub rechnet. „Was wir hier sehen, ist eine Transplantationsindustrie, die im Laufe der Zeit gewachsen ist“, erklärt Matas. „Die Organ-Versorgung war offensichtlich nie das Problem – die natürlichen Schranken des Systems waren Ärzte, Krankenhäuser, Betten, Schwestern, Training. Dass die Zahl von Jahr zu Jahr zunahm, lag an wachsender Ausstattung und Kompetenz – aber nicht an der Verfügbarkeit von Organen.“
Chinas „Reformen“
Im Jahr 2007 versprach die chinesische Ärztekammer (CMA) dem Weltärztebund auf einer Versammlung in Kopenhagen, die Verwendung von Organen von exekutierten Gefangenen für Transplantationen zu beenden, es sei denn, es handele sich dabei um Spenden für Familienmitglieder oder freiwillige Spenden.
Laut offizieller Aussage werden in China seit 2015 keine Organe mehr von Hingerichteten für die Transplantation verwendet und freiwillig gespendete Organe sollen die einzige Quelle für Transplantationen sein, und diese würden meist von Todeskandidaten stammen, die die Organe angeblich meist zur Wiedergutmachung zur Verfügung stellen. Durch Präsentationen auf Veranstaltungen, die Veröffentlichung von Spendenzahlen sowie Einladung internationaler Experten zu geführten Besichtigungen hat China Anerkennungen von einigen Organisationen erhalten.
In Oktober 2017 hat jedoch ein Fernseh-Sender aus Südkorea eine Gruppe investigativer Journalisten nach Tianjin im Nordosten Chinas geschickt, um dort eine Untersuchung durchzuführen. Sie fanden heraus, dass immer noch sehr viele ausländische Patienten zur Transplantation nach China reisen. Die Wartezeit liege immer noch zwischen Tagen und Wochen. Wenn man an die krankenhaus-eigene Stiftung Geld spende, komme man noch schneller an ein Organ. Es würden an einem Tag allein in diesem einen Transplantationszentrum acht Transplantationen an ausländischen Patienten durchgeführt. Wenn das der Tagesdurchschnitt wäre, würde das über 2000 Organtouristen pro Jahr bedeuten – allein in diesem Krankenhaus.
Offiziell ist es in China auch seit 2007 verboten, ausländischen Patienten Organe zu transplantieren, aber „die Regierung tut so, als ob sie nichts davon wüsste“, plauderte eine Krankenschwester aus. Sie versprach auch, dass die Organe jung und gesund seien – also alles andere als Organe von schwerkranken Patienten aus den Intensivstationen.
Die Untersuchung der koreanischen Journalisten zeigte zweierlei auf: Erstens, die Wartezeit auf ein Organtransplantat bleibt auch nach der „Reform“ aus dem Jahr 2015 extrem kurz. Diese kurze Wartezeit lässt sich unmöglich durch die wenigen freiwilligen Spender erklären. So ein Organ-auf-Bestellung-System ist nur durch eine riesige lebende Organbank zu realisieren.
Zweitens, der Organtourismus nach China boomt weiterhin auch nach der „Reform“. Wenn das grösste Transplantationszentrum Chinas (500 Betten für Transplantationen) drei Etagen in seinen Gebäuden offiziell als internationale Abteilung beschriftet und Transplantationen für ausländische Patienten in grossem Umfang durchführt, dann sind das keine Regelverstösse von einzelnen
Chirurgen.
Organspende Tabu in Bevölkerung
Die Verlautbarungen der Regierung passen also nicht mit der immer noch sehr hohen Verfügbarkeit von Organen im Land zusammen: In China gibt es erstaunlicherweise kein Gesetz, das die Organentnahme bei Hirntod oder Unfallopfern erlaubt. Zwischen 2003 und 2009 gab es nur 130 freiwillige Organspenden in ganz China. Es ist allgemein bekannt, dass es den Chinesen widerstrebt, ihre Organe zu spenden. Dies geht auf das von Konfuzius beeinflusste Glaubenssystem zurück, dass der Körper nach dem Tod erhalten bleiben muss.
Wenn es eine so weit verbreitete traditionelle Zurückhaltung der chinesischen Bevölkerung gegenüber Organspenden gibt, dass selbst öffentliche Organspendeprogramme in China nicht Fuss fassen können, wie ist dann zu erklären, dass so viele Todeskandidaten ihre Organe freiwillig spenden möchten? Es ist anzunehmen, dass die Gefangenen zur Einwilligung gezwungen werden.
