Das Glück des Läufers und die Endocannabinoide
Langläufer kennen es – dieses Glücksgefühl, das den Schmerz und die Anstrengung vergessen lässt. Ein Glücksgefühl, das auch manche Sportler förmlich süchtig macht, wie Sportpsychologen warnen.
Ekstase nicht durch Endorphine verursacht
Oft wird die Ausschüttung körpereigener Endorphine als Ursache für das Runner’s High (Läuferhoch) genannt. Mannheimer und Hamburger Wissenschaftler um Johannes Fuß vom Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Eppendorf und Peter Gass vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim haben jetzt andere körpereigene Stoffe, die sogenannten Endocannabinoide, stärker ins Spiel gebracht.
Nach ihren Angaben können die im Blut ausgeschütteten Endorphine die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren und damit auch nicht die Effekte auslösen. Anders sehe es aber bei den lipophilen Endocannabinoiden aus, deren Werte im Blut von Läufern ebenfalls ansteigen. In Experimenten sei es erstmals gelungen nachzuweisen, dass das Läuferhoch bei Mäusen mit den Cannabinoid-Rezeptoren zusammenhänge, sagt Fuß, der sich generell für ekstatische Zustände interessiert „sowohl beim Sport als auch bei der Sexualität“. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in den „Proceedings“ der US-Akademie der Wissenschaften („PNAS“).
Weniger schmerzempfindlich und ängstlich
Die Experten testeten ihre Theorie an Mäusen. Die Tiere mussten sich fünf Stunden lang in Laufrädern abstrampeln – und legten dabei bis zu 6,5 Kilometer zurück. Zwar lässt sich an Mäusen kein Glücksgefühl nachweisen, doch das Team konnte dafür Begleiteffekte des Läuferhochs feststellen. Die Langstreckenmäuse waren laut Studie weniger schmerzempfindlich und weniger ängstlich als die Kontrollgruppe.
Für Menschen kann Runner’s High oder allgemein zu viel Sport auch ausufern und förmlich süchtig machen. „Es gibt Entzugssymptome, die Betroffenen werden aggressiv und unruhig“, warnt etwa der Sportpsychologe Heiko Ziemainz von der Universität Erlangen-Nürnberg. „Sie versuchen alles, um Sport treiben zu können und vernachlässigen ihr soziales Umfeld.“ Andere Experten betonen, dass auch gesellschaftliche Zwänge und das Idealbild eines perfekten Körpers zu einer Sportsucht beitragen können.
(dpa/mh)
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