Willkürliches Todesurteil
In China werden also lebende Menschen auf Bestellung getötet, nur um an ihre Organe heranzukommen. Unvorstellbar im aufgeklärten und freien Westen, oder? Aber halt: Eine Minderheit, die entrechtet wurde und nun zu Profitzwecken brutal ausgeschlachtet wird – und das bei lebendigem Leibe – das trifft, wie schon erläutert, doch auch auf Hirntote in westlichen Krankenhausbetten zu, oder?
Was zeigt: Die Transplantationsmedizin ist nicht nur in China eindeutig zu weit gegangen! Kritiker dieses zugegeben extremen Vergleichs würden wohl entgegenhalten, in unseren Gefilden könne man einer Organentnahme durch eine vorherige Entscheidung entgehen, nämlich mit einem „Nein“ zur Organspende. Doch erstens ist die Behauptung, die öffentlichen Organspendeprogramme in westlichen Staaten basierten auf der freiwilligen Zustimmung des Spenders schlicht falsch. In den meisten Fällen kommt das „Ja“ des Patienten von den Angehörigen, in Ländern mit Widerspruchslösung gab es meist gar kein „Ja“.
Zweitens kann man in China dem Arbeitslager genauso durch eine „freiwillige“ Entscheidung entgehen, und zwar mit einem „Ja“ zur chinesischen Partei und einem „Nein“ zu Falun Gong. Der Unterschied liegt lediglich in der Anzahl der entrechteten Organspender und der offiziellen Rechtfertigung für die Organentnahme – in China ist diese klar politisch, während sie im Westen auf einer zweifelhaften Todesdefinition basiert.
Dr. Torsten Trey schreibt im Buch „Staats-Organe – Transplantationsmissbrauch in China“ über die Ermordung der Falun-Gong-Insassen in den Arbeitslagern: „Mit der Aussage ‚beabsichtigter Tod‘ beziehe ich mich auf den Tod, der nicht durch einen Unfall oder auf natürliche Weise eintritt. Ich meine einen Tod, der durch die Entscheidung oder Absicht anderer herbeigeführt wird, wie zum Beispiel das Urteil eines Richters in einem Gerichtsverfahren oder das Töten von Menschen, die willkürlich von der kommunistischen Regierung verfolgt werden, wie es bei Falun-Dafa-Praktizierenden der Fall ist.“
Damit will der Autor offenbar die westliche Transplantationsmedizin von der chinesischen abgrenzen, anscheinend im Unwissen darüber, dass der diagnostizierte Hirntod nach einem Unfall laut vielen Experten nicht zwingend ein Todesurteil darstellen muss. Da der Hirntote noch nicht „tot“ im eigentlichen Sinne ist, und allem Anschein nach sogar eine Chance hat, wieder Bewusstsein zu erlangen, kann man auch in Europas und Amerikas Krankenhäusern von einer „willkürlichen Entscheidung“ – willkürlich in dem Sinne, dass die Hirntodkriterien sehr willkürlich festgelegt wurden- sprechen, die den Patienten zum Tode verdammt: In diesem Fall sind es die Mediziner selbst, die durch die Hirntoddiagnose das willkürliche Todesurteil aussprechen. So war der Unfall noch unbeabsichtigt, die Abschaltung der Geräte respektive die Organspende folgt einem zweifelhaften „Urteil“ der Mediziner, wird also „durch die Entscheidung oder Absicht anderer herbeigeführt“.
Man könnte also durchaus sagen: Im Westen wie im chinesischen Osten werden entrechtete Gruppen bei lebendigem Leibe ausgeweidet – nur im Westen stellt dies (noch?) keinen Skandal dar. Immerhin ist die Zahl der Opfer noch deutlich geringer als in China: In unseren Gefilden kann das Angebot an Organen nicht mit der Nachfrage mithalten, da die Minderheit, der man Organe legal entnehmen kann (Hirntote), viel kleiner ist als die der Falun-Gong-Praktizierenden. Es ist allerdings zu befürchten, dass es sich nur noch um eine Frage der Zeit handelt, bis auch im Abendland das Angebot an die Nachfrage angepasst werden wird. Ob diese Befürchtung eintreten und welcher Massnahmen man sich dabei bedienen wird, wird die Zukunft zeigen. (tk/Werner Hanne)
Der Artikel erschien zuerst in der Schweizer „Express-Zeitung“ Ausgabe 21, November 2018. Für mehr Informationen über die Zeitung bitte auf das blaue Feld klicken. Die „Express-Zeitung“ ist auch im monatlichen Abo erhältlich, mehr Infos ebenfalls über den blauen Button.
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